Beate (Berta, Beth) Berger
Geboren am 1886 in Niederbreisig
Gestorben am 20.05.1940 in Kirjat Bialik (Palästina, heute Israel)
Begräbnisstätte unbekannt
Nationalität deutsch
Religion jüdisch
1820
–
1883
Familiengeschichte / Großeltern (Seite des Vaters)
Beate Bergers Großvater Theodor Berger war Vorsteher der jüdischen Gemeinde Niederbreisig. "Wie die preußischen Gesetze es damals gestatteten, änderte er [...] seinen Namen Moses Salomon und nahm den Namen seines Großvaters an, den er schon zuvor mit "genannt Theodor Berger" zugefügt hatte. Dies geht aus seiner Breisiger Trauakte von 1853 hervor, als er die zehn Jahre ältere Caroline Liefmann heiratete, die Tochter von Jonas Liefmann und Hanna geb. Mayer aus Rheinbrohl." Wiederherstellung des Rheinecker Waldfriedhofs ließ Nachfahren in Israel entdecken, Link [inzwischen inaktiv, Stand 30.12.2019]
19. März 1883
–
3. Januar 1948
Familiengeschichte / Zur Biografie des Bruders Julius Berger
Beate Bergers ältester Bruder Julius Berger wurde am 19. März 1883 in Niederbreisig geboren. Schon in jungen Jahren leitete er das Kölner Stadttheater. 1907 übernahm er unter dem Präsidenten David Wolffsohn das Amt des Generalsekretärs der Zionistischen Weltorganisation. Beate Bergers jüngster Bruder Alfred Berger leitete seit 1918 das "Arbeiterfürsorge-Amt" für osteuropäisch-jüdische Flüchtlinge in Berlin. Wie Carl Bertram Hommen hervorgehoben hat, waren "Julius und sein sieben Jahre jüngerer Bruder Alfred [...] führende Persönlichkeiten der zionistischen Weltorganisation sowie der sozialistischen Partei und ihrer Gewerkschaften. Mit ihrer Arbeit schufen sie wichtige Grundlagen, die nach Ende des Ersten Weltkrieges die wachsende Einwanderung von Juden nach Palästina ermöglichten und schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg zur Bildung des Staates Israel führten." Beate Berger teilte ihre Idee eines sozialistischen Zionismus; ihr zionistisches Engagement und die rechtzeitige Auswanderung nach Palästina rettete die Geschwister Berger vor der Shoah. Julius Berger starb 1948 in Palästina - so konnte er die Gründung des Staates Israel nur wenige Monate später nicht mehr miterleben. Wiederherstellung des Rheinecker Waldfriedhofs ließ Nachfahren in Israel entdecken, Link [inzwischen inaktiv, Stand 30.12.2019]
1886
Geburtsdatum von Beate Berger
Die Krankenschwester, Sozialarbeiterin und Heimleiterin Beate (Berta, Beth [Rufname]) Berger wurde 1886 in Niederbreisig (heute Ortsteil der Kurstadt Bad Breisig, Landkreis Ahrweiler, Rheinland-Pfalz) geboren. Ihr genaues Geburtsdatum ist bisher nicht überliefert.
1910
–
1914
Kolleginnen am Königswarter Hospital
Sara (Sarah) Adelsheimer1910
–
1914
Ausbildung und Tätigkeit als Krankenschwester in Frankfurt am Main
Hospital der Israelitischen GemeindeAnfangs verdiente Beate Berger ihren Lebensunterhalt mit ungeliebten Lohntätigkeiten als Verkäuferin und danach als Lehrling in einem Manufakturenwarengeschäft in Gerresheim (heute Stadtteil von Düsseldorf). Mit 24 Jahren schlug sie einen ganz anderen Weg ein und arbeitete von 1910 bis zum Ersten Weltkrieg als Lern- und Krankenschwester am Frankfurter jüdischen Königswarter Hospital. "Diesen Berufswechsel empfand Beate Berger als sozialen Aufstieg" (Karin Wittneben). Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte [4], S. 27
1912
Ausbildungsjahr in Frankfurt am Main
Verein für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt am MainIn ihrer Dissertationsstudie über die Geschichte der deutsch-jüdischen Krankenpflege nennt Hilde Steppe das Ausbildungsjahr 1912. Beate Berger gehörte dem Frankfurter jüdischen Schwesternverein an. "... den Kranken zum Troste und dem Judenthum zur Ehre...", S. 230 (Nr. 170)
1914
–
1918
Frontschwester und Operationsschwester im Ersten Weltkrieg
Im Ersten Weltkrieg kämpften auch die deutschen Zionisten und Zionistinnen (der Zionismus war innerhalb der deutsch-jüdischen Bevölkerung minoritär) für Deutschland. Beate Bergers Brüder zogen gleich zu Kriegsbeginn als Freiwillige ins Feld, während sie selbst sich dem Roten Kreuz als Operationsschwester im Lazarett zur Verfügung stellte. Von 1916 bis 1918 tat sie Dienst in der "Deutschen Sanitätskolonne für Bulgarien": "Vom Verein für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt waren vier Krankenpflegerinnen in Bulgarien, vorwiegend im Alexanderspital in Sofia, eingesetzt." Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte [4], S. 27
1918
–
1922
Oberschwester im Frankfurter jüdischen Krankenhaus Gagernstraße (Nachfolgeklinik des Königswarter Hospitals) sowie Pflege in der jüdischen Gemeinde Pforzheim (Außenstelle des Frankfurter jüdischen Schwesternvereins)
Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Mainum 1920
Teamfoto: Beate Berger in der Mitte mit zwei Kolleginnen (links vermutlich Selma Sonnenberg)
Berger, Beate - Teamfoto / Beate Berger in der Mitte mit zwei Kolleginnen (links vermutlich Selma Sonnenberg), ohne Jahr
Credit: United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of Ayelet Bargur
1922
–
1934
Leiterin des jüdischen Kinderheims Beit Ahawah in Berlin
Nach Kriegsende war Beate Berger Oberschwester in einer kleinen jüdischen Gemeinde (vermutlich Pforzheim). "1919 wurde in Pforzheim ein jüdisches Schwesternheim eröffnet, dessen Pflegerinnen ihre Ausbildung in Frankfurt erhielten." Es folgte ein Aufenthalt an einer landwirtschaftlichen Mädchenschule in Nahanal (Palästina). Danach lebte Beate Berger wohl in einer "bescheidenen Wohnung in Frankfurt am Main" (zit. n. Bargur 2004, S. 111). 1922 stand sie vor einer neuen Lebensaufgabe: der Leitung des reformpädagogischen Kinderheims Beit Ahawah in Berlin, Auguststraße 14-16, untergebracht in den Räumen des ehemaligen jüdischen Krankenhauses. In der Einrichtung wurden vor allem osteuropäisch-jüdische Kinder betreut, die durch antisemitische Pogrome, Armut und zerrüttete Familienverhältnisse traumatisiert waren. Sie erlebten Beate Berger als eine willensstarke, strenge und disziplinierte "Schwester Oberin", die sich zugleich unermüdlich für ihre Schützlinge einsetzte. Unterstützt wurde sie von ihrer ältesten Schwester Eise (Else), die ebenfalls im Ahawah arbeitete. Beate Berger blieb unverheiratet und ohne eigene Nachkommen. Die Kinder von Ahawah waren ihr Leben. Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte [4], S. 27 Schwester Oberin - Beate Berger, S. 111
um 1924
Foto von Oberin Beate Berger, ohne Jahr (um 1924)
Oberin Beate Berger, ohne Jahr (um 1924)
Datierung um 1924 / Nachweis Credit: United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of Ayelet Bargur
1934
–
1940
Die Retterin
Von 1934 bis 1940 rettete Beate Berger viele ihrer Schützlinge unter hohem persönlichen Einsatz aus dem Kinderheim Beit Ahawah nach Palästina. Auch dank ihrer zionistischen Haltung sah sie der Gefahr des Nationalsozialismus rechtzeitig ins Auge. Im 1934 gegründeten Kirjat Bialik bei Haifa schuf sie zugleich ein neues Kinder- und Jugenddorf, das ebenfalls den Namen Ahawah ("Liebe") trug und am 28. April 1936 eingeweiht wurde. An den Rettungs- und Aufbauaktivitäten waren auch Beate Bergers Geschwister beteiligt. Die Ahawah-Einrichtung im heutigen Israel hat Beate Berger überlebt und ist bis heute "ein Zuhause und eine Erziehungseinrichtung für Waisen und Kinder aus zerrütteten Familien". Schwester Oberin - Beate Berger, S. 115
20. Mai 1940
Todestag
Inmitten ihrer Rettungsarbeit starb die erst 54-jährige Beate Berger, seit längerem herzleidend, am 20. Mai 1940 in Kirjat Bialik, nordöstlich von Haifa (Palästina, heute Israel). "Sie brauchte nicht mehr mitzuerleben, wie das Berliner Ahawah ein Jahr später von den Nazis geschlossen und die dort zurückgebliebenen Kinder in die Vernichtungslager geschickt [sic!] wurden. Auch ihre stets getragene Schwesterntracht hatte sie in Berlin zurückgelassen. Die sollte sie in der neuen Heimat nicht an Deutschland erinnern." Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte [4], S. 29
1989
Literatur zur Familiengeschichte von Beate Berger (Artikel)
Hommen, Carl Bertram: Wiederherstellung des Rheinecker Waldfriedhofs ließ Nachfahren in Israel entdeckenDas zum Teil online zugängliche Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler enthält zudem weitere Beiträge über die dortige jüdische Geschichte.
2000
Literatur zu Beate Berger und dem Kinderheim Beit Ahawah in Berlin
Prestel, Claudia: ,Praktisches Judentum', ,fürsorgliche Belagerung' und moderne Sozialarbeit - die Versuche zur Integration von Randgruppen (1901-1933)2003
Literatur zu Beate Berger
Loreck, Leonie: Ist das nicht meine Tante, da auf der Tafel?[letzter Aufruf am 06.01.2020]
2004
Literatur zu Beate Berger
Scheer, Regina: AHAWAH. Das vergessene Haus2004
Literatur zu Beate Berger (Beitrag von ihrer Urgroßnichte Ayelet Bargur)
Bargur, Ayelet: Schwester Oberin - Beate BergerIn dem Band "Aus Kinder wurden Briefe" ist Beate Berger außerdem in den Beiträgen von Regina Scheer und Johann Kirchsteiger erwähnt.
2008
Literatur zu Beate Berger
Wittneben, Karin: Berger, Beate4. April 2019
Literatur zum heutigen Projekt Ahawah für benachteiligte Kinder und Jugendliche in Kiryat Bialik, Israel (mit Erwähnung von Oberin Beate Berger)
Shefer, Aharon: David Grins philanthropy helps traumatized children in Ahava Village[letzter Aufruf des Web-Artikels am 28.12.2019]
28. Dezember 2019
Informationen zu Beate Berger, ihrer Familie und ihrem Geburtsort (Stand: 21.04.2015)
Shefer, Aharon: Bad Breisig mit Niederbreisig, Oberbreisig, Rheineck sowie Brohl (Stadt Bad Breisig bzw. Gemeinde Brohl-Lützing, VG Bad Breisig, Kreis Ahrweiler)(letzter Aufruf der Website am 28.12.2019)
Familiengeschichte / Biografische Daten der Eltern und Geschwister
Beate Bergers Vater, der Wein- und Getreidehändler Jonas Berger, wurde 1854 als einziger Sohn von Theodor Berger und seiner Ehefrau Caroline geb. Liefmann geboren. Er heiratete Henriette (Jatia) Pelzer aus Speicher/Eifel bei Trier. Sie bekamen sieben Kinder: Else (Eise?) (geb. 1882), Julius (geb. 1883), Hedwig (geb. 1884), Beate (geb. 1886), Theodor (geb. 1887), Helena (geb. 1889, starb im Kindesalter) und Alfred (geb. 1890). Der Lokalforscher Carl Bertram Hommen hat Folgendes recherchiert: "Jonas Berger wurde nur vierzig Jahre alt, seine Frau überlebte ihn um zehn Jahre. Ein gemeinsamer Grabstein auf dem Friedhof am Kesselberg, dessen Schrift stark verwittert ist, erinnert noch heute an sie. Nach dem frühen Tod ihres Mannes mußte die Witwe das Geschäft, eine Wein- und Getreidehandlung in der Biergasse, aufgeben. Sie verkaufte das Haus und zog nach Köln, wo sie eine große Mietwohnung als Pension führte, um sich mit ihren minderjährigen Kindern durchzuschlagen. Diese verloren 1903 auch die Mutter, als das älteste gerade 21 Jahre alt war." - In ihrem Artikel über Beate Berger gibt Karin Wittneben als Todesjahr des Vaters "1893" an. Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte [4], S. 27 Wiederherstellung des Rheinecker Waldfriedhofs ließ Nachfahren in Israel entdecken, Link [inzwischen inaktiv, Stand 30.12.2019]
Familiengeschichte / Zur Biografie der Schwester Else Berger
Beate Bergers älteste Schwester und Vertraute Else (Eise?) Berger wurde 1882 in Niederbreisig geboren. In Köln wurde sie mittels einer Sonderprüfung als erste Frau zum Universitätsstudium zugelassen. Nach Abschluss ihres Studiums arbeitete sie als Erzieherin in einem Schweizer Pensionat, danach als Schulleiterin in dem Berliner Kinderheim Ahawah, dem ihre Schwester Beate vorstand. Engagiert waren auch Beate und Else Bergers Brüder Julius (Finanzen, Spendensammlung) und Alfred (Mitglied des Aufsichtsrats des Heims, u.a. Auswahl des pädagogischen Personals). Wiederherstellung des Rheinecker Waldfriedhofs ließ Nachfahren in Israel entdecken, Link [inzwischen inaktiv, Stand 30.12.2019] Schwester Oberin - Beate Berger, S. 112f.
Literatur zu Beate Berger
Bargur, Ayelet: Ahawah heißt LiebeDie Autorin dieser Publikation, die israelische Filmregisseurin Ayelet Bargur (geb. 1969 in San Francisco, USA), ist eine Urgroßnichte von Beate Berger. Am 15. November 2007 sendete das Deutsche Fernsehen ihren dokumentarischen Film "Das Kinderheim in der Auguststraße".
Literatur zur Familiengeschichte von Beate Berger (Brüder)
Maurer, Trude: Ostjuden in Deutschland 1918-1933Sig 6005