Jüdische Pflege- geschichte

Jewish Nursing History

Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main

Dr. med. Antonie (Toni) Sandels (Oppenheimer)

Geboren am 30.11.1899 in Framersheim

Gestorben am 1977 in Heidelberg

Begräbnisstätte unbekannt

Nationalität deutsch

Religion jüdisch?

Geburtsdatum

Dr. med. Antonie ("Toni") Oppenheimer geb. Sandels (später gesch. Oppenheimer) wurde am 30. November 1899 in einem rheinhessischen Weinort geboren: Framersheim, heute Verbandsgemeinde Alzey-Land, Landkreis Alzey-Worms, Rheinland-Pfalz. Die Frankfurter Kinderärztin jüdischer Herkunft führte ihre Praxis unter dem Namen "Dr. Toni Sanders". Sie behandelte u.a. im "Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge".


Kinderärztin in Frankfurt am Main

Ihr Medizinstudium an der Universität Frankfurt am Main schloss Antonie Sandels 1928 mit der Promotion ab. Ihre weitere Ausbildung erfolgte an der Universitäts-Kinderklinik bei Prof. Heinrich von Mettenheim. 1930 ließ sie sich als Kinderärztin in Frankfurt am Main nieder. Nach der NS-Machtübernahme wurde ihr bereits 1933 die Behandlung von Kassenpatientinnen und -patienten verboten, so dass sie nur noch privat abrechnen konnte. Zwar war Antonie Sandels bis zu ihrer Flucht 1942 als Kinderärztin tätig, doch ist unbekannt, wie lange sie unter den Bedingungen der NS-Zeit ihre Praxis aufrecht erhielt. Kinderärzte 1933 - 1945, S. 267


Wohnadresse von Antonie Sandels

Wittelsbacherallee 70 Frankfurt am Main
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (Homepage), Link


Arztpraxis und Wohnadresse von Antonie Sandels

Wittelsbacherallee 85 Frankfurt am Main
Die Arztpraxis Dr. Sandels befand sich in der Wittelsbacherallee 85, wo Antonie Sandels seit 1933 auch wohnte.


Wohnadresse von Antonie Sandels und Margarete Herberg-Blockhalter

Cronstettenstraße 5 Frankfurt am Main
Bereits 1937 hatten Antonie Sandels und ihre spätere Retterin Margarete Herberg-Blockhalter eine gemeinsame Adresse: die Cronstettenstraße 5. 1937 wurde das Haus verkauft, weshalb sie auszogen.


Wohnadresse von Antonie Sandels und Margarete Herberg-Blockhalter

Holzhausenstraße 42 Frankfurt am Main
1938 wohnten Antonie Sandels und Margarete Herberg-Blockhalter in der Holzhausenstraße 42, Frau Dr. Sandels wohnte im Erdgeschoss.


Wohnadresse von Antonie und Anna Sandels

Gartenstraße 114 Frankfurt am Main
Zusammen mit ihrer Mutter Anna lebte Antonie Sandels von 1939 bis zum September 1942 in der Gartenstraße 114 (im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen), zuletzt ein "Ghettohaus": In "Ghettohäuser" (NS-Jargon "Judenhäuser") wurden zuvor aus ihren Wohnungen und Häusern vertriebene antisemitisch Verfolgte eingewiesen; sie waren Sammelunterkünfte vor der Deportation. Die Zahl der "Ghettohäuser" im nationalsozialistischen Frankfurt wird auf etwa 300 geschätzt. "Politisches Ziel ... war die räumliche Trennung von Juden und Nicht-Juden" (Daub 2005). Die Stadt Frankfurt am Main macht sich "judenfrei", S. 337ff.


Kontakt zwischen Antonie Sandels und Frieda Amram?

Frieda (Frida) Amram

Waren die Kinderärztin Antonie Sandels und die Oberin Frieda Amram über ihre Tätigkeit im Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge miteinander bekannt?



Heirat mit Dr. Hans Oppenheimer

Nach den Recherchen von Pfarrer Volker Mahnkopp (Email v. 20.12.2010) heiratete Dr. Antonie Sandels vor 1940 ihren Arztkollegen Dr. Hans Oppenheimer. Das Ehepaar wohnte in der Gartenstraße 114. Dort wartete Hans Oppenheimer auf seine bereits in die Wege geleitete Emigration. Möglicherweise fand die Eheschließung statt, um auch Antonie Sandels die Flucht aus Nazi-Deutschland zu ermöglichen. Doch Antonie Oppenheimer (wie sie jetzt hieß) zögerte, hätte sie doch ihre alte und gebrechliche Mutter allein zurücklassen müssen. Hans Oppenheimer konnte sich ins Exil retten. Nach 1945 ließ er sich von Antonie Sandels scheiden. Mit falschem Pass und Zyankali, S. 64


Kinderärztin für das jüdische Kinderheim in der Hans-Thoma-Straße

Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge e.V.
Seit wann Antonie Sandels die jüdischen Kinder im Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge behandelte, ist unbekannt. 1941 zwang sie die Gestapo, über den Gesundheitszustand bzw. die Transportfähigkeit von Leidensgenossen zu entscheiden, die vor der Deportation standen. Am 15. September 1942 wurden die Heimkinder aus der Hans-Thoma-Straße nach Theresienstadt deportiert - auch für die Kinderärztin eine (weitere) traumatische Erfahrung.


Tod von Anna Sandels

Als Antonie Sandels´ Mutter ihre eigene Deportation herannahen sah, erlitt sie einen Schlaganfall. Am 2. September 1942, dem Tag ihrer Deportation, starb Anna Sandels.


Versteck von Antonie Sandels bei Margarete Herberg-Blockhalter

Gartenstraße 51 Frankfurt am Main
Nach dem Tod ihrer Mutter konnte Antonie Sandels Nazi-Deutschland nicht mehr verlassen. Am 22. September 1942 drohte ihr selbst die Deportation. Sie kam jedoch nicht zu der Großmarkthalle, der zentralen Sammelstelle vor den Frankfurter Judendeportationen, sondern tauchte unter. Ihr Leben rettete die Nachbarin Margarete Herberg-Blockhalter (deren deren Sohn Antonie Sandels 1931 behandelt hatte): Sie wohnte inzwischen in der unweit des Kinderhauses der Weiblichen Fürsorge gelegenen Wohnung Gartenstraße 51, wo sie die Verfolgte versteckte. Retterin und Gerettete waren ständig gefährdet angesichts der "besonderen Hartnäckigkeit der Frankfurter Gestapo, der Angst vor ihren Spitzeln und dem fein gesponnenen Kontrollnetz. Hellhörige und ängstliche Nachbarn waren ebenso gefährlich wie "lumpige" Denunzianten." Über ein Jahr lang teilte Margarete Herberg gewiss auch ihre Lebensmittelrationen mit Antonie Sandels. Am 29. Januar 1944 zerstörte ein Luftangriff Margarete Herbergs Wohnung. Auch diese schwierige Situation bewältigen sie, indem sie als Bombengeschädigte nach Korb bei Osterburken/ Baden auswichen. Dort überlebte Antonie Sandels die restliche NS-Zeit als "Eva Imhof". Mit falschem Pass und Zyankali, S. 8 (Zitat), S. 64


Zuletzt in Heidelberg

Nach 1945 war Antonie Sandels in Heidelberg gemeldet. Von dort aus stellte sie als NS- Verfolgte, die zudem erhebliche berufliche Nachteile erlitt, einen Antrag auf Entschädigung ("Wiedergutmachung"). Ihre Biographie in Heidelberg ist noch zu recherchieren. Mit falschem Pass und Zyankali, S. 64


Todestag

1977 starb Antonie Sandels vermutlich in Heidelberg.


Literatur zu Antonie Sandels (Oppenheimer)

Seidler, Eduard: Kinderärzte 1933 - 1945


Literatur zu Antonie Sandels (Oppenheimer)

Bonavita, Petra: Mit falschem Pass und Zyankali


Literatur zu Antonie Sandels (Oppenheimer)

Moraw, Frank: Illegal von Frankfurt nach Heidelberg


Literatur zu Antonie Sandels (zuletzt aufgerufen am 29.03.2018)

Bonavita, Petra: RettungsWiderstand in Frankfurt am Main während der Herrschaft der Nationalsozialisten


Informationen zu Antonie Sandels (Oppenheimer)

Bonavita, Petra: Gedenkbuch BA Koblenz
Der Eintrag für "Antonie Oppenheimer, geb. Sandels" im Online-Gedenkbuch des Bundesarchivs Koblenz, nach dem sie 1940 an einen unbekannten Ort deportiert wurde, trifft diesmal glücklicherweise nicht zu. Sie konnte noch rechtzeitig entkommen.


Informationen zur jüdischen Geschichte in Framersheim

Bonavita, Petra: Framersheim (VG Alzey-Land, Kreis Alzey-Worms)


Sig 6012