Institution
Das von dem jüdischen Frauen- und Sozialverein "Weibliche Fürsorge" 1911 gegründete Kinderheim mit etwa 50 Plätzen befand sich im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen, seit 1919 in der Hans-Thoma-Straße 24. Aufnahme fanden Waisen sowie Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen vom Säuglingsalter bis zum sechsten Lebensjahr, in der NS-Zeit auch Jugendliche. Langjährige Oberin war die im Verein für jüdische Krankenpflegerinnen ausgebildete Frieda Amram, von den Kindern "Obeli" genannt. Umfangreiche Informationen zum NS-vernichteten Kinderhaus bietet die Erinnerungswebseite https://www.platz-der-vergessenen-kinder.de/. Für die deportierten Kinder und ihre Betreuerinnen wurde am 26. April 2017 ein Mahnmal eingeweiht.
Hans-Thoma-Straße 24 Frankfurt am Main5. Oktober 1894
Familiengeschichte / Geburtsdatum von Oberin Frieda Amrams Schwester Goldine Hirschberg (letzte (kommissarische) Leiterin des Kinderhauses der Weiblichen Fürsorge)
Frieda (Frida) AmramFrieda Amrams jüngere Schwester Goldine (Goldina, „Dina“) Hirschberg geb. Amram wurde am 5. Oktober 1894 in Borken geboren. Während des Ersten Weltkriegs sowie Anfang der 1940er Jahre unterstützte sie Frieda Amram bei der Leitung des Kinderhauses der Weiblichen Fürsorge in Frankfurt am Main.
Jüdisches Lernen und die Israelitische Schule Leer zur Zeit des Nationalsozialismus, S. 126, Fn 262
1901
Mitbegründerin des Sozialvereins "Weibliche Fürsorge"
Bertha PappenheimZu Bertha Pappenheims zahlreichen sozialreformerischen Aktivitäten gehörte die Mitbegründung des Sozialvereins „Weibliche Fürsorge“.
1901
Trägerverein des Kinderhauses
Träger war der von Bertha Pappenheim und Henriette Fürth 1901 zur Unterstützung galizischer Jüdinnen gegründete Verein „Weibliche Fürsorge“ (Abteilung des „Israelitischen Hilfsvereins“). Der Verein entwickelte sich zu einer Zentralstelle jüdischer Sozialarbeit inklusive der Säuglingsfürsorge in Frankfurt am Main.
um 1904
Mitglied des Vorstands der Weiblichen Fürsorge
Minna HirschUm 1904 gehörte Oberin Minna Hirsch dem Beirat der Weiblichen Fürsorge e.V. an.
Politik und Kultur der Frauenbewegung im Kaiserreich, S. 160, Fn 26
1911
Gründung des Kinderhauses
Spätestens 1911 wurde das Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge als Verein gegründet.
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 163
1912
Vorsitzende der Weiblichen Fürsorge e.V.
Bertha Holzmann1912 war Bertha Holzmann die Vorsitzende der Weiblichen Fürsorge e.V. und in dieser Funktion mit organisatorischen Fragen rund um das Kinderheim befasst.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (Homepage), Link
1912
Erster Standort des Kinderheims
Schulstraße – Frankfurt am Main1912 waren laut Magistratsakten V 624 des Instituts für Stadtgeschichte) etwa 20 Kinder in einem von der Stadtkämmerei gemieteten Haus in der Schulstraße (vermutlich Nr. 7) untergebracht; das Haus im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen war früher eine Kinderherberge des Armenamtes.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (Homepage), Link
um 1913
–
1942
Oberin des Kinderhauses der Weiblichen Fürsorge e.V.
Frieda (Frida) AmramSeit 1913 leitete die Oberin Frieda Amram das Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge (seit 1919 Hans-Thoma-Straße 24). Für die 1911 eröffnete Institution war sie offenbar schon seit 1912 als Oberschwester tätig. Zuvor arbeitete sie in der Privatpflege sowie in Hamburg und Heilbronn. Im Ersten Weltkrieg diente sie als Kriegskrankenschwester „im Felde“. Die beruflichen Daten gilt es noch zu überprüfen.
seit 1919
Schwester im Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge
Fanny SchragenheimWie lange Fanny Schragenheim im Kinderhaus arbeitete, ist bislang unbekannt.
23. März 1919
Zweiter Standort
Hans-Thoma-Straße 24 Frankfurt am MainAm 23. März 1919 öffnete das Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge seine Pforten in der Hans-Thoma-Straße 24 im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen. Das Gebäude war dank einer großzügigen Stiftung Bertha Schwarzschilds 1918 erworben worden.
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 163
1932
Aufhebung der Altersbeschränkung und Einrichtung einer Mädchengruppe im Alter von sechs bis 14 Jahren
1935
Die gelernte Kindergärtnerin arbeitete 1935 vor ihrem Übertritt zum Katholizismus im jüdischen Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge.
Luise (Schwester Maria Aloysia) Löwenfelsum 1938
–
1942
Schwester im Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge
Bertha (Berta, Berti, Betty) HeilbrunnVor ihrem Dienst im Kinderhaus hatte Bertha Heilbrunn möglicherweise eine kurze Ausbildung als Krankenschwester durchlaufen – ob im Verein für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt a.M., ist bislang unbekannt. Mit Frieda Amram, der Oberin des Kinderhauses der Weiblichen Fürsorge, war „Schwester Berti“ gut bekannt: Ihre Mutter Selma und Oberin Amram hatten in Borken (Hessen) die gleiche Schule besucht.
28. März 1938
Geburt des Sohnes Manfred Jakob Gans in Marburg
Elfriede (Frieda) GansManfred Gans wohnte einige Zeit im jüdischen Kinderhaus Kinderheim Hans-Thoma-Straße 24 in Frankfurt am Main. Am 15. September 1942 wurde der kleine Junge nach Theresienstadt deportiert und am 23. Oktober 1944 in Auschwitz umgebracht.
Stolpersteine in Rotenburg a. d. Fulda, Internetseite
um 1939
Säuglingskrankenschwester im Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge
Paula AdelsheimerWie lange Paula Adelsheimer im Kinderhaus arbeitete, ist bislang unbekannt.
1939
–
1942
Kinderschwester im Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge
Erna (Esther) NeubergerErna Neuberger war von 1939 bis 1942 im jüdischen Kinderhaus Hans-Thoma-Straße (Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen) tätig, wo sie auch wohnte.
um 1940
–
1942
Kinderärztin für das jüdische Kinderheim in der Hans-Thoma-Straße
Antonie (Toni) Sandels (Oppenheimer)Seit wann Antonie Sandels die jüdischen Kinder im Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge behandelte, ist unbekannt. 1941 zwang sie die Gestapo, über den Gesundheitszustand bzw. die Transportfähigkeit von Leidensgenossen zu entscheiden, die vor der Deportation standen. Am 15. September 1942 wurden die Heimkinder aus der Hans-Thoma-Straße nach Theresienstadt deportiert – auch für die Kinderärztin eine (weitere) traumatische Erfahrung.
1942
Aufnahme von Kindern aus dem NS-zwangsaufgelösten Heim des Jüdischen Frauenbundes (Neu-Isenburg) in das Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge
Heim des Jüdischen Frauenbundes (Neu-Isenburg)1942
Aufnahme von Kindern aus der NS-zwangsaufgelösten Israelitischen Waisenanstalt in das Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge (dort erstmals Einrichtung einer Jungengruppe im Alter von sechs bis 14 Jahren)
Israelitische Waisenanstalt Frankfurt am Main1942
Aufnahme von Kindern aus der NS-zwangsaufgelösten Israelitischen Waisenanstalt in das Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge (dort erstmals Einrichtung einer Jungengruppe im Alter von sechs bis 14 Jahren)
Israelitische Waisenanstalt Frankfurt am Mainbis 15. September 1942
Kinderpflegerin im Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge
Fanny NeugassWie lange Fanny Neugass im Kinderhaus arbeitete, ist bislang unbekannt.
15. September 1942
Gewaltsames Ende des Kinderheims durch NS-Zwangsräumung und Deportation
Hans-Thoma-Straße 24 Frankfurt am MainAm 15. September 1942 wurden die noch im Heim lebenden jüdischen Kinder und ihre Betreuerinnen nach Theresienstadt deportiert.
24. September 1942
Deportation der letzten Schwester im Kinderhaus ab Frankfurt am Main nach Raasiku (bei Reval, heute Tallinn) in Estland
Bertha (Berta, Berti, Betty) HeilbrunnVor ihrer eigenen Deportation versorgte Bertha Heilbronn im Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge noch etwa 15 Kinder, die dem Transport der Bewohner/innen des Kinderhauses am 15. September 1942 in das KZ Theresienstadt nicht zugeteilt worden waren.