Institution
In Rödelheim (seit 1910 Stadtteil von Frankfurt am Main) befand sich ein kleines jüdisches Krankenhaus, gestiftet von der Familie May, das auch Kranke christlichen Glaubens betreute. Seit 1922 wurde das Gebäude als Altersheim für beide Konfessionen genutzt.
Alexanderstraße 96 Frankfurt am Mainseit 1820
Die Rödelheimer "Krankenkasse lediger Israeliten"
Vor der Gründung des May´schen Spitals wurden allein stehende oder durchreisende Kranke und Pflegebedürftige von der in Rödelheim um 1700 gegründeten Chewra Kadischa (Beerdigungsgesellschaft) betreut. 1820 errichtete die Israelitische Gemeinde Rödelheim neben einer „Israelitischen Beerdigungs- und Krankenunterstützungskasse“ außerdem eine „Krankenunterstützungskasse des israelitischen Jünglingsvereins“. Der auch „Krankenkasse lediger Israeliten“ genannte Verein feierte am 9. Januar 1895 in einem großen Festakt sein 75jähriges Jubiläum.
Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution [2], S. 580f.
seit 1871
Weitere Einrichtung für jüdische Kranke
Zu dem gut ausgebauten jüdischen Pflegewesen in Rödelheim gehörte seit 1871 auch eine „Israelitische Krankenunterstützungskasse zur Wohltätigkeit“.
1874
Gründung der May'schen Stiftung und des Krankenhauses
Joseph und Hannchen May’sche Stiftung20. Mai 1874
Errichtung der Stiftung
Josef-May-Straße – Frankfurt am MainZum Andenken an ihre Eltern Hanna (gest. 1872) und Joseph (Josef) Hirsch May (1798-1865) gründeten die Brüder Julius und Arthur May am 20. Mai 1874 eine Stiftung zur Unterstützung bedürftiger jüdischer Rödelheimerinnen und Rödelheimer.
11. Oktober 1874
Einweihungsfeier
Jüdisches Krankenhaus der Joseph und Hannchen May’schen StiftungMit einem großen Festzug vom Rathaus zum neuen Kranken- und Armenhaus, welches in der Fortsetzung der Alexanderstraße lag, feierten die Rödelheimerinnen und Rödelheimer die Eröffnung des jüdischen Krankenhauses der Joseph und Hannchen May’schen Stiftung. Es war für alle Konfessionen offen.
„Chronik“ der Stadt Rödelheim, S. 39
um 11. Oktober 1874
Eröffnung
Alexanderstraße 96 Frankfurt am MainAm 14. September 1874 wurde die „Joseph und Hannchen May´sche Stiftung für Kranke und Hülfsbedürftige [sic!]“ staatlich genehmigt. Im gleichen Jahr errichteten Julius und Arthur May für die bis 1910 selbständige Gemeinde Rödelheim ein kleines Krankenhaus für Juden und Christen mit der Auflage, „dass ein Raum für jüdische Gottesdienste eingerichtet wurde“ (Schiebler 1994, S. 147). Am 11. Oktober 1874 öffnete es in der Alexanderstraße 96 (Sitz der Stiftung) nahe der heutigen Josef-May-Straße seine Pforten. Jüdische Patientinnen und Patienten der drei vor allem für Bedürftige und Alleinstehende geschaffenen israelitischen Krankenkassenvereine wurden kostenlos behandelt.
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 147
Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution [2], S. 124
1. April 1910
Wechsel der Trägerschaft
Am 1. April 1910 wurde Rödelheim nach Frankfurt am Main eingemeindet. Damit fiel das jüdisch gestiftete Rödelheimer Spital dem städtischen Krankenhaus zu. Doch „blieb die Israelitische Kultusgemeinde Rödelheim selbständig und schloss sich nicht an die Israelitische Gemeinde Frankfurt an“ (Arnsberg 1983).
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 147
Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution [2], S. 573
seit 1911
Straßenbenennung nach Joseph May
Josef-May-Straße – Frankfurt am Main1911, ein Jahr nach der Frankfurter Eingemeindung Rödelheims, wurde nach dem Vater der Stifter des jüdischen Krankenhauses, Joseph Hirsch May, eine Straße benannt. In der NS-Zeit hieß sie vorübergehend „Treisberger Straße“ (nach dem Ort Treisberg im Taunus). Das Infoschild der „Josef-May-Straße“ trägt die Aufschrift: „Eheleute May – Stifter des ehem. Spitals in Rödelheim 1847“ (Stand Juni 2010), das Gründungsjahr ist jedoch 1874.
Die Umbenennung von Straßen und Plätzen, Link
1922
Nutzung als Altersheim
Seit 1922 wurde das vormalige Rödelheimer jüdische Spital als Altersheim des Frankfurter Verbands für Altersfürsorge genutzt. Die Bewohnerinnen und Bewohner gehörten weiterhin beiden Konfessionen an.
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 147
8. Dezember 1924
Kontroverse um Krankenhausbelegung
Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main„Gemäß Akten des Magistrats der Stadt Frankfurt a.M. wurde am 8. Dezember 1924 ein angeblicher Rechtsanspruch der Israelitischen Kultusgemeinde Rödelheim auf zwei Krankenbetten im Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt (in der Gagernstraße 36) abgelehnt, da in Rödelheim ein Hospital bestehe.“
Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution [3], S. 580 (Zitat)
1983
Literatur zur jüdischen Gemeinde von Frankfurt-Rödelheim (S. 568-595)
Arnsberg, Paul: Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution [2]1990
Literatur zur jüdischen Gemeinde von Frankfurt-Rödelheim
Krohn, Helga; Rauschenberger, Katharina: Juden in Rödelheim1994
Informationen zum Rödelheimer jüdischen Krankenhaus
Schiebler, Gerhard [Verf. des Hauptteils]; Achinger, Hans [u.a.]: Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Mainseit 1. Juni 1995
Ausstellung im Sozial- und Rehazentrum West mit wichtigen Informationen zum Spital
Alexanderstraße 96 Frankfurt am MainIn den Räumen des Sozial- und Rehazentrums West in der Alexanderstraße, dem Standort des früheren jüdischen Spitals, ist seit 1995 eine kleine historische Ausstellung zu besichtigen, die der Rödelheimer Pfarrer Heinrich Dippel (1936-2004) zusammenstellte. Ihre Dokumente und Fotos enthalten einige wichtige Informationen über das Spital nach seiner Übernahme durch die Stadt Frankfurt am Main im Jahre 1910. So bestand der jüdische Betsaal „nach Auskunft des Sohnes des letzten Gemeindevorstehers der jüdischen Gemeinde Rödelheim, Heinrich Hammel, Herrn Arthur Hammel, USA, […] noch im Jahre 1933: Im Hospital verstorbene Juden wurden in diesem Raum aufgebahrt und von hier aus auf dem jüdischen Friedhof Rödelheim, Westhausen, beerdigt. Die Krankenpflege übernahmen Schwestern vom „Roten Kreuz“. Dr. med. Hermann Momberger war lange Jahrzehnte der behandelnde Arzt des Hospitals. Er gehörte auch dem christlichen Vorstand der Stiftung an.“ Nach weiteren Dokumenten der Ausstellung bestand der jüdische Betsaal bis Juli 1937. Wie lange jüdische Pflegebedürftige danach noch im Hause versorgt wurden, ist bislang unbekannt, ebenso ihr späterer Verbleib in der NS-Zeit.
Einweihungsfeier
Mit einem großen Festzug vom Rathaus zum neuen Kranken- und Armenhaus, welches in der Fortsetzung der Alexanderstraße lag, feierten die Rödelheimerinnen und Rödelheimer die Eröffnung des jüdischen Krankenhauses der Joseph und Hannchen May’schen Stiftung. Es war für alle Konfessionen offen.
„Chronik“ der Stadt Rödelheim, S. 39
Einweihungsfeier
Mit einem großen Festzug vom Rathaus zum neuen Kranken- und Armenhaus, welches in der Fortsetzung der Alexanderstraße lag, feierten die Rödelheimerinnen und Rödelheimer die Eröffnung des jüdischen Krankenhauses der Joseph und Hannchen May’schen Stiftung. Es war für alle Konfessionen offen.
„Chronik“ der Stadt Rödelheim, S. 39
Aktuelle Nutzung
Alexanderstraße 96 Frankfurt am MainHeute (Stand Januar 2012) befindet sich in der Alexanderstraße 94-96 mit dem Sozial- und Rehazentrum West weiterhin ein (nichtjüdisches) Alten- und Pflegeheim (vgl. www.sozial-rehazentrum-west.de, Aufruf v. 05.01.2012). Träger ist der Frankfurter Verband für Alten- und Behindertenhilfe e.V. Das Eingangsschild des früheren Rödelheimer israelitischen Spitals hat die NS-Zeit überlebt: „Joseph und Hannchen May´sche Stiftung für Kranke und Hülfsbedürftige [sic!]. Eröffnet am 11. Oktober 1874“.