Jüdische Pflege- geschichte

Jewish Nursing History

Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main

Budge-Heim: Henry und Emma Budge-Stiftung, Institution

  • 1920 wurde die Stiftung zur Gründung des späteren "Budge-Heims" von dem jüdischen Ehepaar Emma und Henry Budge mit dem Ziel der Förderung des christlich-jüdischen Zusammenlebens eingerichtet.

Chronik

20.12.1920

Herny Budge ruft die Stiftung ins LebenBudge-Heim: Henry und Emma Budge-Heim für alleinstehende alte Menschen

In an einem Brief aus Lugano an die Stadt Frankfurt am Main formulierte Henry Budge den Stiftungszweck: "Aus Anlaß eines freudigen Ereignisses [seinem 80. Geburtstag] errichte ich zum Andenken an meine geliebten seligen Eltern Moritz und Henriette Budge in Frankfurt unter dem Namen 'Henry und Emma Budge-Stiftung' eine Stiftung mit einem Kapital von einer Million Mark." Als Zweck wird die Fürsorge für Erholungsbedürftige, die von einer Krankheit genesen sind, angegeben. Die Geldbeihilfen sollen je zur Hälfte Juden und Christen zukommen.

Um 1921

Verfügung über die Stiftungsgelder

Über die Stiftungsgelder sollte zu 30% die Stiftung verfügen, zu 28% der Almostenkasten der Israelitischen Gemeinde und zu 42% das Städtische Fürsorgeamt.

12.05.1921

Der Stiftungsvorstand konstituiert sich

Über die Zusammensetzung des Vorstandes hatte Henry Budge konkrete Vorstellungen. Zwei Mitglieder sollte der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main stellen, zwei Mitglieder sollten Vertreter der "Waisen und Armen der Stadt Frankfurt" sein, zwei Mitglieder vom Pflegeamt des "Israelitischen Almosenkasten" und drei Mitlglieder sollte der Vorstand der Israelitischen Gemeinde in Frankfurt am Main stellen. Jüdischen Glaubens sollten die Mitglieder des Almostenkasten und der jüdischen Gemeinde sein.

12.05.1921

Die Vorstandsmitglieder der Stiftung

Im ersten Vorstand der Stiftung waren vertreten: Bürgermeister Gräf und Stadtrat Dr. Schlosser für den Magistrat und zwei Mitglieder, die das Städtische Wohlfahrtsamt benannte. Jüdische Mitglieder des Vorstands waren Philipp Schiff und Eduard Stern für den Israelitischen Almosenksasten und Bernhard Simon, Dr. Albert Ettlinger und Stephanie Forchheimer als Vertreter der Israelitischen Gemeinde.

Seit 11.07.1921

Stiftungsbetrag und Inflation

Am 11.07.1921 überwies Henry Budge an das Bankhaus Paul Strasburger & Co den Stiftungsbetrag von einer Million Mark. Das Kapital wurde jedoch durch die beginnende Inflation nahezu vernichtet. Die Aktivitäten der Stiftung wurden stark behindert, trotzdem Henry Budge immer wieder Geld nachschoss, im März 1922 500.000 Mark, im Februar 1923 3 Millionen Mark. Paul Arnsberg schreibt: "Wie grotesk sich die Inflation für die Stiftung auswirkte, zeigt der Brief vom 7.8.1923 an den Magistrat, worin sich Henry Budge bereit erklärte, dem 'jetzigen Kapital von 15 Millionen Reichsmark' einen weiteren Betrag von 'Zweihundert Dollar hinzuzufügen (die Akten besagen, daß die dem Wert von 800.000.000 Mark!! entsprochen habe).' Der Magistrat dankte damals "wärmstens für die hocherzige Stiftung".

10.1923

Wert der gespendeten Beträge zur Währungsreform

Mit der Währungsreform vom Oktober 1923 wurde die Rentenmark eingeführt und die Goldmark wieder in Kraft gesetzt. Nach Paul Arnsberg lassen sich zu diesem Zeitpunkt die von Henry Budge gestifteten Beträge mit 70.406 Goldmark beziffern. Ein großer Teil war direkt an Zuwendungen an Bedürftige geflossen.

22.04.1925

Stiftungskapital

Nach einer weiteren Budgeschen Zahlung von 5.000 Goldmark belief sich das Stiftungskapital am 22.4.1925 auf 14.000 Goldmark. Weitere Spenden folgten.

Mitte 1928

Das Altersheim als Stiftungszweck

Es wurde beschlossen die Einrichtung eines Altenheims zum Stiftungszweck zu machen.

Der Bauplatz für das Altersheims wurde vom städtischen Siedlungsamt im Erbbauvertrag bereitgestellt. Zu finanzieren waren rund 900.000 RM an Baukosten. Davon trug die Stiftung 250.000 RM. Die Stadt übernahm die selbstschuldnerische Bürgschaft für ein Darlehen über 350.000 RM durch die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte. Darüberhinaus brachte die Stadt eine Hauszinssteuerhypothek von 400.000 RM auf. Die Verwaltung und der Betrieb des Heims gingen ebenfalls zu Lasten der Stadt.

31.03.1939

Max L. Cahn tritt dem Stiftungsvorstand bei

01.04.1939

Abtretung des "Heim am Dornbusch" an die StadtBudge-Heim: Henry und Emma Budge-Heim für alleinstehende alte Menschen

Im Stiftungsvorstand waren nach wie vor 5 jüdische Mitglieder, die sich einer Umwandlung der Stiftungsstatuten widersetzten. Sie traten jedoch am 1.4.1939 gegen Befreiung von Hypothekenverbindlichkeiten das Heim an die Stadt ab. Das Heim hieß nun "Heim am Dornbusch" und sollte nur noch mit "arischen Volksgenossen" belegt werden.

1941

Sitzung des Gesamtvorstandes

Viele jüdischen Vorstandsmitglieder der Stiftung wanderten aus und wurden ersetzt. Im Jahr 1941 fand noch eine Sitzung des Gesamtvorstandes statt. Die fünf jüdischen Teilnehmer waren die Herren Kauffmann, Marxheimer, Weil, Simon Wolfskehl und Max L. Cahn.

21.04.1941

Auflösung der Stiftung in ihrer bisherigen Form

Auf Grund der amerikanischen Staatsangehörigkeit von Henry und Emma Budge scheute sich der Reichsminister des Innern ein Zeit lang die Budge-Stiftung aufzulösen. Jedoch noch vor dem Kriegseintritt der USA wurden die Stiftungsvorstände dazu gebracht die Stiftung in der bisherigen Form aufzulösen. Im April 1941 beschloss der Vorstand, die eine Hälfte des Stiftungsvermögens der Stadt Frankfurt für mildtätige Zwecke zu übertragen. Die andere Hälfte wurde in eine Stiftung umgewandelt, deren Erträge der jüdischen Wohlfahrtspflege zufließen sollte. Diese Stiftung wurde in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland eingegliedert.

Ende 1941

Das Stiftungsvermögen schrumpft durch Steuern

Nach der Auflösung der Stiftung vom 1. April 1941 waren noch 180.000 RM vorhanden. Das Finanzamt forderte davon 110.000 RM als Schenkungssteuernachzahlung, eine Steuer, die nur von Juden erhoben wurde. Je 33.000 RM gingen dann, gemäß der beschlossenen Stiftungsumwandlung, an die Stadt Frankfurt und an die Reichsvereinigung der Juden.

31.12.1941

Endgültiger Untergang der Stiftung

Der jüdische Anteil am Restvermögen der Stiftung wurde auf ein Sperrkonto der Gestapo-Institution "Reichsvereinigung" überwiesen und trug dazu bei, die Rechungen für die Transporte nach Auschwitz zu begleichen.

1945 - 1957

Die Amerikaner sind im Heim am EdingerwegBudge-Heim: Henry und Emma Budge-Heim für alleinstehende alte Menschen

Die Amerikaner beschlagnahmten das schwer beschädigte Gebäude am Edingerweg. Ab 1956, nach der Wiederbelebung der Henry und Emma Budge-Stiftung, waren sie zahlende Mieter des Gebäudes.

Nach der Zustimmung des Frankfurter Magistrats zur Wiederbelebung der Stiftung (1951) konnten Wiedergutmachungsansprüche nach dem Bundesentschädigungsgesetz geltend gemacht werden, die 1956 anerkannt wurden. Nach einer Einigung zwischen der Stadt Frankfurt am Main, der Jüdischen Gemeinde und der Nachfolgeorganisation des Israeltischen Almosenkastens "ISRO" wurde die Stiftung in ihre alten Rechte und Vermögenstitel wieder eingesetzt und die Weiterführung des Altenheims, gemäß Stiftungssatzung, wurde vorgesehen.

20.01.1958

Zusammensetzung des Gesamtvorstands

Stadtrat Dr. Rudolf Prestel, Vorstand Rechtsanwalt und Notar Max L. Cahn, stellvertr. Vorstand Landgerichtsdirektor Dr. Kurt Bruck Rechtsanwalt Martin Meyer, Schriftführer Kaufmann Max Meyer Redakteur Hans Nassauer Stadtrat Dr. Zeitz Obermagistratsrat Baldes, stellvertr. Rechnungsführer Magistratsrat Grossmann, Rechungsführer

Die Amerikaner bezahlten an die Stiftung seit 1956 jährlich 94.000 DM als Miete. Das alte Haus und Gelände am Edingerweg wurde von der Bundesvermögensverwaltung 1964 für 1,8 Mio DM übernommen. So erwarb die Stiftung 1960 ein Grundstück für den Neubau eines Altenheims.

19.01.1964

Dr. Paul Arnsberg wird stellvertretender Vorsitzender der StiftungDr. jur. Paul Arnsberg

04.11.1964

Arno Lustiger wird Vorstandsmitglied der Stiftung

1972

Literatur zur Budge-Stiftung (Biographie Henry Budges von Paul Arnsberg)Henry Budge

04.2011

Literatur zur Budge-Stiftung90 Jahre Budge-Stiftung

Am 29. November 2010 feierte die Budge-Stiftung ihr 90-jähriges Jubiläum: Henry Budge hatte am 20. November 1920 in Frankfurt die Stiftungsurkunde unterzeichnet. Ein erfolgreiches Projekt jüdisch-christlichen Zusammenlebens nahm seinen Anfang.