Jüdische Pflege- geschichte

Jewish Nursing History

Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main

Meta Alma Martha Conrath geborene Kahl

Geboren am 06.02.1888 in Wintersdorf (Kreis Schwetz, Westpreußen)

Gestorben am 19.08.1960 in Köppern

Begräbnisstätte unbekannt

Nationalität deutsch

Religion evangelisch

Geburtsjahr

Laut Hausstandsbuch des Frankfurter jüdischen Krankenhauses Gagernstraße 36 wurde Meta Alma Martha Kahl (später verheiratete Conrath) am 6. Februar 1889 in Wintersdorf (heute: Przechówko) im Kreis Schwetz (Regierungsbezirk Marienwerder, Westpreußen, heute: Pommern, Polen) geboren. (Im Hausstandsbuch wurde als Geburtsjahr ursprünglich 1888 eingetragen, die letzte Ziffer 8 dann aber mit "9" überschrieben.) Eine Recherche bei dem Institut für Stadtgeschichte ergab das Geburtsjahr 1888. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main / HB 687 Teil 2 / Gagernstraße 36, Bl. 32


Kindheit und Jugend in Thorn

Meta Conrath wuchs zusammen mit ihrem Bruder Bruno Kahl (1889-1938) und einer jüngeren Schwester (1896-1986) im damals westpreußischen Thorn auf, der Vater war früh verstorben. Conrath, Meta - Familientafel, genealogische Angaben


Heirat mit Richard Paul Conrath (geb. 1878) in Thorn

Meta Conraths Ehemann diente als Sergeant beim Ulanenregiment von Schmidt (1. Pommersches) Nr. 4.


Meta Conrath wird Witwe

Nur ein Jahr nach der Eheschließung verstarb Richard Paul Conrath nach langem schweren Leiden am 28. Dezember 1910 in Thorn (Todesanzeige in: "Die Presse - Ostmärkische Tageszeitung", 01.01.1911. - Mit Dank an Meta Conraths Neffen Klaus-J. Penné für diesen Hinweis). Vermutlich begann Meta Conrath bald darauf ihre Pflegeausbildung.


Rotkreuzschwester, Lazarettpflege im Ersten Weltkrieg (vermutlich Westpreußen)



Schwesternfoto von Meta Conrath mit der Diensthaube des Deutschen Roten Kreuzes, undatiert (um 1916)

Conrath, Meta / Schwesternfoto von Meta Conrath mit der Diensthaube des Deutschen Roten Kreuzes, undatiert (um 1916) Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné


Schwester Meta Conrath (vorne rechts) im Lazarett, undatiert (um 1918)

Conrath, Meta - Lazarettfoto / Schwester Meta Conrath (vorne rechts) im Lazarett, undatiert (um 1918) Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné


Meta Conrath in Schwesterntracht, undatiert, vor 1919

Conrath, Meta - Schwesterntracht / Rotkreuzschwester Meta Conrath in Schwesterntracht, ohne Jahr (vor 1919) © Klaus-J. Penné


Polnischer Pass von Meta Conrath (für die Ausreise nach Deutschland), 1919

Conrath, Meta - Polnischer Pass / Polnischer Pass von Meta Conrath (für die Ausreise nach Deutschland), 1919 © Klaus-J. Penné


Abzeichen des Deutschen Roten Kreuzes (Vaterländischer Frauenverein) von Meta Conrath, vor 1919

Conrath, Meta - Abzeichen des Deutschen Roten Kreuzes / Abzeichen des Deutschen Roten Kreuzes (Vaterländischer Frauenverein) von Meta Conrath, vor 1919 © Klaus-J. Penné


Ankunft in Dörnigheim (heute Stadtteil von Maintal, Main-Kinzig-Kreis, Hessen)

Meta Conrath übersiedelte mit ihrer Mutter und den beiden Geschwistern vermutlich 1920 (Angliederung westpreußischer Gebiete an Polen gemäß Versailler Vertrag) in den Westen.


Oberin von Meta Conrath

Minna Hirsch


Christliche Kolleginnen in der Frankfurter jüdischen Krankenpflege

Franziska Fleischer


Christliche Kolleginnen in der Frankfurter jüdischen Krankenpflege

Frieda Gauer


Christliche Krankenschwester am Frankfurter jüdischen Krankenhaus Gagernstraße

Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main
1921 verlegte Meta Conrath ihren Lebensmittelpunkt nach Frankfurt am Main: Fast zwei Jahrzehnte lang pflegte und wohnte sie im Frankfurter jüdischen Krankenhaus Gagernstraße, das bis zur NS-Zeit auch viele nichtjüdische Patientinnen und Patienten versorgte. Christliche Pflegekräfte wurden u.a. am wöchentlichen Schabbat und während der jüdischen Feiertage eingesetzt.


Offizieller Arbeitsbeginn im Frankfurter jüdischen Krankenhaus Gagernstraße

Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main
Zu Anfang pflegte Meta Conrath in der Infektionsabteilung.


Einzug in das Frankfurter jüdische Krankenhaus Gagernstraße

Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main / HB 687 Teil 2 / Gagernstraße 36, Bl. 32


Pflege in der Privatabteilung, Mitwirkung bei der Ausbildung und Anleitung der Lehrschwestern

Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main
In der Privatabteilung war Meta Conrath mit allen Zweigen der Krankenpflege befasst. So versorgte sie Patientinnen und Patienten mit stationären gynäkologischen, urologischen und Augenkrankheiten (Staroperierte) sowie nach schweren OPs. Zudem beteiligte sie ihr Arbeitgeber an der Ausbildung und Anleitung der Lehrschwestern.


Oberin von Meta Conrath

Julie Glaser


Oberin von Meta Conrath

Julie Glaser


Ein Gratulationsschreiben, ein Gesundheitszeugnis und acht Arbeitszeugnisse für Meta Conrath

Conrath, Meta - Korrespondenz (Verein für jüdische Krankenpflegerinnen und des Krankenhauses der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main)


Abbildung: Gratulationsschreiben des Frankfurter jüdischen Schwesternvereins zum 10-jährigem Dienstjubiläum im Krankenhaus Gagernstraße

Conrath, Meta - Gratulationsschreiben / Gratulationsschreiben des Frankfurter jüdischen Schwesternvereins zu Meta Conraths 10-jährigem Dienstjubiläum im Kranken ... Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné (der Name des ärztlichen Verfassers dieses Dokuments wurde aus urheberrechtlichen Gründen geschwärzt).


Ungeklärter Suizid von Meta Conraths Bruder Bruno Kahl (Lehrer, NSDAP-Ortsgruppenleiter in Dörnigheim, ab 1933 NSDAP-Abgeordneter im Kreistag Hanau-Land)

Wie bei vielen Familien während der NS-Zeit war auch Meta Conraths familiäres Umfeld größtenteils nationalsozialistisch eingestellt. Ihr Bruder Bruno Kahl soll sich vor seinem Tod 1938 während eines Lehrgangs in der NS-Schulungsburg (Gauführerschule) zu Kronberg (Taunus) von Hitler und der NSDAP distanziert haben.


Abbildung: Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Urologie des Krankenhauses Gagernstraße)

Conrath Meta - Arbeitszeugnis (Urologie) / Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Urologie des Krankenhauses Gagernstraße) Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné (der Name des ärztlichen Verfassers dieses Dokuments wurde aus urheberrechtlichen Gründen geschwärzt).


Abbildung: Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Facharzt für Innere Krankheiten am Krankenhaus Gagernstraße)

Conrath, Meta - Arbeitszeugnis (Internist) / Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Facharzt für Innere Krankheiten am Krankenhaus Gagernstraße) Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné (der Name des ärztlichen Verfassers dieses Dokuments wurde aus urheberrechtlichen Gründen geschwärzt).


Abbildung: Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Augenklinik)

Conrath, Meta - Arbeitszeugnis (Augenklinik) / Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Augenklinik des Krankenhauses Gagernstraße) Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné (der Name des ärztlichen Verfassers dieses Dokuments wurde aus urheberrechtlichen Gründen geschwärzt).


Dr. Marx war der Vorgesetzte von Schwester Meta Conrath und stellte ihr ein hervorragendes Arbeitszeugnis aus

Alfred Valentin Marx


Oberschwester der Privatabteilung

Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main
Während ihrer Tätigkeit im Krankenhaus war Meta Conrath zeitweise auch Oberschwester der Infektionsabteilung.


Abbildung: Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Direktor des Krankenhauses Gagernstraße)

Conrath, Meta - Arbeitszeugnis (Direktor) / Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Direktor des Krankenhauses Gagernstraße) Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné


Abbildung: Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Leiter des Krankenhauses Gagernstraße)

Conrath, Meta - Arbeitszeugnis (Leiter) / Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Leiter des Krankenhauses Gagernstraße) Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné (der Name des ärztlichen Verfassers dieses Dokuments wurde aus urheberrechtlichen Gründen geschwärzt).


Abbildung: Zwischenzeugnis für Meta Conrath (Krankenhaus Gagernstraße)

Conrath, Meta - Zwischenzeugnis / Zwischenzeugnis für Meta Conrath (Krankenhaus Gagernstraße) Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné (der Name des ärztlichen Verfassers dieses Dokuments wurde aus urheberrechtlichen Gründen geschwärzt).


Abbildung: Zwischenzeugnis für Meta Conrath (Krankenhaus Gagernstraße)

Conrath, Meta - Zwischenzeugnis / Zwischenzeugnis für Meta Conrath (Krankenhaus Gagernstraße) Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné (der Name des ärztlichen Verfassers dieses Dokuments wurde aus urheberrechtlichen Gründen geschwärzt).


Meta Conraths Wohnadresse in Frankfurt-Eschersheim

Neumannstraße 9 Frankfurt am Main


NS-erzwungener Auszug aus dem Frankfurter jüdischen Krankenhaus Gagernstraße

Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main
In der NS-Zeit stand Meta Conrath treu zu ihrem Arbeitgeber. So soll sie ihre Verwandten regelmäßig um Lebensmittelkarten gebeten haben, um sie an Patienten, Kolleginnen und Ärzte des jüdischen Krankenhauses Gagernstraße weiterzugeben. Obgleich Schwester Meta offiziell selbst kündigte, liegt nahe, dass die Nichtjüdin ihre langjährige Arbeits- und Wohnstätte auf Druck der Nationalsozialisten aufgab. Sie verließ noch vor Ablauf der 'Kündigungsfrist' (bis 31.12.1940) die Klinik und zog am 4. November 1940 in den Stadtteil Eschersheim, Neumannstraße 9. Kurz darauf trafen ihre Kolleginnen aus dem NS-zwangsgeräumten jüdischen Schwesternhaus im Krankenhaus ein, das zu einem 'Ghettohaus' wurde. Unter den jüdischen Pflegenden, die bereits 1941 deportiert wurden, befand sich auch Meta Conraths frühere Oberin Julie Glaser. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main / HB 687 Teil 2 / Gagernstraße 36, Bl. 32


Abbildung: letztes Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Krankenhaus Gagernstraße)

Conrath, Meta - Abschlusszeugnis / Letztes Arbeitszeugnis für Meta Conrath (Krankenhaus Gagernstraße) Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné (der Name des ärztlichen Verfassers dieses Dokuments wurde aus urheberrechtlichen Gründen geschwärzt).


Privatpflegerin

Nach ihrer Tätigkeit im Frankfurter jüdischen Krankenhaus Gagernstraße arbeitete die inzwischen über fünfzigjährige Meta Conrath als Privatpflegerin. Familieninformationen zufolge soll sie für längere Zeit auf Schloss Jettingen (Bayerisch-Schwaben) und zuletzt vermutlich auf Schloss Lautlingen (Baden-Württemberg) Caroline, die Mutter des Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg, gepflegt haben. Als Caroline Schenk Gräfin von Stauffenberg nach dem 20. Juli 1944 verhaftet wurde, befand sich Meta Conrath gerade auf Heimaturlaub in Frankfurt am Main. Sie blieb in Frankfurt und versorgte dort ihre Mutter.


Todestag

In Frankfurt am Main wohnte Meta Conrath weiterhin in der Neumannstraße 9. Laut Auskunft der Frankfurter Meldebehörde verstarb sie nicht in Frankfurt, sondern am 19. August 1960 in Köppern (heute Stadtteil von Friedrichsdorf).


Familiengeschichte: Tod des Schwagers Paul Conrath (im Zweiten Weltkrieg General der Fallschirmtruppe)

Meta Conrath hatte mit Paul Conrath (1896-1979), dem Bruder ihres verstorbenen Mannes, auch nach 1945 noch guten Kontakt. Ob der ehemalige Wehrmachtsgeneral trotz seiner engen Verbindungen zu Göring zum Umfeld der Widerstandsbewegung "20. Juli" gehörte, ist bislang ungeklärt.


Familiengeschichte: Literatur zu Meta Conraths Bruder Bruno Kahl

Salzmann, Bernd; Voigt, Wilfried: "Keiner will es gewesen sein"


Familientafel Conrath / Kahl, undatiert

Salzmann, Bernd; Voigt, Wilfried: Conrath, Meta - Familientafel
(Stand 21.01.2019)


Christliche Kolleginnen in Frankfurt am Main

Luise (Louise) Zorn


Sig 6293

Jüdische Pflegegeschichte - interkonfessionell - Meta Conrath
Schwesternfoto von Meta Conrath mit der Diensthaube des Deutschen Roten Kreuzes, undatiert um 1916) – Mit freundlicher Genehmigung von Klaus-J. Penné

Mehr über Meta Conrath erfahren Sie in Birgit Seemanns Beitrag über christliche Krankenschwestern in jüdischen Pflegeinstitutionen.