6. Februar 1801
–
25. Dezember 1884
Zur Familienbiographie / Lebensdaten des Onkels
Salomon HerxheimerKarl Herxheimer und sein um fast 20 Jahre älterer Bruder und Arztkollege Salomon Herxheimer entstammten einer kinderreichen hessisch-jüdischen Familie; ihre Eltern waren Jeanette (Johannette) geb. Liebmann (gest. 1897) aus Schierstein (heute Stadtteil von Wiesbaden) und der Mühlenbesitzer und Getreidehändler Hermann (Herz) Herxheimer (1803-1879) aus Dotzheim (heute Stadtteil von Wiesbaden). Ihr Onkel war der Rabbiner, Bibelübersetzer und Schulgründer Salomon Herxheimer (06.02.1801 Dotzheim – 25.12.1884 Bernburg), zuletzt Landesrabbiner von Anhalt-Bernburg (später Anhalt); diese angesehene Persönlichkeit würdigte der Heimat- und Verschönerungsverein Dotzheim e.V. 2001 mit einer Biographie, verfasst von Rolf Faber.
Die Juden der Frankfurter Universität, S. 167
26. Juni 1861
Geburtsdatum und Würdigung
Der Geheime Medizinalrat Prof. Dr. med. Dr. med. h.c. Karl Herxheimer wurde am 26. Juni 1861 in Wiesbaden (heute Landeshauptstadt von Hessen) geboren. Der Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten gehörte zu den deutschen Pionieren der Dermatologie und 1914 zu den Gründern der Stiftungsuniversität Frankfurt am Main. In der internationalen Fachwelt ist die nach Karl Herxheimer und seinem österreichischen Kollegen Prof. Dr. Adolf Jarisch (sen.) benannte, für die heutige Behandlung der Zecken-Borreliose bedeutsame "Jarisch-Herxheimer-Reaktion" (auch "Herxheimer-Reaktion" oder kurz "Herx") bekannt. Mit dem Namen dieses "hervorragenden Therapeuten", der "zahlreiche neue Behandlungsmethoden" in Gang setzte, sind zudem "Morbus Herxheimer" (auch: "Herxheimer-Syndrom", "Pick-Herxheimer-Krankheit" oder "Taylor´s Syndrom", nach den Mitentdeckern Philipp Josef Pick und Robert William Taylor) verbunden, ebenso als Bezeichnung für neue innovative Färbemethoden in der Dermatohistologie die "Herxheimer´schen Spiralen".
Frankfurter Biographie [1], S. 322
16. August 1868
–
12. September 1928
Lebensdaten der Ehefrau Olga Herxheimer
Seit 1890 war Karl Herxheimer mit Olga Hepner (1868-1928, israelit.) verheiratet (Personalakten der Universität Frankfurt am Main, vgl. Heuer/Wolf 1997). So weit bekannt, blieb die Ehe kinderlos. Zu beachten ist, dass andere Quellen (z.B. ein Projekt über jüdische Schülerinnen der Elisabethschule in Marburg/Lahn: www.elisabethschule.de/alte-internetseiten/schueler/schuelerzeitung/experiment_sonder.html, aber auch ein Wikipedia-Eintrag zu Karl Herxheimer, Aufrufe v. 12.06.2010) als Ehefrau Thekla (Toni) Herxheimer geb. Strauss (geb. 1868 in Kirchenhain) angeben. Sie war aber mit einem Hermann Herxheimer verheiratet (vgl. Gedenkblatt ihres Enkels in der Datenbank von Yad Vashem) und wurde nicht von Frankfurt, sondern von den Niederlanden aus über Westerbork nach Auschwitz deportiert. Olga Herxheimer wurde auf dem Jüdischen Friedhof Rat-Beil-Straße beerdigt.
Die Juden der Frankfurter Universität, S. 167
Grabmal von Karl und Olga Herxheimer auf dem Jüdischen Friedhof Rat-Beil-Straße (seit 2012)
© Dr. Birgit Seemann
12. September 1873
–
20. Dezember 1942
Lebensdaten der Lebensgefährtin Henriette Rosenthal
Nach dem Tod seiner Frau Olga im Jahre 1928 lernte Karl Herxheimer die am 12. September 1873 in Danzig geborene Helene Rosenthal geb. Hirschberg, Witwe des Danziger Senatspräsidenten am Obergericht Heinrich Rosenthal (gest. 1926), kennen. Trotz der damaligen strengeren Moralvorstellungen lebte das Paar in Frankfurt am Main unverheiratet zusammen, Henriette Rosenthal galt offiziell als 'Hausdame'. Nach der im KZ Theresienstadt ausgestellten "Todesfallanzeige" war sie evangelisch getauft.
Gedenkbuch BA Koblenz, Link (biographische Daten)
Jüdisches Museum Frankfurt am Main (Homepage), Link (Datenbank)
Stolpersteine in Frankfurt am Main, 13. Dokumentation 2015, S. 84-85
1887
Niederlassung in Frankfurt und Mitarbeit in der Klinik des Bruders
Herxheimer’sche Klinik und Poliklinik für Haut- und GeschlechtskrankheitenNach seinem Medizinstudium in Freiburg, Straßburg und Würzburg (dort laut Personalakten der Universität Frankfurt am Main 1884 Promotion) war Karl Herxheimer bis 1886 Assistent von Prof. Carl Weigert am Senckenbergischen Pathologisch-Anatomischen Institut in Frankfurt am Main. Danach sammelte er ein Jahr lang weitere Erfahrungen bei Prof. Albert Neisser an der Dermatologischen Universitätsklinik in Breslau. (Die beiden international anerkannten Dermatologen Weigert und Neisser waren ebenfalls jüdischer Herkunft.) 1887 ließ sich Karl Herxheimer als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Frankfurt am Main nieder. Zugleich praktizierte er in der Privatklinik seines älteren Bruders Salomon Herxheimer; zu dem fast 20 Jahre Älteren hatte er von allen Geschwistern wohl das innigste Verhältnis.
Frankfurter Biographie [1], S. 322
Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution [3], S. 187
Die Juden der Frankfurter Universität, S. 167f.
1894
–
1930
Direktor der Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Von 1894 bis 1930 (nach manchen Quellen: 1929) leitete Karl Herxheimer als ärztlicher Direktor die Städtische bzw. ab 1914 die Universitätsklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Frankfurt am Main.
1899
–
1914
Nachfolger seines Bruders als dirigierender Arzt der Herxheimer´schen Hautklinik
Herxheimer’sche Klinik und Poliklinik für Haut- und GeschlechtskrankheitenNach dem Tod seines Bruders Salomon Herxheimer leitete Karl Herxheimer dessen Hautklinik von 1899 bis 1914. Bereits 1909 übertrug er die Klinik an die Stadt Frankfurt am Main.
1914
–
1929
Ordinarius für Dermatologie und Venerologie
Infolge seiner außerordentlichen Leistungen führte Karl Herxheimer bereits seit 1907 den Professorentitel. 1914 nahm er den Ruf an die von ihm mitbegründete Frankfurter Stiftungsuniversität als Ordinarius für Dermatologie und Venerologie (sexuell übertragbare Krankheiten) an. Auf Bitte der Regierung blieb er der Hochschule über das Emeritierungsjahr (1929) hinaus als Lehrstuhlvertreter, Forscher und Lehrender erhalten. 1930 folgte ihm mit Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Oscar Gans (1888-1983, israelit., ev. get., 1934 emigriert) eine weitere Kapazität der Dermatologie sowie Syphilidologie auf den Lehrstuhl. Den Personalakten der Universität Frankfurt zufolge entzogen die Nationalsozialisten Karl Herxheimer, der seit seiner Emeritierung weiterhin als Hautarzt praktizierte, 1936 endgültig die Lehrbefugnis.
Die Juden der Frankfurter Universität, S. 168
1936
Literatur zu Karl Herxheimer
Kallmorgen, Wilhelm: Siebenhundert Jahre Heilkunde in Frankfurt am Main 1. September 1942
Deportation von Karl Herxheimer und Henriette Rosenthal
Am 1. September 1942 wurde Karl Herxheimer - zusammen mit seiner Lebensgefährtin Henriette Rosenthal - im Alter von 81 Jahren von Frankfurt in das KZ Theresienstadt deportiert. Ein unrühmliche Rolle spielte hierbei August Wisser, der damalige Kurator der NS-gleichgeschalteten Universität Frankfurt am Main.
Tod in Theresienstadt: Karl Herxheimer, Link
6. Dezember 1942
Todestag
Infolge der brutalen Lagerbedingungen starb Karl Herxheimer am 6. Dezember 1942 im KZ Theresienstadt an Unterernährung und Dysenterie (Darmentzündung, Ruhr); er verhungerte. Nur zwei Wochen später, am 20. Dezember 1942, starb auch Henriette Rosenthal.
Ärztliches Schicksal unter der Verfolgung 1933-1945 in Frankfurt am Main und Offenbach, S. 51
seit 1954
Karl-Herxheimer-Medaille
Seit 1954 verleiht die Deutsche Dermatologische Gesellschaft zu Ehren Karl Herxheimers eine nach ihm benannte Medaille. Erster Preisträger war der bedeutende deutsch-jüdische Frankfurter Dermatologe und ehemalige Kollege Karl Herxheimers, Oscar Gans (1888-1983). "Die Karl-Herxheimer-Medaille stellt die höchste Auszeichnung in der Deutschen Dermatologie dar. Sie wird für überragende Verdienste auf dem Gebiet der Dermato-Venerologie in Erinnerung an diesen großen Arzt, Lehrer und Forscher verliehen." (www.derma.de/ddg/selbstdarstellung/preise-und-auszeichnungen/karl-herxheimer-medaille.html, Aufruf v. 11.05.2010).
1983
Literatur zu Karl Herxheimer
Arnsberg, Paul: Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution [3] 1990
Literatur zu Karl Herxheimer
Drexler, Siegmund; Kalinski, Siegmund; Mausbach, Hans: Ärztliches Schicksal unter der Verfolgung 1933-1945 in Frankfurt am Main und OffenbachDer Kurzbeitrag in der verdienstvollen Gedenkschrift "Ärztliches Schicksal unter der Verfolgung 1933-1945 in Frankfurt am Main und Offenbach" enthält ein Foto Karl Herxheimers sowie weiter führende Literaturangaben, aber auch einige Ungenauigkeiten (z.B. das Deportationsdatum).
1994
Literatur zu Karl Herxheimer
Drexler, Siegmund; Kalinski, Siegmund; Mausbach, Hans: Frankfurter Biographie [1] 1994
Literatur zu Karl Herxheimer (unveröff. Diss.)
Notter, Bettina: Leben und Werk der Dermatologen Karl Herxheimer (1861 - 1942) und Salomon Herxheimer (1841 - 1899) 1997
Literatur zu Karl Herxheimer (bio-bibliographischer Artikel)
Notter, Bettina: Die Juden der Frankfurter Universität 2001
Literatur zu Karl Herxheimer (mit Abb.) und Hans Herxheimer
Eppinger, Sven: Das Schicksal der jüdischen Dermatologen Deutschlands in der Zeit des Nationalsozialismus 2004
Literatur zu Karl Herxheimer
Steen, Jürgen: Tod in Theresienstadt: Karl Herxheimer 2012
Literatur zu Karl Herxheimer
Scholz, Albrecht: Karl Herxheimer Geheimrat mit dem gelben Stern 2013
Informationen zu Karl Herxheimer (versuchte Fluchthilfe durch den "Judenretter" Gotthold Fengler)
Bonavita, Petra: Nie aufgeflogen 20. Juni 2013
'Stolperstein' für Karl Herxheimer in der Westendstraße 92, Frankfurt am Main
Bonavita, Petra: Stolpersteine in Frankfurt am Main 2014
Literatur zu Karl Herxheimer
Richter-Hallgarten, Henry George: Geschichte der Dermato-Venerologie in Frankfurt am Main 16. Mai 2015
Stolperstein für Henriette Rosenthal in der Westendstraße 93
Richter-Hallgarten, Henry George: Stolpersteine in Frankfurt am Main 29. März 2018
Literatur zu Karl Herxheimer und Henriette Rosenthal (zum Versuch ihrer Rettung), zuletzt aufgerufen am 29.03.2018)
Bonavita, Petra: RettungsWiderstand in Frankfurt am Main während der Herrschaft der Nationalsozialisten