Jüdische Pflege- geschichte

Jewish Nursing History

Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main

Gerda Görtler (verw. Finkelscherer, gesch. Kolb) geborene Adler

Geboren am 02.11.1921 in Mittelsinn

Gestorben am 01.01.1981 in Nürnberg

Begräbnisstätte unbekannt

Nationalität deutsch

Religion jüdisch

Geburtsdatum / Familienherkunft

Die Krankenschwester Gerda Görtler (geb. Adler, verwitwete Finkelscherer, geschiedene Kolb) entstammte einer frommen jüdischen Familie aus Unterfranken/ Bayern. Geboren wurde sie am 2. November 1921 in Mittelsinn (heute VG Burgsinn, Landkreis Main-Spessart) als das einzige Kind von Regina (Regine) geb. Reich (geb. 09.10.1886 in Zeitlofs, heute Kreis Bad Kissingen) und dem Lehrer Raphael Adler (geb. 08.08.1892 in Brückenau, heute: Bad Brückenau, Kreis Bad Kissingen). Gerda Görtlers Großvater Max Reich war Vorsteher, Vorbeter (Chasan) und Schofarbläser der jüdischen Gemeinde Zeitlofs. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main / HB 655 / Bornheimer Landwehr 85, geprüft Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945, Eintrag Adler, Regina, geb. Reich (Mutter)


Tod des Vaters Raphael Adler

Am 24. oder 26. November 1924 erlag Raphael Adler vermutlich in München den Folgen einer Kriegsverletzung aus dem Ersten Weltkrieg. Gerda Adler war erst drei Jahre alt.


Die Witwe Regina Adler wird Verwalterin eines Ferienheims für jüdische Kinder

Gerda Görtlers Mutter Regina Adler wird um 1925 Verwalterin der Ferienkolonie Krumbach-Hürben (Bayerisch-Schwaben) des Israelitischen Vereins für Ferienkolonien, München.


Wohnadresse

Uhlandstraße 57 Frankfurt am Main
Eine Frankfurter Wohnadresse Gerda Adlers war bis Dezember 1938 die Uhlandstraße 57 im Ostend.


Frankfurt am Main: Ausbildung im jüdischen Schwesternverein, wohnhaft im Schwesternhaus

Verein für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt am Main
In Frankfurt am Main zog Gerda Adler am 19. Dezember 1938 von der Uhlandstraße 57 in die Bornheimer Landwehr 85 (Frankfurter jüdisches Schwesternhaus). Dort wohnte sie bis zur NS-Zwangsauflösung des Schwesternhauses im November 1940. Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main / HB 655 / Bornheimer Landwehr 85, Bl. 59


Unter der NS-Verfolgung kann Gerda Adler noch das Schwesternexamen ablegen

Jüdische Pflegende durften gemäß der NS-Rassegesetze nur als jüdisch klassifizierte Patientinnen und Patienten versorgen.


Einzug in das letzte Frankfurter jüdische Krankenhaus (Gagernstraße 36)



Verfolgungsstation Berlin: Zwangsarbeiterin bei Siemens



Rückkehr nach München, Pflege im Israelitischen Kranken- und Schwesternheim bis zu dessen NS-Zwangsauflösung

Israelitisches Kranken- und Schwesternheim München


Heirat mit Dr. Bruno Finkelscherer - dem letzten Rabbiner der NS-vernichteten jüdischen Gemeinde München

Am 12. August 1941 wurde Gerda Adler durch ihre Heirat mit Dr. Bruno Finkelscherer (geb. 08.04.1906 in München) Mitglied der angesehenen Rabbinerfamilie Finkelscherer. Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945, Online-Datenbank, Eintrag Geni, Eintrag von Ron Evans (letzter Aufruf der Website am 24.10.2019)


Einweisung in das Sammellager "Heimanlage für Juden"

Mit ihrem Ehemann wurde Gerda Finkelscherer in die "Heimanlage für Juden" eingewiesen, einem NS-Sammel- und Durchgangslager im Kloster der "Barmherzigen Schwestern" (Münchner Stadtteil Berg am Laim, Clemens-August-Straße 9). Dort versorgte sie die darin eingepferchten Menschen, ihre Mutter arbeitete in der Küche.


Gerda und Bruno Finkelscherer werden zusammen mit Regina Adler nach Auschwitz deportiert



Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz: Zwangsarbeiterin in der Metall- und Rüstungsindustrie



Ermordung von Gerda Görtlers Mutter Regina Adler in Auschwitz



Ermordung von Gerda Görtlers erstem Ehemann Bruno Finkelscherer in Auschwitz

Zu den Opfern der Shoah gehören auch Bruno Finkelscherers Eltern Bella und Rabbiner Dr. Israel Finkelscherer, sein Bruder Rabbiner Dr. Herbert Finkelscherer und seine Schwägerin Flora Finkelscherer (geb. Mayer).


Gerda Görtler überlebt die Evakuierung von Auschwitz und die Todesmärsche



Nach eigenen Angaben Flucht aus dem KZ-Außenlager Malchow in Mecklenburg (am gleichen Tag befreit)



Nürnberg: zweite Ehe mit dem Auschwitz-Überlebenden Ernst Kolb (geschieden)



Dritte (und letzte) Ehe mit Georg Görtler



Zeugenaussage für den 1. Auschwitzprozess am 11.11.1959 in Nürnberg

Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden - Vernehmungsprotokoll Görtler, Gerda
Im Zuge der Vorbereitung des 1. Auschwitz-Prozesses wird Gerda Görtler am 11. November 1959 Zeugin der Anklage. Das Vernehmungsprotokoll ist über das Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys) als Digitalisat online zugänglich.


1981 (vermutlich am 1. Januar) verstarb Gerda Görtler mit 59 Jahren in Nürnberg.

Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945, Einträge: Adler, Regina (Mutter), Finkelscherer, Bruno Geni, Eintrag von Ron Evans (letzter Aufruf der Website am 24.10.2019)


Informationen zu Gerda und Bruno Finkelscherer (letzter Aufruf des Online-Gedenkbuches am 24.10.2019)

Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945


Informationen zur jüdischen Gemeinde Mittelsinn (Aufruf der Website am 08.11.2019)

Mittelsinn (VG Burgsinn, Main-Spessart-Kreis)


Gleiche Herkunftsregion

Johanna (Johanne) Sämann
Gerda (Adler) Görtler und Johanna (Levi) Sämann kamen beide aus der unterfränkisch-hessischen Spessartregion. Die jüdischen Verstorbenen von Mittelsinn (Gerda Adlers Geburtsort) wurden auf dem Jüdischen Friedhof von Altengronau (Johanna Sämanns Geburtsort) beerdigt. Es ist möglich, dass die beiden Krankenschwestern oder ihre Familien einander kannten.


Sig 6476