Institution
Bei der Versorgungsanstalt für Israeliten (auch: Versorgungs-Anstalt oder Israelitische Versorgungsanstalt) handelt es sich um das vermutlich erste jüdische Altenheim in Frankfurt am Main. Es nahm seit 1845 vor allem bedürftige und erwerbsunfähige Frankfurterinnen und Frankfurter jüdischen Glaubens ab dem 60. Lebensjahr auf.
Hermesweg 5-7 Frankfurt am Main–
1942
Angestellte des Frankfurter jüdischen Altersheims
Betty (Bertha) KaleSpätestens 1939 tat auch Bertha Schuster Dienst im Frankfurter jüdischen Altersheim – auch nach dem erzwungenen Umzug in die „Gemeinschaftsunterkunft“ Hermesweg.
1845
–
1852
Gründung und erster Standort der Versorgungsanstalt für Israeliten
Wollgraben 8 Frankfurt am Main1845 gründete die Israelitische Gemeinde mit der „Versorgungsanstalt“ das wohl erste jüdische Altenheim in Frankfurt am Main; es befand sich anfangs im Wollgraben 8.
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 129
1847
Aufnahmebedingungen
Krankenhaus der Israelitischen KrankenkassenDie Versorgungsanstalt für Israeliten betreute gemäß ihrer Statuten vor allem jüdische Frankfurterinnen und Frankfurter ab dem vollendeten 60. Lebensjahr, „deren Erwerbsunfähigkeit auf Altersschwäche beruhte“. Aufnahme fanden aber auch Frauen und Männer ab 40 Jahren, die „durch Krankheit oder Gebrechen erwerbsunfähig geworden waren.“ Altenhilfe und Alten- bzw. Krankenpflege waren zunächst getrennt: Die Betreuten sollten entweder der israelitischen Frauen- und Männerkrankenkasse angehören oder für den Krankheitsfall eine Versorgungsmöglichkeit außerhalb des Altersheims nachweisen. Zudem sahen die Statuten eine geschlechterparitätische Belegung vor. 1847, zwei Jahre nach der Gründung, lebten in der Israelitischen Versorgungsanstalt sechs Bewohnerinnen und Bewohner.
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 129
1. Dezember 1852
–
1889
Zweiter Standort der Versorgungsanstalt für Israeliten
Wollgraben 6 Frankfurt am MainWegen der steigenden Nachfrage bezog das Altersheim im Dezember 1852 ein von der Frankfurter jüdischen Gemeinde neu erworbenes Anwesen im Wollgraben 6. 1853 lebten dort 11 Bewohnerinnen und Bewohner.
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 130
22. Mai 1863
Städtische Genehmigung der Israelitischen Versorgungsanstalt
Etwa 18 Jahre nach der Gründung des jüdischen Altersheims erteilte die Stadt Frankfurt am Main per Senatsbeschluss am 22. Mai 1863 die offizielle Genehmigung.
Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution [2], S. 87
1883
Beisitzer
Simon Kirchheim1883 unterstützte Dr. Simon Kirchheim, Chefarzt des Hospitals der Frankfurter jüdischen Gemeinde („Königswarter Hospital“), das Gremium der Versorgungsanstalt als Assessor (Beisitzer).
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 130
1889
–
1. Mai 1942
Dritter Standort
Röderbergweg 77 Frankfurt am MainVon 1889 bis zur NS-Zwangsräumung 1942 befand sich die Versorgungsanstalt für Israeliten im Röderbergweg 77. Mit 47 Plätzen hatte sie sich zu einer größeren Senioreneinrichtung entwickelt. Diese Entwicklung dokumentiert den wachsenden Bedarf an außerhäuslicher Altenbetreuung auch in der alten Frankfurter jüdischen Gemeinde.
um 1911
Mitglieder des Gremiums der Versorgungsanstalt für Israeliten
Berthold GeigerAls Vorsitzender amtierte Geh. Justizrat Dr. Berthold Geiger, Kassierer war Heinrich Blüthe (Friedberger Landstraße 17). Zu den Gremiumsmitgliedern gehörten außer Dr. Simon Kirchheim und Raphael M. Kirchheim noch Simon Bock, Israel Igersheimer, Saly H. Goldschmidt, Karl Josephtal und Konsul Bernhard Wolff.
Verzeichnis der Frankfurter jüdischen Vereine, Stiftungen und Wohltätigkeitsanstalten, S. 37
1911
Informationen zur Versorgungsanstalt für Israeliten
Kirchheim, Raphael M.: Verzeichnis der Frankfurter jüdischen Vereine, Stiftungen und WohltätigkeitsanstaltenRaphael M. Kirchheim, Verfasser dieser Quelle, war Mitglied des Gremiums der Versorgungsanstalt für Israeliten.
um 1925
Informationen zur Versorgungsanstalt für Israeliten
Kirchheim, Raphael M.: Die geschlossenen und halboffenen Einrichtungen der jüdischen Wohlfahrtspflege in DeutschlandEin 1925 veröffentlichtes Verzeichnis der deutsch-jüdischen Wohlfahrtseinrichtungen gibt die Bettenzahl mit 24 (Frauen) bzw. 15 (Männer) an; als Gründungsjahr der Versorgungsanstalt ist dort statt 1845 das Jahr 1840 vermerkt.
um 1933
Leitung des Gremiums der Versorgungsanstalt
1932/33 betreute Rechtsanwalt Abraham Horovitz (Senior des Pflegamtes) das jüdische Altersheim. Für die Versorgungsanstalt engagierten sich auch weibliche Mitglieder („Ehrendamen“) wie Dr. Lina Hirsch. Auch Abraham Horovitz und Lina Hirsch stammten aus angesehenen Frankfurter jüdischen Familien.
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 130
um 1937
–
1. Mai 1942
Die letzte Leiterin des Frankfurter jüdischen Altersheims
Rosa Therese SchusterDie Kauffrau Rosa Schuster betrieb bis Oktober 1934 ein Manufakturengeschäft. Während des Novemberpogroms 1938 wurde sie aus ihrem Haus in der Alten Schlüchterner Straße 24 vertrieben. Seit 1937 oder später leitete sie das jüdische Altersheim der Versorgungsanstalt für Israeliten in Frankfurt am Main. Ihre beiden Töchter Bertha und Margot brachte sie ebenfalls im Altersheim unter.
um 1939
–
1942
Im Frankfurter jüdischen Altersheim
Margot Schuster1937 oder später wohnte Margot Schuster zusammen mit ihrer Mutter und der älteren Schwester im Frankfurter jüdischen Altersheim, gewiss ging sie ihnen zur Hand.
23. Oktober 1939
Eingliederung in die "Reichsvereinigung"
Am 23. Oktober 1939 wurde auch die Versorgungsanstalt für Israeliten von den NS-Behörden in die Reichsvereinigung der deutschen Juden zwangseingegliedert.
bis 4. Mai 1940
Haushalts- und Küchenhilfe im Frankfurter jüdischen Altersheim
Maria Steinbis Mitte 1941
Bewohner des Frankfurter jüdischen Altersheims
Salomon Hirschberger1. August 1942
Das Ende der Frankfurter jüdischen Altenhilfe
Hermesweg 5-7 Frankfurt am MainVom Hermesweg wurden die Bewohnerinnen und Bewohner des Frankfurter jüdischen Altersheims im August 1942 in das Altersghetto und Durchgangslager Theresienstadt deportiert.
Gewaltsam verschleppt aus Frankfurt, S. 385.
1983
Informationen zur Versorgungsanstalt für Israeliten
Arnsberg, Paul: Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution [2]1994
Informationen zur Versorgungsanstalt für Israeliten
Schiebler, Gerhard [Verf. des Hauptteils]; Achinger, Hans [u.a.]: Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main"Verlegung" des Altersheims
Hermesweg 5-7 Frankfurt am Main„Im Mai 1942 wurde das Jüdische Altersheim der ‚Versorgungsanstalt für Israeliten‘ aus dem Gebäude Röderbergweg 77 in den Hermesweg verlegt.“
Gewaltsam verschleppt aus Frankfurt, S. 384f.