Jüdische Pflege- geschichte

Jewish Nursing History

Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main

Kuranstalt für arme Israeliten ("Israelitische Kuranstalt")
Institution

Die private Kurklinik für bedürftige jüdische Patientinnen und Patienten mit Brust- und Lungenerkrankungen gehörte zu den Stiftungen des orthodox-jüdischen Zweigs der Frankfurter Bankiersfamilie von Rothschild. Die bekannte Institution, auch als "Israelitische Kuranstalt" oder "Jüdische Kuranstalt" bekannt, befand sich in Soden (seit 1922: Bad Soden) am Taunus bei Frankfurt am Main.

Talstraße 2 Bad Soden am Taunus

Mitbegründerin der Israelitischen Kuranstalt

Adelheid de Rothschild


Mitbegründer der Israelitischen Kuranstalt

Michael Moses Mainz


Mitbegründerin der Israelitischen Kuranstalt

Hannah Mathilde von Rothschild


Mitbegründer der Israelitischen Kuranstalt

Wilhelm Carl von Rothschild


Entstehungsgeschichte

Die Israelitische Kuranstalt entstand 1885 in Soden (seit 1922 Bad Soden) als eine koschere Verpflegungseinrichtung (Speiseanstalt). Sie versorgte bedürftige jüdische Kurgäste beiderlei Geschlechts, die an Brust- und Lungenkrankheiten litten. Stifter der Speiseanstalt war Wilhelm Carl Freiherr von Rothschild, Träger der Verein zur Verpflegung kurbedürftiger Israeliten in süddeutschen Bädern.

Bad Soden (Main-Taunus-Kreis) – Israelitische Kuranstalt, Link



Gründung der Stiftung und Erwerb des Hauses "Philosophenruh"

Michael Moses Mainz

Noch im Gründungsjahr der Stiftung, 1886, erwarb Michael Moses Mainz zwecks Errichtung der Israelitischen Kuranstalt das Haus „Philosophenruh“ in der Dachbergstraße 19 (heute Hausnr. 25) samt dem umliegenden Garten- und Wiesengelände.



Erstes Gebäude der Israelitischen Kuranstalt: Haus "Philosophenruh"

Dachbergstraße 19 Bad Soden am Taunus


Erste Oberin der Israelitischen Kuranstalt

Ida Beith

Von den Anfängen bis zu ihrem Tod im Jahre 1918 leitete Ida Beith 32 Jahre lang als Oberin und Verwalterin die koschere Verpflegungseinrichtung und die nachfolgende Kuranstalt für arme Israeliten.



Förderung der eigentlichen Kurklinik durch die Frankfurt-Loge

B’’nai B’rith Frankfurt Schönstädt Loge e.V. (Vorgängerin: Frankfurt-Loge des Ordens Bne Briss (U.O.B.B.))


Hauptstandort der Israelitischen Kuranstalt

Talstraße 2 Bad Soden am Taunus

Vor allem durch Mathilde von Rothschilds großzügige Förderung wurde am Abhang des Dachbergs die eigentliche Kuranstalt errichtet und 1889 mit anfangs 22 Betten eröffnet. Die Klinikverwaltung hatte ihren Sitz in der Talstraße 2. Die Zahl der hauptsächlich unter Lungenkrankheiten leidenden Gäste stieg von 10 auf bis zu 35 Patientinnen und Patienten. Der wachsende Kurbedarf – die Kurgäste kamen aus ganz Europa nach Bad Soden – erforderte auch für die Israelitische Kuranstalt weitere Anbauten. Teilweise wohnten die Kurgäste in Häusern an der Dachbergstraße, wurden aber in der Kuranstalt betreut und verpflegt.



Erster leitender Arzt: Dr. med. Heinrich Mayer

Heinrich Mayer


Einweihung der eigentlichen Kurklinik

Hannah Mathilde von Rothschild

Dank der großzügigen Förderung Hannah Mathilde von Rothschilds entstand 1889 aus der bisherigen begrenzten Pflegeeinrichtung die eigentliche Israelitische Kuranstalt mit 22 Betten. Sie wurde am Sonntag, den 26. Mai 1889, feierlich eingeweiht (Frankfurter Zeitung Nr. 148, 28.05.1889, AB, S. 2 [Frankfurter Angelegenheiten vom Tage].



Aus dem Jahresbericht von 1889

Dem Jahresbericht 1889 der Kurklinik entnahm die Zeitschrift „Der Israelit“ vom 12. Mai 1890 folgende Angaben: „Das durch die Großmut der Freifrau Wilhelm von Rothschild [d.i. Mathilde von Rothschild, d.V.] erbaute Haus, Speisesaal und Küche enthaltend, mit schöner, luftiger Veranda, wurde seiner Bestimmung übergeben. 133 Patienten (gegen 98 im Vorjahre) [em]pfangen Pflege durch Herrn Dr. Heinrich Mayer. Wie dem angefügten Berichte des Arztes zu entnehmen ist, waren von den Patienten 75 Männer, 58 Frauen, der jüngste 10, der älteste 81 Jahre, Deutsche 126, Russen 6, Österreicher 1 …“

Bad Soden (Main-Taunus-Kreis) – Israelitische Kuranstalt, Link



Freibettstiftung durch die Witwe Sara Kulp

1900 errichtete Sara Kulp zum Andenken an ihren verstorbenen Ehemann Menko Marx Kulp eine Freibettstiftung für die Kuranstalt.



Chefarzt der Israelitischen Kuranstalt

Max (Markus Marx) Isserlin

Von seiner Ankunft 1900 in Bad Soden bis zum NS-Novemberpogrom 1938 leitete Dr. Max Isserlin die Kuranstalt. Er war zudem langjähriger Vorsitzender des Badeärztlichen Vereins sowie zeitweise Vorsteher der Sodener jüdischen Gemeinde.



Freibettstiftungen als Vermächtnis von Susmann Una

Sussmann (Susmann) Una (Unna)

Der Wohltäter Sussmann Una hinterließ der Kuranstalt 24.000 Mark zur Errichtung von Freibettstiftungen.



Umfangreiche Modernisierung

Zwischen 1902 und 1905 richtete die Kuranstalt eine Waschanstalt, ein Desinfektionsgebäude, eine Badeanstalt sowie separate Räume für Tuberkulosekranke ein.

Wo Sodens Kurgäste logierten, S. 117



Weitere Baumaßnahmen

1909 entstand ein großer Anbau für moderne Röntgenanlagen. Hierzu kamen eine separate Milchküche, bessere Wohnräume für das Personal sowie die Vergrößerung der Veranda.

Wo Sodens Kurgäste logierten, S. 117



Literatur zur Israelitischen Kuranstalt

Anonym.: Zum 25jährigen Jubiläum der Sodener Kuranstalt für arme Israeliten


Informationen zur Israelitischen Kuranstalt Bad Soden

Anonym.: 25 Jahre Frankfurt-Loge


Verwundeten-Lazarett im Ersten Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg versorgte die Israelitische Kuranstalt in ihrem eigens eingerichteten Lazarett verwundete und erholungsbedürftige Soldaten.



Zweiter Vorsitzender der Israelitischen Kuranstalt in Bad Soden

Michael Moses Mainz

Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 146



Erster Vorsitzender der Israelitischen Kuranstalt in Bad Soden

Elieser (Elias, Eliazar) Rosenbaum

Dem Vorstand der Stiftung gehörten zudem Theodor Fürth (Kassierer) und Daniel A. Worms (Ökonom) an.

Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 146



Oberin der Israelitischen Kuranstalt (Nachfolgerin von Ida Beith)

Jenny Jeidel


Literatur zur Israelitischen Kuranstalt

Gut, Elias: Geschichte der Frankfurt-Loge 1888-1928


Vorübergehende Zwangsschließung

Auch die Kuranstalt war seit der nationalsozialistischen Machtübernahme Repressalien ausgesetzt. 1936 erzwang der Bürgermeister deren Schließung. Da es an anderweitigen Behandlungsmöglichkeiten für jüdische Kranke mangelte, wurde diese Maßnahme nach einiger Zeit wieder aufgehoben.



Literatur zur Israelitischen Kuranstalt

Kallmorgen, Wilhelm: Siebenhundert Jahre Heilkunde in Frankfurt am Main


Tod von Max Tannenbaum (2. Vorsitzender der Kuranstalt)

Bad Soden (Main-Taunus-Kreis) – Israelitische Kuranstalt, Link



Literatur zur Israelitischen Kuranstalt

Rund um den Feldberg



Archivalie/Fotografien: HHStAW \ 3008/1 (1938)

Kallmorgen, Wilhelm: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Allgemeine Bildersammlung Bad Soden

HHStAW \ 3008/1, Allgemeine Bildersammlung: Bad Soden: brennende Israelitische Kuranstalt; Bad Soden: Israelitische Kuranstalt nach dem Brand [Bilderserien 1938, fotogr. v. Lothar Schilling, Kopien im StA BS].



Literatur zur Israelitischen Kuranstalt

Lilienthal, Saul: Jüdische Wanderungen in Frankfurt am Main, Hessen, Hessen-Nassau


Assistenzarzt

Harry Brauer

Harry Brauers Tätigkeit als Assistenzarzt in der Kuranstalt für arme Israeliten währte nur kurz: Während des Novemberpogroms 1938 legte ein Nazi-Trupp mitten in der Nacht Feuer. Die jüdische Einrichtung brannte bis auf die Grundmauern nieder. Zuvor hatten die Brandstifter die lungenkranken Patientinnen und Patienten aus der Klinik hinaus in die winterliche Kälte getrieben.



"Arisierung"

Die gesamte Anlage der Kurklinik ging 1940 in den Besitz der Stadt Bad Soden über.



Errichtung eines Gedenksteins mit Bronzetafel

Gedenkstein _Kuranstalt für arme Israeliten, Bad Soden

Seit 1982 erinnert ein Gedenkstein an die zerstörte und nicht wieder aufgebaute jüdische Institution. Die Inschrift der Bronzetafel lautet: „Hier stand die Israelitische Kuranstalt. Sie wurde am 10. November 1938 von hiesigen Nationalsozialisten verwüstet und niedergebrannt. Die Bewohner wurden verjagt.“

Fotografie vom 15.08.2013 © Dr. Birgit Seemann



Literatur zur Israelitischen Kuranstalt

Schiebler, Gerhard [Verf. des Hauptteils]; Achinger, Hans [u.a.]: Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main


Literatur zur Israelitischen Kuranstalt

Ullrich, Erika; Vetter, Edith: Wo Sodens Kurgäste logierten


Informationen zur Israelitischen Kuranstalt

Ullrich, Erika; Vetter, Edith: Bad Soden (Main-Taunus-Kreis) - Israelitische Kuranstalt

(Aufruf der Website am 03.03.2014)



Informationen zur Israelitischen Kuranstalt

Ullrich, Erika; Vetter, Edith: Bad Soden (Main-Taunus-Kreis)

(Aufruf der Website am 03.03.2014)



Archivalie: Sign. 277: Kuranstalt für arme Israeliten von 1885 (Bad Soden im [sic] Taunus), Laufzeit 1957

Ullrich, Erika; Vetter, Edith: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main / Stiftungsabteilung


Grabstätten

Jüdischer Friedhof Bad Soden am Taunus

Das Verzeichnis des jüdischen Friedhofs enthält 288 Namen, u.a. von zwei Krankenschwestern sowie Kurgästen und Patienten der israelitischen Kuranstalt im heutigen Bad Soden (damals Soden).

Jüdischer Friedhof Bad Soden am Taunus, Link



Verwandte Institutionen

Villa Aspira (jüdisches Kurheim)


Sig 6839