Jüdische Pflege- geschichte

Jewish Nursing History

Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main

Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Alexandria
Institution

Das Krankenhaus der jüdischen Gemeinde (Hôpital de la Communauté Israélite) in Alexandria (Ägypten) wurde von der Stiftung Baron Behor de Menasce getragen.

Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Alexandria

Personal des Krankenhauses in Alexandria

Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde in Alexandria / Personal des Krankenhauses. Nach 1932.

Stationen einer jüdischen Krankenschwester, S. 37



Chefarzt in Alexandria

Fritz Katz

Von 1932 bis zu seiner Verhaftung im Jahre 1960 war Fritz Katz Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Jüdischen Krankenhauses in Alexandria.



Dauer der Einrichtung

Im März 1932 war der Bau des Krankenhauses der Jüdischen Gemeinde Alexandria fertig gestellt. Als Termin der Einweihung bzw. Eröffnung des Krankenhauses nannte Thea Levinsohn-Wolf den Juli 1932 (an anderer Stelle auch den Juni 1932). Trotz des guten Rufes des Krankenhauses auch bei vielen arabischen Patientinnen und Patienten erzwang Präsident Gamal Abdel Nasser 1961 die Schließung der jüdischen Einrichtung.

Stationen einer jüdischen Krankenschwester, S. 38, S. 136, S. 162



Errichtung eines Schwesternhauses

Thea Levinsohn-Wolf

Auf Anregung und unter Mitwirkung von Thea Wolf entstand auf dem Gelände des neuen jüdischen Krankenhauses von Alexandria ein Schwesternhaus.



Oberschwester am Jüdischen Krankenhaus Alexandria

Thea Levinsohn-Wolf

Gleich nach der Eröffnung im Juli 1932 wurde Thea Wolf Oberschwester der chirurgischen Abteilung des jüdischen Krankenhauses in Alexandria. Als OP-Schwester war sie für zwei Operationssäle verantwortlich. Zudem begleitete sie Prof. Mainzer und Dr. Katz, die öfters von hohen ägyptischen Staatsbeamten bis hin zu den Mitgliedern der Königsfamilie angefordert wurden, bei deren Hausbesuchen.



Eröffnung

Das im März 1932 fertig gestellte Jüdische Krankenhaus in Alexandria (Hôpital de la Communauté Israélite) wurde im Juli 1932 eröffnet. Bei der feierlichen Einweihung waren Ägyptens König Fuad I mit einigen Ministern und der Gouverneur der Stadt Alexandria anwesend. Der Oberrabbiner Dr. David Prato brachte die Mesusa an der Haupteingangstür des Krankenhauses an. Obwohl das Krankenhaus auch arabische und nichtjüdische europäische Patientinnen und Patienten aufnahm, kam allein die jüdische Gemeinde Alexandria für die Finanzierung auf.

Stationen einer jüdischen Krankenschwester, S. 38



Kriegsauswirkungen in Alexandria

Thea Levinsohn-Wolf

Während des Afrikakriegs litt Alexandria fast zwei Jahre lang unter italienischen und deutschen Luftangriffen. Die Bombardierungen beschädigten auch Teile des Krankenhausgebäudes. Personal und Patienten des Jüdischen Krankenhauses Alexandria überlebten im Luftschutzkeller. Angesichts zahlreicher Verwundeter stieg der Behandlungsbedarf. Als die Nazi-Front näher rückte, flüchtete die jüdische Bevölkerung mit ägyptischer Hilfe vorübergehend aus Alexandria. Die tödliche Bedrohung endete mit der deutschen Niederlage bei El-Alamein im November 1942.



Zweiter Weltkrieg in Ägypten

Thea Levinsohn-Wolf

Im Laufe des Zweiten Weltkriegs rückte die nationalsozialistische Bedrohung auch für die jüdische Bevölkerung im Nahen und Mittleren Osten immer näher. Von seinem Kolonialgebiet Libyen aus griff das faschistische Italien unter Benito Mussolini im September 1940 Ägypten an, das unter britischer Herrschaft stand. Im Februar 1941 trat das „Deutsche Afrikakorps“ unter Erich Rommel erfolgreich in den Wüstenkrieg ein, der dann aber am 13. Mai 1943 mit der Kapitulation der deutsch-italienischen Heeresgruppe Afrika endete. Letztlich verhinderte der Sieg der alliierten Truppen (Briten, Amerikaner, Australier, Südafrikaner, Exiltruppen, jüdische Brigade) über die Deutschen einen Massenmord an den jüdischen Gemeinden des Vorderen Orients: In Athen stand bereits ein „Einsatzkommando“ unter dem berüchtigten SS-Sturmbannführer Walter Rauff („Erfinder“ der Gaswagen) bereit.



Thea Levinsohn-Wolf 1944 im Garten des Jüdischen Krankenhauses in Alexandria

Thea Levinsohn-Wolf

Nachweis: Thea Levinsohn-Wolf, Stationen einer jüdischen Krankenschwester. Deutschland – Ägypten – Israel, Frankfurt am Main 1996, S. 82



In ägyptischer Haft (Nasser-Regime)

Fritz Katz

Fast drei Jahrzehnte lang leitete Fritz Katz die Chirurgie des angesehenen Jüdischen Krankenhauses in Alexandria. Im Vorderen Orient genoss er als Mediziner einen ausgezeichneten Ruf. Dennoch verhaftete ihn das Nasser-Regime im Januar 1960 als angeblichen Spion für Israel. Fritz Katz drohte das Todesurteil, doch verurteilte ihn ein ägyptisches Gericht nach 18-monatiger Haft in einem Schauprozess „nur“ zu 10 Jahren Zwangsarbeit. Auf Initiative u.a. der deutschen Bundesregierung kam er im März 1962 wieder frei.

Stationen einer jüdischen Krankenschwester, S. 136ff.



Thea Levinsohn-Wolf zum Judentum im Krankenhaus von Alexandria

Thea Levinsohn-Wolf

Über jüdische Feiern im Krankenhaus von Alexandria berichtete Thea Levinsohn-Wolf: „Jede Brith-Milah (Beschneidung eines Knaben) war nicht nur ein freudiges Ereignis für die jeweilige Familie, sondern … auch für das Personal. Wir hatten im ersten Stock des Krankenhauses einen großen Saal für diese Zeremonie und andere Feierlichkeiten zur Verfügung. Alle Anwesenden wurden mit einem Tellerchen mit gezuckerten Mandeln beschenkt. Das Tellerchen war oft aus Silber.“

Stationen einer jüdischen Krankenschwester, S. 40



Thea Levinsohn-Wolf zum Personal des Jüdischen Krankenhauses Alexandria

Thea Levinsohn-Wolf

Nach Thea Levinsohn-Wolfs Angaben stand Prof. Dr. Fritz Mainzer (zuvor Universität Rostock) der Inneren Medizinischen Abteilung des Jüdischen Krankenhauses Alexandria vor. Dr. Fritz Joel aus Berlin leitete das umfangreiche Laboratorium. Thea Levinsohn-Wolf war von der internationalen Zusammensetzung des Krankenhauspersonals beeindruckt: „Das Büropersonal, Apotheken-, Röntgen-, Küchen-, Wäscherei-, Labor- und Hilfspersonal, die Krankenpflegerinnen, Ärzte, sie bildeten ein buntes Gemisch – wie beim Turmbau zu Babel: Araber, Griechen, Italiener, Malteser, Österreicher, Engländer, Franzosen, einige deutsche Krankenpflegerinnen, die in Ägypten geboren und in Deutschland ausgebildet worden waren, und ägyptische Juden. Die erste Hebamme war eine russische Jüdin. Sie wurde bei Entbindungen auch ins Königshaus und zu allen Verwandten der königlichen Familie gerufen.“ Zu den anderen Krankenhäusern Ägyptens sowie den freien Arztpraxen wurde der kollegiale Austausch gepflegt.

Stationen einer jüdischen Krankenschwester, S. 38



Thea Levinsohn-Wolf zum Umgang mit anderen Religionen im Jüdischen Krankenhaus Alexandria

Thea Levinsohn-Wolf

Thea Levinsohn-Wolf hob die religiöse Aufgeschlossenheit im Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Alexandria hervor: „Wir hatten einen Hausrabbiner, dessen Hauptaufgabe u.a. darin bestand, neben den sterbenden Patienten zu sein, mit ihnen zu beten, auch bei den Toten bis zu deren Bestattung zu bleiben und die religiösen Waschungen der Verstorbenen zu begleiten. Selbstverständlich konnte jeder Kranke einen Priester seiner Religion zu sich bitten. So lernten wir Priester sämtlicher Religionen kennen. Sie alle wurden von uns immer mit der ihnen gebührenden Ehrerbietung empfangen.“

Stationen einer jüdischen Krankenschwester, S. 40



Thea Levinsohn-Wolf zur interkulturellen Pflege im Jüdischen Krankenhaus Alexandria

Thea Levinsohn-Wolf

Thea Levinsohn-Wolf zeigte den interkulturellen Pflegealltag im Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Alexandria auf: „Wir waren eine gute Mischung aus Menschen guten Willens aus vielerlei Nationen und Religionen und taten allen Kranken gegenüber unsere Pflicht. Auch die Patienten bildeten ein buntes Gemisch. Sie kamen aus allen Schichten der ägyptischen Bevölkerung, aber auch aus den umliegenden Ländern – Syrien, Libanon, Jordanien, dem damaligen Aden [d.i. Jemen, d.V.], Äthiopien, Irak, Persien, Griechenland, Zypern und Libyen; und natürlich kamen auch Engländer, Franzosen, Tschechoslowaken, Armenier, Weißrussen, die nach der russischen Revolution nach Ägypten geflohen waren, Schweizer, Sudanesen, Italiener und Deutsche.“

Stationen einer jüdischen Krankenschwester, S. 38f.



Thea Levinsohn-Wolf zur Pflegeethik im Jüdischen Krankenhaus Alexandria

Thea Levinsohn-Wolf

An der im Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Alexandria praktizierten Pflegeethik hatte die Oberschwester Thea Levinsohn-Wolf großen Anteil: „… wir nahmen uns vor, das Krankenhaus so zu führen, wie wir es vom Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main her gewohnt waren: hohes medizinisches Niveau, gute Pflege, menschliche Wärme und Verständnis den Patienten gegenüber, gegenseitige Hilfsbereitschaft und enge Zusammenarbeit des gesamten Personals zum Wohle der Kranken, Behandlung jedes Pflegebedürftigen, der an unsere Pforte klopfte, egal welcher Hautfarbe und Nationalität, sei er arm oder reich, Jude, Christ oder Araber.“

Stationen einer jüdischen Krankenschwester, S. 38



Jüdisches Krankenhaus Alexandria / Gebäude

Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Alexandria

Nach den Angaben der Oberschwester Thea Levinsohn-Wolf entwarf ein italienischer Architekt das Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Alexandria nach dem Vorbild eines Palazzos. Die modern ausgestattete Einrichtung verfügte u.a. über eine Röntgenabteilung, ein Laboratorium und eine Apotheke.



Literatur zum Jüdischen Krankenhaus in Alexandria

Aharoni, Ada; Wolf, Thea: Thea


Literatur zum Jüdischen Krankenhaus in Alexandria

Levinsohn-Wolf, Thea: Stationen einer jüdischen Krankenschwester

Informationen und Abbildungen zum Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Alexandria enthält Thea Levinsohn-Wolfs Lebensbeschreibung „Stationen einer jüdischen Krankenschwester“.



Literatur zum Jüdischen Krankenhaus in Alexandria

Levinsohn-Wolf, Thea; Aharoni, Ada: The Jewish Hospital in Alexandria


Literatur zum Jüdischen Krankenhaus in Alexandria

Aharoni, Ada: Not in Vain


Sig 6772