Jüdische Pflege- geschichte

Jewish Nursing History

Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main

Freiherrlich Wilhelm u. Freifrau Mathilde von Rothschild`sches Altersheim für Israelitische Frauen und Jungfrauen besserer Stände
Institution

1903 rief Hannah Mathilde von Rothschild in Frankfurt am Main für alleinstehende jüdische Frauen das 'Freiherrlich Wilhelm u. Freifrau Mathilde von Rothschild`sches Altersheim für Israelitische Frauen und Jungfrauen besserer Stände'" ins Leben. Es wurde mit 25 Plätzen auf der Zeil 92 (späterer Standort der Kaufhäuser Hansa

Zeil 92 Frankfurt am Main

Rothschild´sche Villa / Rothschild´sches Frauenaltersheim

Rothschild’sches Palais (Zeil)

Nach ihrer Heirat im Jahre 1849 bewohnten Mathilde und Wilhelm von Rothschild ein Palais auf der Zeil 92. Nach ihrem Umzug in das neue Rothschild´sche Palais auf dem Gelände des heutigen Grüneburgparks blieb das Zeil-Palais im Rothschild´schen Besitz: „[…] das Haus, in welchem der hochselige Freiherr Anselm von Rothschild sein frommes Leben vollbracht und der hochselige Freiherr Wilhelm von Rothschild viele Jahre hindurch seinen frommen Studien obgelegen hat“, stellten Mathilde von Rothschild und ihre Töchter Adelheid und Minka 1903 dem von ihnen gestifteten jüdischen Frauenaltersheim zur Verfügung.

Statut der Stiftung: Freiherrlich Wilhelm u. Freifrau Mathilde von Rothschild`sches Altersheim für Israelitische Frauen und Jungfrauen besserer Stände, S. 3 (Zitat)



Angaben zur Institution

Zeil 92 Frankfurt am Main

Das Rothschild’sche Altersheim wurde 1903 auf der Zeil 92 (alte Hausnummer: 34) in Frankfurt am Main eröffnet. Es verfügte über 25 Plätze. Zur Institution gehörte auch das Haus Liebigstraße 24. „Zweck der Stiftung war die Gewährung eines gesicherten Heimes gegen eine die Selbstkosten nicht übersteigende Vergütung für alleinstehende israelitische Frauen besserer Stände mit makellosem Lebenswandel.“
Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main, S. 119



Gründerin, Stifterin, Ehrenpräsidentin

Hannah Mathilde von Rothschild

Mathilde von Rothschild kümmerte sich aktiv um Stiftung und Altersheim; sie amtierte als erste Ehrenpräsidentin des ansonsten männlich besetzten Vorstands: „Außerdem soll ein Mitglied der Familie des Freiherrn Wilhelm Carl von Rothschild stets das Ehrenpräsidium der Stiftung führen, wobei die weiblichen Mitglieder stets den Vorzug vor den männlichen Mitgliedern haben sollten.“ Einen Teil der Räumlichkeiten des Altersheims (ihres früheren Wohnsitzes) nutzte sie selbst; sie „Freifrau Mathilde von Rothschild hat sich für ihre Person vorbehalten, die drei Zimmer nach der Vorderseite des Parterres, das Hinterhaus sowie eine Kellerabteilung für sich zu verwenden.“

Statut der Stiftung: Freiherrlich Wilhelm u. Freifrau Mathilde von Rothschild`sches Altersheim für Israelitische Frauen und Jungfrauen besserer Stände, S. 6, S. 7



Die Stifterin des Rothschild´schen Altersheims für jüdische Seniorinnen

Minna Caroline (Minka) von Goldschmidt-Rothschild


Errichtung der Stiftung

Die Stiftung für das Altersheim errichtete Mathilde von Rothschild am 27. März 1903 zum Andenken an ihren verstorbenen Ehemann Wilhelm Carl von Rothschild. Beteiligt waren ihre beiden Töchter Adelheid de Rothschild und Minka von Goldschmidt-Rothschild. Am 13. Mai 1903 folgte die staatliche Genehmigung.



Statut des Rothschild´schen Altersheims



Statut des Rothschild´schen Altersheims



Angestellte des Rothschild´schen Altersheims

Jenny Hahn

1917 wurde die junge Jenny Hahn Angestellte des Rothschild´schen Altersheims. Dem Heim, in dem sie auch wohnte, blieb sie über zwei Jahrzehnte lang verbunden.
Museum Judengasse Frankfurt am Main / Datenbank Gedenkstätte Neuer Börneplatz, Interne Datenbank



Verwalterin des Rothschild´schen Altersheims

Jenny Hahn

1930 stieg Jenny Hahn, langjährige Angestellte des Rothschild´schen Altersheims, zu dessen Verwalterin auf. Diese Funktion übte sie bis zu ihrem Emigrationsversuch 1939 oder länger (Auflösung des Heims) aus.

Museum Judengasse Frankfurt am Main / Datenbank Gedenkstätte Neuer Börneplatz, Interne Datenbank



Bewohnerin des Rothschild´schen Altersheims

Johanna Herzberg

Johanna Herzberg war Witwe, ihre beiden Töchter lebten nicht in Frankfurt am Main.

Museum Judengasse Frankfurt am Main / Datenbank Gedenkstätte Neuer Börneplatz, Interne Datenbank



Bewohnerin des Rothschild´schen Altersheims

Adelheid Stiebel


Köchin im Rothschild´schen Altersheim

Judith Allmeyer

Museum Judengasse Frankfurt am Main / Datenbank Gedenkstätte Neuer Börneplatz, Interne Datenbank



Bewohnerin

Karoline Bing

Karoline Bing konnte 1939 aus Nazideutschland flüchten.



Eingliederung in die "Reichsvereinigung"

Am 27. September 1940 wurde auch das Rothschild´sche Altersheim von den NS-Behörden in die Reichsvereinigung der deutschen Juden zwangseingegliedert. Wie lange das Frauenaltersheim unter NS-Bedingungen fortbestand ist bislang ebenso ungeklärt wie der Verbleib von Personal und Bewohnerinnen.



NS-Zwangsräumung des Rothschild´schen Altersheims und Verlegung in das Frankfurter jüdische Krankenhaus

Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main

Nach dem Bericht des Gestapo-Beauftragten bei der Jüdischen Wohlfahrt Ernst Holland wurde das Rothschild´sche Altersheim zwischen dem 1. Juli und dem 30. September 1941 zwangsgeräumt. „Die Insassen wurden in verschiedene Altersheime verlegt, überwiegend in das Pflegheim des Jüdischen Krankenhauses […]. Um die Belegungsmöglichkeiten in diesem zu erhöhen, wurde der Betsaal geschlossen und zur Benutzung als Schlafraum eingerichtet.“

Dokumente zur Geschichte der Frankfurter Juden 1933-1945, S. 471



Rückgabe des Grundstücks Zeil 92 an die JRSO

1949 übergab die Stadt Frankfurt am Main das in der NS-Zeit „arisierte“ Grundstück Zeil 92 an die jüdische Restitutionsnachfolger-Organisation JRSO (Jewish Restitution Successor Organization Inc.).



Verkauf an das Kaufhaus Hansa

1952 erfolgte der Verkauf des Grundstücks Zeil 92 an das Kaufhaus Hansa (später Hertie, Karstadt). Eine Gedenktafel, die an das frühere Rothschild´sche Altersheim für jüdische Frauen erinnert, existiert bislang nicht (Stand Februar 2012).



Literatur zum Rothschild´schen Altersheim

Arnsberg, Paul: Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution [2]


Literatur zum Rothschild´schen Altersheim (Roman)

Seide, Adam: Rebecca oder ein Haus für Jungfrauen jüdischen Glaubens besserer Stände in Frankfurt am Main


Literatur zum Rothschild´schen Altersheim

Schiebler, Gerhard [Verf. des Hauptteils]; Achinger, Hans [u.a.]: Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main


Sig 6814