Jüdische Pflege- geschichte

Jewish Nursing History

Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main

Carolinum (Heilanstalt)
Institution

Das von Hannah Louise von Rothschild 1890 begründete Krankenhaus für bedürftige Patientinnen und Patienten wurde nach dem "Pariser Modell" errichtet, einer damals in Frankfurt einzigartigen Kombination von Zahnklinik, Laboratorium und Krankenstation. Im Verlauf ihrer Spezialisierung entwickelte sich die Heilanstalt Carolinum zu einer zentralen Einrichtung der Frankfurter Zahnheilkunde. Bürgerstraße 7, Frankfurt am Main

Bürgerstraße 7 Frankfurt am Main

Geschichte des Carolinum

Gutzkowstraße 53 Frankfurt am Main

Zwei Jahre vor ihrer offiziellen Gründung nahm die Heilanstalt Carolinum als öffentliche Zahnklinik für kostenfreie Behandlung ihre Arbeit auf. Anfangs nutzte sie die Räumlichkeiten der Dr. Bockenheimer´schen Chirurgischen Klinik in der Gutzkowstraße. Kurz darauf bezog sie zwei gemietete Zimmer in der Altstadt, 1889 größere Räume in der Neuen Kräme.

100 Jahre Freiherr-Carl-von-Rothschild’sche Stiftung Carolinum, S. 27



Standort

Bürgerstraße 7 Frankfurt am Main

Die damalige Bürgerstraße ist die heutige Wilhelm-Leuschner-Straße (zugleich gibt es in Frankfurt am Main weiterhin eine Bürgerstraße).

Berühmte Frankfurter Frauen, S. 79



Gründung der Heilanstalt Carolinum

Hannah Louise von Rothschild

Hannah Louise von Rothschild stiftete die Heilanstalt Carolinum zum Andenken an ihren geliebten, zu Lebzeiten ebenfalls wohltätigen Vater Mayer Carl von Rothschild (1820-1886). Das Carolinum ist nach seinem Vornamen „Carl“ benannt. Aus Paris brachte Hannah Louise von Rothschild die Idee einer hochmodernen Zahnpflegeeinrichtung mit, die sie vor allem den Armen widmete. Am 16. Oktober 1890 vollendete sie mit tatkräftiger Unterstützung des Rothschild´schen Hausarztes Dr. Jakob de Bary die offizielle Gründung der Heilanstalt Carolinum. Das Gebäude der Rothschild-Stiftung in der Bürgerstraße 7 berherbergte eine Zahnklinik, ein ärztliches Laboratorium und eine Krankenstation mit Patientenbetten. Endlich fanden mittellose Frankfurterinnen und Frankfurter, die sich mangels einer gesetzlichen Krankenversicherung eine Zahnbehandlung nicht leisten konnten, fachliche Hilfe. Die Einrichtung stand allen Religionen und Konfessionen offen.



Engagement für Patientinnen und Patienten

Hannah Louise von Rothschild

Hannah Louise von Rothschild „spendete nicht nur eine Million Goldmark für die Errichtung und Ausstattung ihrer Stiftung, sondern arbeitete darin selbst als Krankenschwester. Ihre besondere Fürsorge galt dabei den zahnkranken Patienten“. Durch ihren frühen Tod konnte sich die Stifterin nur in den Jahren 1890 bis 1892 um das Carolinum kümmern.

Berühmte Frankfurter Frauen, S. 79



Stiftungsnachfolgerin ihrer Tochter

Louise von Rothschild

Nach Hannah Louise von Rothschilds frühem Tod sorgte ihre Mutter Louise für die Fortführung von Stiftung und Krankenhaus.



Umbau

Carolinum (Heilanstalt)

Wegen der großen Patientennachfrage wurde die Heilanstalt Carolinum bereits 1893 umgebaut, die Raumaufteilung wie folgt verändert: Souterrain: Wirtschaftsräume; Erdgeschoss: Zahnklinik, Wartezimmer, Operationsraum, Ambulanz, Büro; 1. Etage: Vier Krankenzimmer, Pflegerinraum; 2. Etage: Sitzungszimmer, ein Zimmer für Pflegerinnen, ein Zimmer für die Hausvorsteherin, Speisezimmer, Reserveraum; Dachgeschoss: Laboratorium der Zahnklinik, Personalwohnung, Lager- und Vorratsraum.

100 Jahre Freiherr-Carl-von-Rothschild’sche Stiftung Carolinum, S. 31



"Dirigierender Arzt der Stiftung"

Rudolf Oehler

Von 1893 (diese zeitliche Angabe widerspricht dem biographischen Eintrag bei Kallmorgen 1936, nach dem sich Rudolf Oehler erst 1895 wieder in Frankfurt niederließ) bis 1908 (Auflösung der medizinischen Abteilung) war Dr. Oehler leitender Arzt der Heilanstalt Carolinum.
100 Jahre Freiherr-Carl-von-Rothschild’sche Stiftung Carolinum, S. 31



Vorsitzender des Stiftungsvorstands

(Johann) Jakob de Bary

Von 1893 bis zu seinem Tod im Jahre 1915 amtierte Jakob de Bary als Vorsitzender des Stiftungsvorstands des Carolinum (Heilanstalt sowie Zahnklinik).



Unterstützung durch Hannah Louise von Rothschilds Schwestern

Hannah Louise von Rothschild

Behördliche Hindernisse und kostspielige, aber notwendige Umbauten des Krankenhauses führten zeitweise zu finanziellen Engpässen. Seit 1894 erhielt die Stiftung des Carolinum deshalb mehrfach großzügige Zuwendungen durch Hannah Louises Schwestern Baronin James von Rothschild, Baronin Sal. von Rothschild, Lady Rothschild und Prinzessin von Wagram.

100 Jahre Freiherr-Carl-von-Rothschild’sche Stiftung Carolinum, S. 29f.



Georg Antz (1907-1909 Leiter der Zahnärztlichen Abteilung der Heilanstalt Carolinum) als Wehrpflichtiger (Einjähriger), datiert 01.10.1904

Georg Antz

Antz, Georg – Personenfoto / Dr. Georg Antz als Wehrpflichtiger (Einjähriger), datiert vom 01.10.1904.

Das Foto stellte uns dankenswerter Weise Dr. Antz‘ Enkelin zur Verfügung.

© Bettina Kraus



Leiter der Zahnärztlichen Abteilung

Georg Antz

Zwei Jahre lang leitete Georg Antz die Zahnärztliche Abteilung der Heilanstalt Carolinum.



Auflösung der medizinischen Abteilung

1908 gab das Carolinum die medizinische Abteilung auf und konzentrierte sich auf die Zahnheilkunde.



Alte und neue Einrichtung

Carolinum (Zahnklinik)

Die Heilanstalt Carolinum legte den Grundstein für die heutige Ausbildungsstätte und Zahnklinik Carolinum.



Behandlungskonzept nach dem "Pariser Modell"

Das Carolinum vereinigte erstmals Zahnklinik, Ambulatorium und Krankenstation unter einem Dach. Das für Frankfurt neuartige Behandlungskonzept entsprach dem aus Amerika eingeführten medizinischen und pflegerischen Modell einer Pariser Klinik, die die Stifterin Hannah Louise von Rothschild vor Ort besichtigt hatte.



Jüdische Wohltätigkeit (Zedaka)

Carolinum (Zahnklinik)

Zusätzlich übernahm die Heilanstalt Carolinum die Erziehung und Pflege von bis zu vier Waisenkindern. Die Unterstützung sozial Benachteiligter entsprach ganz dem persönlichen Anliegen der Stifterin Hannah Louise von Rothschild und dem von ihr praktizierten jüdischen Gebot der Wohltätigkeit (Zedaka). Wirtschaftlichen Zwängen zum Trotz kann die heutige Zahnklinik Carolinum – dank der beteiligten Rothschild-Stiftung – die Tradition der Mildtätigkeit fortsetzen, so in der zahnmedizinischen Behandlung behinderter Kinder.



Stiftung

Freiherr Carl von Rothschild’sche Stiftung Carolinum


Sig 8395