Jüdische Pflege- geschichte

Jewish Nursing History

Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main

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Carolinum (Zahnklinik), Institution

  • Infolge der Spezialisierung der Heilanstalt Carolinum auf die Zahnheilkunde entstand die Zahnklinik und Ausbildungsstätte Carolinum: ab 1910 Zahnärztliches Institut der Stiftung "CAROLINUM"; ab 26.10.1914 Zahnärztliches Universitäts-Institut der Stiftung "CAROLINUM". Der Name der bis heute in Frankfurt angesehenen und bekannten Einrichtung lautet: Zahnärztliches Universitäts-Institut der Stiftung Carolinum - Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der J. W. Goethe- Universität, abgekürzt: ZZMK (Carolinum).
  • Standort

    Theodor-Stern-Kai 7, Frankfurt am Main

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Chronik

01.10.1904

Georg Antz (1907-1909 Leiter der Zahnärztlichen Abteilung der Heilanstalt Carolinum) als Wehrpflichtiger (Einjähriger), datiert 01.10.1904Antz, Georg - Personenfoto

Abbildung: Antz, Georg - Personenfoto

Das Foto stellte uns dankenswerter Weise Dr. Antz' Enkelin zur Verfügung.

1908

Aktualisierung von Stiftungszweck und Statuten

In der Neufassung der Satzung von 1908 blieb der Grundgedanke der Wohltätigkeit erhalten. Der letzte Absatz wurde mit Blick auf die geplante Frankfurter Stiftungsuniversität wie folgt formuliert: "Unentgeltliche Beratung und Behandlung Zahnkranker - Unentgeltliche Lieferung von Gebissen und Ersatzstücken an Unbemittelte - Zahnärztliche Untersuchung der die Bürgerschulen der Stadt besuchenden Kinder - Ausbildung und Weiterbildung von Studierenden der Zahnheilkunde und Zahnärzten."

12.01.1909 - 1917

Neuer Leiter am CarolinumProf. DDS Fritz Schäffer-Stuckert

Noch zur Zeit des "alten" Carolinum bestellte die Rothschild-Stiftung den international ausgebildeten und angesehenen Zahnarzt Fritz Schäffer-Stuckert DDS (Dr. of dental surgery) zum Direktor des Zahnärztlichen Instituts. In dieser Eigenschaft wirkte er maßgeblich an der Planung des "neuen" Carolinum in der Ludwig-Rehn-Straße mit. Dr. Schäffer-Stuckert leitete seit 1910 die Chirurgische und Extraktionsabteilung, ab 1915 die Konservierende Abteilung (dieses Fach vertrat er an der neuen Stiftungsuniversität Frankfurt am Main als Lehrbeauftragter). Seiner Berufung zum Professor folgte 1917 ein baldiger Rücktritt.

1910 - 1919

Zahnarzt am "alten" und "neuen" CarolinumDr. med. dent. Georg Antz

Georg Antz gehörte zu den Medizinern am Carolinum, die sowohl in der Heilanstalt als auch - zeitweise als Leiter der Konservierenden Abteilung - in der nachfolgenden Zahnklinik praktizierten.

01.01.1910 - 30.04.1945

OberinLuise (Louise Caroline) de Bary

Schwester Luise de Bary trat ihren Dienst zum 1. Januar 1910 an. Der tüchtigen und engagierten Oberin oblag das Kassenwesen und die Vorratshaltung. Selbst nach ihrer Pensionierung am 1. April 1940 blieb sie dem Carolinum noch bis zum 30. April 1945 als planmäßige Oberschwester erhalten. Der Einrichtung bis zu ihrem Tod 1964 verbunden, unterstützte Luise de Bary u.a. die Anschaffung von Fachbüchern für die Bibliothek.

01.1910 - 04.1978

Zweiter Standort und neue Struktur als "Kopfklinik"Ludwig-Rehn-Straße 14, Frankfurt am Main

Am 4. Januar 1910 wurde die neue Zahnklinik in einem von der Rothschild-Stiftung errichteten Neubau in der Ludwig-Rehn-Straße 14 (Stadtteil Sachsenhausen) feierlich eröffnet. Heute befindet sich dort (Stand: Mai 2010) u.a. die Kindertageseinrichtung die Eltern-Kind-Gruppe Ludwig-Rehn-Straße e.V. Das "neue" Carolinum basierte - als künftige Einrichtung der geplanten Frankfurter Stiftungsuniversität - auf einer für damalige Universitätsinstitute üblichen Dreiteilung: Chirurgische und Extraktionsabteilung (Leiter: Dr. Fritz Schaeffer-Stuckert DDS); Konservierende Abteilung (Leiter: Zahnarzt Dr. Georg Antz); Technische (später Prothetische) Abteilung (Leiter: Zahnarzt Dr. phil. Carl Fritsch); zusätzlich die Schulzahnklinik (Leitung: Zahnarzt Veith). - "Das Grundkonzept des Stiftungsgebäudes Ludwig-Rehn-Straße war fortschrittlich: In einem Haus wurden die Hals-, Nasen- und Ohrenklinik (HNO) sowie die Augenklinik, die sich auch heute [1990] noch dort befinden, mit der Zahnklinik zu einer "Kopfklinik" zusammengefaßt".

Wilhelm Kallmorgens Recherchen zufolge wurde mit dem Carolinum "ein Abkommen geschlossen, dass die bisher in der Bürgerstraße befindliche Klinik als Zahnärztliches Institut dem Krankenhaus Sachsenhausen angegliedert wurde". Der Neubau Ludwig-Rehn-Straße des Carolinum (zuvor Bürgerstraße) entstand deshalb auf dem Gelände des angrenzenden Städtischen Krankenhauses Sachsenhausen (Gartenstraße 229).

28.09.1912

Stiftungsvertrag der Universität Frankfurt am Main

Am 28. September 1912 gehörte die Stiftung Carolinum, vertreten durch den Vorstand, zu den Mitunterzeichnerinnen des Stiftungsvertrags der Universität Frankfurt am Main.

26.10.1914

Offizielle Eröffnung der Stiftungsuniversität Frankfurt am Main

01.04.1915

Carolinum nimmt Lehrbetrieb auf

17.05.1915 - 1953

Wichtiges Mitglied des VorstandsDr. med. Dr. med. dent. h.c. August (Georg Ludwig) de Bary

Nach dem Tod des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Jakob de Bary wurde sein Sohn August de Bary am 17. Mai 1915 einstimmig in den Vorstand des Carolinum gewählt. Die Vorstandspolitik gestaltete er maßgeblich mit, was dem Carolinum während der NS-Zeit zugute kam. Von 1944 bis 1953 amtierte August de Bary auch offiziell als Vorstandsvorsitzender.

23.11.1915

Erneute Statutenänderung

Wegen der neuen Funktion des Carolinum als Zahnärztliches Universitäts-Institut erfolgte am 23. November 1915 eine weitere Statutenänderung: Sie legte die Ausübung zahnärztlicher Tätigkeit gegen Entgelt sowie die Aus- und Weiterbildung von Studierenden der Zahnheilkunde und von Zahnärzten fest.

1917 - 1934

Leiter jüdischer HerkunftProf. Dr. med. Erich Feiler

Von 1917 bis zu seiner erzwungenen Emigration 1934 leitete Prof. Erich Feiler in der Nachfolge Prof. Schäffer-Stuckerts die Konservierende Abteilung. 1918 wurde er zum außerordentlichen Professor der Universität Frankfurt am Main berufen. Nicht der Vorstand der Stiftung, sondern antisemitisch aufgehetzte Studierende unterstützten die nationalsozialistische Vertreibung des angesehenen Mediziners aus Universität und Institut. - Über weitere Mitarbeiter/innen jüdischer Herkunft am Carolinum - z.B. Krankenschwestern und -pfleger - und deren Verbleib in der NS-Zeit ist noch zu recherchieren.

Um 1918

Kleine Fotoserie aus dem Carolinum: Behandlungsfoto aus der Zahnklinik Carolinum (Dr. Georg Antz in der der Mitte hinter dem behandelnden Arzt), undatiert (um 1918)Antz, Georg - Carolinum 1

Abbildung: Antz, Georg - Carolinum 1

Um 1918

Kleine Fotoserie zum Carolinum: Behandlungsraum, um 1918Antz, Georg - Carolinum 2

Abbildung: Antz, Georg - Carolinum 2

Um 1918

Kleine Fotoserie zum Carolinum: medizinisches und pflegerisches Personal am Eingang der Zahnklinik (Dr. Georg Antz, dritter von rechts, stehend), um 1918Antz, Georg - Carolinum 3

Abbildung: Antz, Georg - Carolinum 3

Um 1918

Kleine Fotoserie zum Carolinum: Militärzahnstation während des Ersten Weltkriegs (Dr. Georg Antz sitzend am Schreibtisch), datiert 1914-1918Antz, Georg - Carolinum 4

Abbildung: Antz, Georg - Carolinum 4

1933 - 1945

Das Carolinum in der NS-Zeit

Als jüdische Gründung kämpfte das Carolinum in der Nazi-Zeit trotz seines nichtjüdischen Stiftungsvorstands mit erheblichen Behinderungen. Gegen die brutalen Maßnahmen der braunen Machthaber, die Erinnerung an die jüdischen Stifter/innen und ihre vielfältigen Verdienste restlos zu tilgen, konnte zumindest der Institutsname "Carolinum" verteidigt werden. Vor allem verhinderte der geschickt agierende Vorstand die Eingliederung (faktisch Auflösung) des Carolinum in die "Reichsvereinigung der Juden". Das Carolinum hat als einzige jüdische Stiftung in Frankfurt den Nationalsozialismus überdauert.

10.1943 - 09.1944

Beschädigung durch LuftangriffeCarolinum (Zahnklinik)

Die alliierten Luftangriffe auf das nationalsozialistische Frankfurt am Main beschädigten mehrmals auch das Carolinum: Betroffen waren Dach- und Kellergeschoss sowie der Anbau des Stiftungsgebäudes.

28.07.1945

Verbleib der Carolinum-Akten

"Es ist noch hinzuzufügen, dass nach Angaben von Herrn A.[ugust] de Bary vom 28. Juli 1945 das gesamte Archiv des Vorstands der Stiftung mit allen Akten über das Carolinum in der Wohnung von Herrn Dr. Pachten während der Bombennächte des Zweiten Weltkriegs ein Raub der Flammen wurde. Nach dem Kriege konnten diese Unterlagen nur teilweise von anderen Stellen wieder neu beschafft werden." (Justizrat Dr. jur. Ferdinand Pachten war von 1915 bis 1944 Vorsitzender des Vorstands des Carolinum.)

1948 - 1967

Wiederaufbau und Erweiterung des CarolinumCarolinum (Zahnklinik)

Auch nach 1967 wurden Erweiterungsmaßnahmen durchgeführt.

1978

Bezug des neuen GebäudesCarolinum (Zahnklinik)

1978 verließ das Carolinum das Stiftungsgebäude und bezog einen Neubau auf dem Klinikumgelände Theodor-Stern-Kai 7. Im weiteren Verlauf wurden Ausbau- und Erweiterungsmaßnahmen vorgenommen.

Seit 04.1978

Dritter StandortTheodor-Stern-Kai 7, Frankfurt am Main

2009

CarolinumCarolinum

Abbildung: Carolinum

Haupteingang neues Carolinum

2009

CarolinumCarolinum

Abbildung: Carolinum

Eingang altes Carolinum

2010

Literatur über jüdische Sozialethik in der ZahnmedizinJüdische Sozialethik in der Zahnmedizin

2010

Literatur zum CarolinumFräulein Rothschilds Vermächtnis

2012

Literatur zum CarolinumSorge tragen für die armen Brüder

2012

Trägerwechsel

Als Folge der Verhandlungen zwischen der Freiherr Carl von Rothschild’schen Stiftung Carolinum, der Goethe-Universität Frankfurt am Main (Stiftungsuniversität) und dem Land Hessen wird das Carolinum seit 2012 von der Universität Frankfurt getragen. Das Carolum gehört zum Fachbereich Medizin, sein traditionsreicher Name bleibt erhalten: http://www.med.uni-frankfurt.de/zahnklinik/index.html (Aufruf v. 03.05.2012).

Notizen

Alte und neue EinrichtungCarolinum (Heilanstalt)

Die Heilanstalt Carolinum legte den Grundstein für die heutige Ausbildungsstätte und Zahnklinik Carolinum.

Homepage des Carolinum (Goethe-Universität Frankfurt am Main)Carolinum (Homepage)

Jüdische Wohltätigkeit (Zedaka)Carolinum (Heilanstalt)

Zusätzlich übernahm die Heilanstalt Carolinum die Erziehung und Pflege von bis zu vier Waisenkindern. Die Unterstützung sozial Benachteiligter entsprach ganz dem persönlichen Anliegen der Stifterin Hannah Louise von Rothschild und dem von ihr praktizierten jüdischen Gebot der Wohltätigkeit (Zedaka). Wirtschaftlichen Zwängen zum Trotz kann die heutige Zahnklinik Carolinum - dank der beteiligten Rothschild-Stiftung - die Tradition der Mildtätigkeit fortsetzen, so in der zahnmedizinischen Behandlung behinderter Kinder.

Literatur zum CarolinumCarolinum (Heilanstalt)