Johanna (Johanne) Sämann
- geboreneLevi
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Geboren
25.02.1891 in Altengronau (Provinz Hessen-Nassau / Preußen)
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Gestorben
Um 1944 in Riga (Lettland)?
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Nationalität
deutsch -
Konfession
jüdisch
Chronik
12.1850 - Um 12.1930
Familiengeschichte / Lebensdaten der Mutter Mirjam (Mari) Levi
Die Krankenschwester Johanna Sämann geb. Levi entstammte einer angesehenen und gebildeten Familie aus dem ländlichen Judentum. Ihre Mutter Mirjam (urk.: Mari) Levi geb. Sulzbacher wurde im Dezember 1850 vermutlich in Mergentheim (Bad Mergentheim, Main-Tauber-Kreis, Baden-Württemberg) geboren. Ihr Bruder Hirsch Sulzbacher, Johannas Onkel, war Lehrer in Groß-Bieberau (Landkreis Darmstadt-Dieburg). Mirjam Levi starb kurz vor ihrem 80. Geburtstag in Altengronau. In einem Nachruf in "Der Israelit" vom 4. Dezember 1930 heißt es: "Mit Frau Levi ist eine jener herrlichen jüdischen Frauengestalten von uns geschieden, wie sie leider in jetziger Zeit immer seltener werden. Als Tochter des R. David Sulzbacher das Andenken an den Gerechten ist zum Segen von Mergentheim, der in schöner Harmonie Tora und Landessitte als Geschäftsmann in sich vereinigte, war sie zeitlebens [...] bemüht, die im elterlichen Hause angeeigneten Grundsätze und Lehren in die Tat umzusetzen."
Um 1854 - 06.1926
Familiengeschichte / Lebensdaten des Vaters Raphael Levi
Johanna Sämanns Vater Raphael Levi wurde um 1854 geboren. Viele Jahre lang wirkte er als Sofer (Torarollenschreiber), Schochet (Schächter) und Friedhofsverwalter der osthessisch-jüdischen Gemeinde Altengronau. Er starb 1926 mit über 70 Jahren. In einem Nachruf auf Raphael Levi im "Der Israelit" vom 10. Juni 1926 heißt es: "Hervorgegangen aus einer berühmten Gelehrtenfamilie schon der Großvater des Gestorbenen hatte hier die göttliche Arbeit des Torarollenschreibens ausgeübt war auch er ein seltener Gottesfürchtiger und in seinem Fache ein Künstler, wovon die von ihm geschriebenen Torarollen und hergestellten Tefillin [Gebetsriemen, d.V.] ein beredtes Zeugnis ablegen."
13.09.1869
Familiengeschichte / Lebensdaten des Ehemanns Sigmund Sämann
Johanna Levis späterer Ehemann Sigmund Sämann entstammte dem süddeutschen Landjudentum: Er wurde am 13. September 1869 in Sugenheim (Marktgemeinde im mittelfränkischen Landkreis Neustadt a.d.Aisch - Bad Windsheim, Bayern) geboren. Seiner 1894 mit Ida Jonas (geb. in Fürth) geschlossenen Ehe entstammte Gretchen Sämann (geb. 14.11.1895 in Sugenheim). Seit dem 1. April 1908 lebte der Witwer Sigmund Sämann in Nürnberg.
23.02.1886
Familiengeschichte / Geburtsdatum der Schwester (und Kollegin) Sara Levi
Johanna Sämanns Schwester Sara Levi (geb. 23.02.1886 in Altengronau) arbeitete ebenfalls als Krankenschwester des Vereins für jüdische Krankenpflegerinnen Nürnberg.
16.06.1887
Tod des Großvaters Rabbiner David Sulzbacher
Ihren Großvater, den am 16. Juni 1887 in Mergentheim verstorbenen jüdischen Toragelehrten Rabbi David Sulzbacher, lernte Johanna Sämann nicht mehr kennen.
25.02.1891
Geburtsdatum / Geschwister
Johanna (urk.: Johanne) Sämann geb. Levi wurde am 25. Februar 1891 in Altengronau (heute Gemeinde Sinntal, Main-Kinzig-Kreis, Hessen) geboren. Sie war die zweitjüngste von acht Schwestern, die alle in Altengronau zur Welt kamen: Clara Oppenheimer geb. Levi (geb. 29.03.1882, wohnhaft in Marktbreit, 14.03.1942 Deportation ab Nürnberg in das Ghetto Izbica (Lublin, Polen)); Mina Levi (geb. 10.05.1883), Therese Levi (geb. 23.12.1884, wohnhaft in Marktbreit, 1942 Deportation in das Ghetto Izbica (Lublin, Polen)), Sara Levi (23.02.1886 - 26.03.1933 Vacha/Thüringen), Hedwig Levi (geb. 21.10.1887), Berta Levi (geb. 30.03.1889), Sophie Levi (geb. 17.11.1892).
Um 1912 - Um 1916
Krankenpflege in Frankfurt am Main?
Vermutlich begann sich Johanna Levi um 1912 (mit 21 Jahren volljährig) für den Pflegeberuf zu interessieren. Da sie aus Osthessen kam, könnte sie in der Stadt Frankfurt am Main erste Erfahrungen gesammelt haben.
01.03.1917 - 02.1918
Lehrschwester in Breslau für den Nürnberger jüdischen SchwesternvereinVerein für jüdische Krankenpflegerinnen und Israelitisches Schwesternheim Nürnberg
Anfangs wurden die Nürnberger jüdischen Schwestern in Berlin, seit 1907 am Breslauer jüdischen Krankenhaus ausgebildet. Am 1. März 1917 wurde Johanna Levi (später verheiratete Sämann, Schwester von Sara Levi) in Breslau als Lehrschwester für den Nürnberger jüdischen Schwesternverein aufgenommen.
03.1918 - Um 1924
Mitglied des Nürnberger jüdischen SchwesternvereinsVerein für jüdische Krankenpflegerinnen und Israelitisches Schwesternheim Nürnberg
Nach bestandenem Schwesternexamen in Breslau zog Johanna Sämann nach Nürnberg um. Im März 1918 wurde sie Mitglied des Nürnberger jüdischen Schwesternvereins und blieb es vermutlich bis zu ihrer Heirat 1924.
1920 - Um 1924
Kolleginnen in Nürnberg (und zuvor auch in Frankfurt?)Ruth (Retha) Kahn
21.02.1924
Eheschließung mit Sigmund Sämann
Am 21. Februar 1924 heiratete Johanna Levi in Nürnberg den über 20 Jahre älteren Kaufmann und Witwer Sigmund Sämann. Seine Tochter Gretchen Weiß geb. Sämann aus erster Ehe war nur vier Jahre jünger als ihre Stiefmutter. Die Familie wohnte in Nürnberg. Dort führten Sigmund und Johanna Sämann in ihrem Haus Fürther Straße 26a ein Geschäft für "Kurz-, Weiß- und Galanteriewaren" (Schneidereibedarf, Nähzubehör, Unterwäsche und Accessoires).
Quelle:
18.12.1924
Geburt des Sohnes Gerhard Sämann
Johanna und Sigmund Sämanns Sohn Gerhard wurde am 18. Dezember 1924 in Nürnberg geboren. Bei der Geburt ihres ersten und einzigen Kindes war Johanna Sämann bereits 33 Jahre alt, ihr Mann zählte 55 Jahre.
06.10.1936
Emigration der Stieftochter Gretchen Weiß nach Südafrika
Johanna Sämanns Stieftochter Gretchen hatte am 20.10.1919 in Nürnberg den Kaufmann Max Weiß (geb. 07.01.1885 im bayerisch-schwäbischen Altenstadt, Amt Illertissen) geheiratet. Mit ihrem Ehemann und der gemeinsamen Tochter Eva Lotte Weiß (geb. 08.06.1921) verließ sie am 6. Oktober 1936 Nazideutschland in Richtung Johannesburg (Südafrika).
29.11.1941
Deportation von Johanna, Sigmund und Gerhard Sämann nach RigaBuch der Erinnerung
Am 29. November 1941 wurden Johanna, Sigmund und Gerhard Sämann von Nürnberg (Bahnhof Märzfeld, Stadtteil Langwasser) nach Riga-Jungfernhof (Außenlager Ghetto Riga / Lettland) deportiert. Johanna Sämanns Mann war über 70 Jahre alt, ihr Sohn ein 16-jähriger Schüler. Vielleicht konnte die gelernte Krankenschwester anderen Leidensgenossen helfen. Ob sich im Deportationszug weitere Angehörige und Verwandte der Familie Sämann befanden, bleibt noch zu erforschen.
26.03.1942
Ermordung von Sigmund Sämann
Im Außenlager Riga-Jungfernhof gehörte Sigmund Sämann zu den Opfern der Selektion vom 26. März 1942; Selektionen trafen vor allem Ältere, Kranke und Kinder. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde er im Waldgebiet von Bikernieki bei Riga erschossen und in einem Massengrab verscharrt.
Um 1944
Todestag
Johanna Sämann starb vermutlich um 1944 in oder bei Riga. Die Umstände und das Datum ihrer Ermordung sind bislang unbekannt.
09.08.1944
Weitere Deportation von Gerhard Sämann nach Stutthof
Am 9. August 1944 wurde der inzwischen 19-jährige Gerhard Sämann vom KZ Kaiserwald (Riga) in das KZ Stutthof bei Danzig (Polen) deportiert. Dort wurde er mit hoher Wahrscheinlchkeit ermordet. Die Nationalsozialisten haben Johanna Sämanns kleine Familie vernichtet; es gibt keine Nachkommen.
1984 - 1990
Gedenkblätter für den Ehemann Sigmund SämannGedenkstätte Yad Vashem: Zentrale Datenbank der Namen der Shoah-Opfer
Verwandte reichten 1984, 1986 und 1990 Gedenkblätter für Sigmund Sämann ein, deren Angaben weiter zu prüfen sind.
1990
Gedenkblatt für den Sohn Gerhard SämannGedenkstätte Yad Vashem: Zentrale Datenbank der Namen der Shoah-Opfer
Eine Verwandte reichte 1990 ein Gedenkblatt für Gerhard Sämann ein, dessen Angaben weiter zu prüfen sind.
1990
Gedenkblatt für Johanna SämannGedenkstätte Yad Vashem: Zentrale Datenbank der Namen der Shoah-Opfer
Eine Verwandte reichte 1990 ein Gedenkblatt für Johanna Sämann ein, dessen Angaben weiter zu prüfen sind.
1998
Literatur zur Familie SämannGedenkbuch für die Nürnberger Opfer der Schoa
1999
Gedenkblatt für Johanna SämannGedenkstätte Yad Vashem: Zentrale Datenbank der Namen der Shoah-Opfer
Ein Neffe reichte 1999 ein Gedenkblatt für Johanna Sämann ein, dessen Angaben weiter zu prüfen sind.
2000
Literatur zur Familie SämannSpuren und Fragmente
2001
Literatur zur Familie Sämann und zur jüdischen Gemeinde SugenheimDie Juden in Sugenheim und Ullstadt
2004
Informationen (Fotos) zur Gedenkstätte Riga-BikerniekiBesuch an der Holocaust-Gedenkstätte im Wald von Bikernieki, Riga
2006
Informationen zur jüdischen Gemeinde Sugenheim und der Familie SämannOur Family - Isaac of Sugenheim and his Descendants
2006
Literatur zu Johanna SämannDer Judenfriedhof in Altengronau
2019
Literatur zu Johanna SämannDie jüdische Schwester ist längst heimisch geworden in unserer Stadt
Gleiche HerkunftsregionGerda Görtler (verw. Finkelscherer, gesch. Kolb)
Gerda (Adler) Görtler und Johanna (Levi) Sämann kamen beide aus der unterfränkisch-hessischen Spessartregion. Die jüdischen Verstorbenen von Mittelsinn (Gerda Adlers Geburtsort) wurden auf dem Jüdischen Friedhof von Altengronau (Johanna Sämanns Geburtsort) beerdigt. Es ist möglich, dass die beiden Krankenschwestern oder ihre Familien einander kannten.
Bis 1941
Letzte Wohnadresse ("Ghettohaus") von Johanna SämannLenbachstraße 4, Nürnberg
Vor ihrer Deportation 1941 von Nürnberg nach Riga wiesen die NS-Behörden Johanna Sämann, ihren Ehemann Sigmund und ihren Sohn Gerhard in ein "Ghettohaus" (NS-Jargon: "Judenhaus"), Lenbachstraße 4, ein.