Jüdische Pflege- geschichte

Jewish Nursing History

Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main

Gumpertz’sches Siechenhaus: biographische Wegweiser

Minka von Goldschmidt-Rothschild, Fotografie von einem Gemälde (ohne Jahr)
Minka von Goldschmidt-Rothschild, Fotografie von einem Gemälde (ohne Jahr)
© Courtesy of the Leo Baeck Institute (Paul Arnsberg Collection)

1905 stellte sich mit der Bankiers- und Stifterfamilie von Goldschmidt-Rothschild eine finanzkräftige Förderin ein: Zum Gedenken an die erst 45-jährig verstorbene Minka von Goldschmidt-Rothschild (1857-1903) errichteten ihre Mutter Mathilde von Rothschild und der Witwer Max von Goldschmidt-Rothschild eine unselbständige Stiftung, nachfolgend unterstützt von Minkas fünf Kindern Albert, Rudolf, Lili, Lucy und Erich sowie ihrer in Paris lebenden Schwester Adelheid de Rothschild. Minka (eigentlich Minna Caroline, vgl. Lenger 1994; siehe auch Rothschild 1994) war die jüngste der drei Töchter von Mathilde und Wilhelm Carl, des 1901 verstorbenen letzten Frankfurter Bankiers Rothschild. Selbst eine engagierte Stifterin ‒ u.a. gründete sie das bis heute bestehende Rothschild´sche Damenheim für sozial schwache Mieterinnen ‒ hat Minka möglicherweise schon zu Lebzeiten das Gumpertz´sche Pflegeprojekt unterstützt. 1907 errichtete die an den Verein Gumpertz´sches Siechenhaus angegliederte Minka von Goldschmidt-Rothschild-Stiftung im Röderbergweg 62-64 ein großes modernes Gebäude (‚Vorderhaus‘), weshalb das Heim mitunter auch ‚Rothschild´sches Siechenhaus‘ genannt wurde; zusammen mit einer weiteren, kleineren, später restaurierten Villa (‚Hinterhaus‘) bildete es das Gumpertz´sche Siechenhaus. 1938 vertrieben die NS-Machthaber die alteingesessene jüdische Familie von Goldschmidt-Rothschild (vgl. u.a. Heuberger (Hg.) 1994a u. 1994b; Kasper-Holtkotte 2010; Liedtke 2006: 109f.; siehe auch Ferguson 2002) in die Schweiz, zuvor verlor sie ihre gesamten Frankfurter Besitztümer (ISG Ffm: Sammlung Personengeschichte S 2: Sign. S2/12.001). Nach dem Ende des NS-Regimes kehrte eine Enkelin Minkas, Nadine von Mauthner, wieder in ihre Geburtsstadt zurück, wo sie ihre Herkunft lange Zeit verbarg (ebd., Sign. 18.355). Ihr Vater und Minkas ältester Sohn, der Bankier und Diplomat Albert von Goldschmidt-Rothschild, nahm sich 1941 das Leben und wurde im Exil-Familiengrab der von Goldschmidt-Rothschilds in Lausanne beerdigt (vgl. auch Lessing Gymnasium 1998).

Dr. med. Alfred Günzburg: Gründungsarzt und Förderer der jüdischen Krankenpflege

Er war in uneigennützigster, aufopferndster Weise für unsere Anstalt tätig, und seinem Wirken ist das rasche Emporblühen der Anstalt mit zu verdanken. Besonders verdient machte er sich um die sanitäre und praktische Gestaltung des Prachtbaues [‚Vorderhaus‘ des Siechenhauses, B.S.] der Minka von Goldschmidt-Rothschild-Stiftung, der unter seiner verständnisvollen Leitung errichtet wurde“ (GumpSiechenhaus 1909: 5).

So würdigte der Vorstand des Gumpertz´schen Siechenhauses seinen scheidenden Gründungsarzt, den am 27. März 1861 in Offenbach am Main geborenen Internisten Dr. med. Alfred Günzburg. Nach ihm ist die ‚Günzburgsche Reaktion‘ (auch ‚Günzburg-Reagenz‘, ‚Günzberg-Probe‘) benannt, ein von ihm entwickeltes diagnostisches Verfahren zum Nachweis erhöhter Magensäure. Vom Siechenhaus wechselte Dr. Günzburg zum 1. Januar 1909 als Chefarzt der Inneren Abteilung an das Frankfurter Israelitische Gemeindehospital (Königswarterstraße) und ab 1914 an das neu eröffnete Krankenhaus der jüdischen Gemeinde (Gagernstraße), an dessen Planung er mitwirkte. Am Königswarter Hospital war er bereits jahrelang tätig und hatte dort die beiden ersten jüdischen Krankenschwestern in Deutschland, Rosalie Jüttner aus Posen und Minna Hirsch aus Halberstadt, ausgebildet. An der Professionalisierung und Etablierung der Krankenpflege als jüdischem Frauenberuf nahm er großen Anteil, u.a. 1893 als Mitinitiator des in Frankfurt am Main gegründeten ersten Vereins für jüdische Krankenpflegerinnen und 1904 als Mitorganisator der ersten Delegiertenversammlung der deutsch-jüdischen Ausbildungsvereine für die Krankenpflege. Ende 1935 vertrieben die Nationalsozialisten den über 70-jährigen Alfred Günzburg aus Deutschland. Er ließ sich im damaligen Palästina nieder, wohin 1933 bereits sein Sohn Dr. med. Ludwig Günzburg (geb. 1895 in Frankfurt/M.), zuvor praktischer Arzt in Frankfurt und im Verein sozialistischer Ärzte engagiert, geflüchtet war. Alfred Günzburg verstarb 1945 mit 84 Jahren in Ramoth Hashavim bei Tel Aviv, wo sein Sohn ein Heim der Cupath Cholim für chronisch Kranke leitete (vgl. Günzburg 1946 [Nachruf]; Toren 2005). Ludwig Günzburg, der die erste Reha-Klinik in Israel aufbaute, verstarb 1977 (vgl. Drexler [u.a.] 1990: 35).
Alfred Günzburgs Nachfolger als Chefarzt des Gumpertz´schen Siechenhauses wurde 1910 der praktische Arzt Dr. med. Jakob Meyer (vgl. Kallmorgen 1936: 354 sowie GumpSiechenhaus 1913ff.). Als Dr. Meyer im Ersten Weltkrieg als Stabsarzt der Reserve diente, leitete sein Stellvertreter Dr. med. Gustav Löffler (vgl. Kallmorgen 1936: 341) vorübergehend das Siechenhaus samt Verwundeten-Lazarett (vgl. GumpSiechenhaus 1913ff.). Namentlich bekannt sind zudem folgende Ärzte (ebd. 1909: 5): der praktische Zahnarzt Heinrich Borchard (vgl. Kallmorgen 1936: 229), der Kinderarzt Dr. Max Plaut (ebd.: 373), der Chirurg Dr. Otto Rothschild (ebd.: 390) und der Augenarzt Dr. Michael Sachs (ebd.: 393). Zur älteren Medizinergeneration (1850er Jahrgänge) am Siechenhaus gehörten der praktische Arzt Dr. Hermann Schlesinger (ebd.: 400) und der Ohrenarzt Dr. Heinrich Seligmann (ebd.: 411).

Fotografie von Dr. Richard Merzbach, ohne Jahr [um 1900]
Fotografie von Dr. Richard Merzbach, ohne Jahr [um 1900]
© Jüdisches Museum Frankfurt am Main

Der letzte Präsident: Dr. jur. Richard Merzbach
Nach Ferdinand Gamburg, Charles L. Hallgarten und Julius Goldschmidt wurde der Rechtsanwalt und Notar Dr. jur. Richard Merzbach letzter Präsident des Vereins Gumpertz´schen Siechenhauses. Geboren wurde er am 26. Oktober 1873 in Frankfurt am Main (vgl. Dölemeyer/Ladwig-Winters 2004: 174). Nach noch zu verifizierenden Angaben (vgl. http://www.geni.com/people/Richard-Joseph-Merzbach/6000000000158338859, letzter Aufruf aller Links im Artikel am 30.08.2016) war er der Sohn von Marie geb. Heim aus Fürth und Emanuel Merzbach aus Offenbach am Main und verheiratet mit Trude (Gertrude) geb. Alexander aus Königsberg i.Pr. In seiner Geburtsstadt Frankfurt amtierte Dr. Merzbach zeitweise als (liberaler) Präsident der Jüdischen Gemeindevertretung. Sein besonderes Interesse galt den jüdischen Pflegeinstitutionen: 1911 gehörte er dem Vorstand der Israelitischen Frauenkrankenkasse und (spätestens) 1917 des Gumpertz´schen Siechenhauses an.
Die im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main vorliegenden Akten (z.B. ISG Ffm: Magistratsakten Sign. 8.957) dokumentieren, wie standhaft der Jurist Merzbach nach der NS-Machtübernahme 1933 die Existenz des Siechenhauses verteidigte. Die Zwangsauflösung des Pflegeheims um 1939 und die Verlegung seiner Bewohner/innen in das letzte Gumpertz´sche Domizil am Danziger Platz 15 konnte er nicht verhindern. Schon 1935 hatten die NS-Behörden Richard Merzbach das Notariat entzogen, am 1. Dezember 1938 folgte das NS-Berufsverbot als Rechtsanwalt und die Löschung aus dem Anwaltsverzeichnis. Im Oktober 1938 flüchtete das Ehepaar Merzbach in die USA.
Dr. Richard Merzbach starb am 22. August 1945 in Seattle, seine Frau Trude offenbar nur wenige Tage später am 25. August 1945. Ihre Töchter waren schon 1933 aus Nazideutschland geflüchtet: Edith Alice Lobe arbeitete im US-Exil als Sozialarbeiterin (vgl. Nachruf v. Dave Birkland: http://community.seattletimes.nwsource.com/archive/), Hilde Birnbaum (vgl. Nachruf v. Mary Spicuzza: http://community.seattletimes.nwsource.com/archive/) studierte Wirtschaftswissenschaft und war mit dem Mathematikprofessor Zygmunt William Birnbaum verheiratet. Sie engagierten sich für ein fortschrittliches Sozial- und Gesundheitssystem und machten sich als Bürgerrechtlerinnen für soziale Gerechtigkeit und Frauenemanzipation einen Namen. Richard Merzbach wäre bestimmt stolz auf seine kämpferischen Töchter gewesen.

Die Seele des Hauses: Hermann Seckbach, Verwalter und Autor

Hermann Seckbach, Publikation „Das Glück im Hause des Leids, Titelblatt


Für Hermann Seckbach, von 1904 bis 1939 Verwalter des Gumpertz´schen Siechenhauses, war diese Stellung Beruf und Berufung zugleich. Verlässliche biographische Daten sind schwer zu ermitteln, entstammt er doch der von Heddernheim (heute Stadtteil von Frankfurt) und Frankfurt am Main bis nach Halberstadt (Sachsen-Anhalt) verzweigten Familie Seckbach (vgl. Klamroth 2006), in der die männlichen Vornamen ‚Lassar‘ (auch Elazar, Lazar, Lazarus) und ‚Hermann‘ häufiger vorkamen; vielleicht war er auch mit dem Architekten Max Seckbach verwandt. Im Ersten Weltkrieg verwaltete Hermann Seckbach zusätzlich das im Gumpertz´schen Siechenhaus eingerichtete Verwundeten-Lazarett. Am 7. März 1919 heiratete er Oberin Rahel Spiero, ihre Tochter Ruth Rosalie kam noch im gleichen Jahr zur Welt. Anlässlich seines 25jährigen Dienstjubiläums meldete das Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main (Heft 4, Dezember 1929: 154): „Neben seiner aufopfernden, fürsorglichen Tätigkeit hat sich Herr Seckbach um die Gründung der ganz aus Stiftungen errichteten Anstaltssynagoge – deren künstlerische Eigenart bei Insassen und Besuchern eine weihevolle Stimmung auslöst – besonders verdient gemacht“. 1939 vertrieben ihn die Nationalsozialisten aus seiner Lebensstellung ins englische Exil.
Auch seine Publikationen zu jüdischen und sozialen Themen (vgl. Seckbach 1917, 1918a, 1918b, 1928, 1933) hat der Autor Hermann Seckbach, gerade in wirtschaftlichen Notzeiten, ganz in den Dienst der Öffentlichkeitsarbeit für das Gumpertz´sche Siechenhaus gestellt. 1917 informierte er in den Frankfurter Nachrichten über das (offiziell) 25-jährige Bestehen des Pflegeheims (ders. 1917). 1918 warb er in der Zeitschrift Im deutschen Reich des Centralvereins Deutscher Staatsbürger Jüdischen Glaubens um eine bessere „Soziale Fürsorge für jüdische Nerven- und Gemütskranke!“ (ders. 1918b). Über sein Buch „Sabbatgeist“. Erzählungen und Skizzen hieß es in einer Kurzrezension im Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt a. Main (Juni 1928, Heft 10): „Das Büchlein ist aus der Anschauungswelt des überlieferten Judentums erwachsen und kann, trotzdem es keine literarischen Ansprüche erhebt, als Lektüre für die Jugend um so mehr empfohlen werden, als der Reinerlös dem Gumpertz´schen Siechenhaus zufließt.“ Ebenso verfuhr Hermann Seckbach mit seinen Einkünften aus dem nachfolgenden Buch Der Seder auf Schloß Grüneburg. Erzählungen aus der Kinderecke (ders. 1933). Seine wohl eindrucksvollste Veröffentlichung ist die 1918 erschienene Schrift Das Glück im Hause des Leids. Skizzen aus einem Krankenhaus und Lazarett in der Kriegszeit; er hat sie „Meinem lieben Bruder Lassar Seckbach, Halberstadt“ (ders. 1918a) gewidmet. In erzählerischen Miniaturen hat Hermann Seckbach Bewohnerinnen und Bewohnern wie der blinden und gelähmten Rabbinertochter Rosa Dobris (ebd.: 18-21) ein Denkmal gesetzt.

Engagierte Bewohnerinnen und Bewohner: „Gustchen“ und Siegmund Keller
Hermann Seckbachs Einblick in die komplexe und ganz eigene Innenwelt eines (hier jüdischen) Heims für chronisch Gebrechliche und unheilbar Kranke offenbart zugleich dessen fortschrittliches Pflegekonzept: statt entmündigender Verwahrung die Förderung größtmöglicher Eigenständigkeit. Im Gumpertz´schen Siechenhaus hatte jede Biographie ihren Platz, konnten Betreuer/innen und Betreute voneinander lernen. Eines seiner liebevollen Porträts widmete Seckbach einem infolge einer Kopfgeschwulst sehbehinderten Mädchen namens „Gustchen“ (vermutlich „Auguste“, der Familienname ist nicht überliefert): „Umgeben von 60 anderen Leidensgenossen war sie, die Blinde, ein Lichtblick. […] Um bald sechs raus, um schnell den Schwerleidenden einen heißen Morgentrunk zu bringen. Und dann ging´s von Zimmer zu Zimmer, ein lustiges Liedchen trällernd, um allen Liebesdienste zu erweisen. […] So sehr die Schwestern auf ihrem Platze waren, Gustchen, das frohe Gustchen, mußte immer dabei sein, wenn es galt, die Kranken zu betten, hier einer Gelähmten beizustehen, dort einer Fiebernden Kühlung zu bringen“ (Seckbach 1918a: 60).
Weiteres erfahren wir aus einem Zeitungsbericht der Besucherin Fanny Cohn-Neßler: „In der Frauenabteilung bemerkte ich ein 17jähriges Mädchen in Größe eines sechsjährigen Kindes; Verstand einer Dreijährigen. Ein dickes Kindergesicht, nur wulstiger Mund. Dicker Hängezopf mit rosa Bandschleife; eine dicke Kinderpatschhand wurde mir lachend gereicht. Es aß vergnügt sein Süppchen am Kindertischchen. Die Kleine stammt aus Mähren. Wäre eine ‚Sehenswürdigkeit‘. In einem blütenweißen Bettchen ein hübscher zweijähriger Knabe; mit geschlossenen Augen liegt das Köpfchen ins Kissen gedrückt. Die Schwester hebt es empor – die andere Gesichtshälfte ist völlig schief. Es kann sich nicht rühren. Das Kind hat kein Empfinden, es nimmt Nahrung zu sich, das ist alles. […] Die gar zu traurigen Fälle lasse ich unberührt“ (Cohn-Neßler 1920, S. 174f.).
Die Betreuten waren in der Regel jüdischen Glaubens und gehörten allen Altersgruppen an, die meisten konnten weder einen Beruf erlernen noch eine eigene Familie gründen. Darunter befanden sich Sozialrentner/innen und Wohnungslose, die das Frankfurter Fürsorgeamt an das Gumpertz´sche Siechenhaus überwies. Neben unheilbaren Geschwüren, Knochenerkrankungen und Gelenkentzündungen, Multipler Sklerose und Spinaler Kinderlähmung, die die Bewegungsfähigkeit dauerhaft einschränkten, stellten Senilität, Frühdemenz und Schlaganfälle hohe Anforderungen an Pflege und Medizin. Die kranken Menschen waren häufig unfreiwillige Bettnässer/innen und Kotschmierer/innen. Sie gehörten zu den „Aermsten der Armen“ (zit. n. Anzeige in: Der Israelit, Nr. 24, 16.06.1921, S. 12). Viele kamen aus Frankfurt und dem hessischen Umland, manche auch aus dem heutigen Rheinland-Pfalz. Bei der 20jährigen Minna Kann (geb. 1873 in Lonndorf b. Gießen) erfolgte die Aufnahme nach dem Tod beider Eltern. Die 1908 eingewiesene Leopoldine Karbe (geb. 1851 in Lich/Oberhessen) verstarb am 14. Dezember 1922 in Siechenhaus. Auch der 70jährige Salomon Kahn (geb. 1849 in Steinfischbach/Taunus), von Beruf Handelsmann, wurde 1919 vom Armenamt seines Wohnorts an das Siechenhaus überwiesen.
Aus Kostengründen fungierte das Gumpertz´sche Siechenhaus seit 1922 vermehrt als Altersheim. So verstarb : „[…] im 64. Lebensjahre der Lehrer a.D., Herr Gerson Mannheimer. Infolge eines tückischen Leidens war er seit 4 Jahren im Gumpertz’schen Siechenhaus untergebracht […]. Sein Beruf als Lehrer führte ihn durch verschiedene Gemeinden, so z.B. Zwingenberg, Babenhausen und Rüsselsheim. […] Schon vor ca. 20 Jahren musste er durch sein Leiden seinem Berufe entsagen. So hat er jetzt ausgekämpft […]“ (Nachruf in: Der Israelit, 14.03.1929). Mitbedingt durch die NS-Zeit beschloss 1938 auch Salomon Goldschmidt, das frühere Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde Hochstadt (Kreis Hanau), sein Leben im Siechenhaus: „Der Heimgegangene, der vor zwei Jahren nach Frankfurt übersiedelte, war ein von tiefer Frömmigkeit erfüllter Jehudi [Jude, B.S.], der an vielen Schiurim [religiösen Unterweisungen, B.S.] mit Hingabe teilnahm […] Die Herren Rabbiner Wolpert, Rabbiner Korn und Hermann Seckbach schilderten ihn dann noch insbesondere in seiner Verbundenheit mit ’seiner‘ Kehilloh [Gemeinde, B.S.] Gumpertz […]“ (Nachruf in: Der Israelit, 17.02.1938).
Auch für den Bewohner Siegmund Keller galt, was Hermann Seckbach gleichsam als pflegerisches Anliegen des Siechenhauses beschrieb: „Und die Kranken und Siechen, die hier untergebracht waren, sie empfanden bald gar nicht mehr ihr Leid, sie wurden neue Menschen, die zu ihrem Teil mitarbeiteten an den Problemen des Lebens“ (Seckbach 1918a: 9). Er wurde am 6. September 1871 als Sohn von Henriette und David Keller in dem rheinhessischen Weinort Gimbsheim (vgl. zur jüdischen Geschichte: Alemannia Judaica: http://www.alemannia-judaica.de/gimbsheim_synagoge.htm; Alicke 2008 Bd. 1: 1472f.) geboren. Siegmund Keller blieb wegen seines chronischen Leidens ledig und ohne Beruf. Im Jahre 1898 wurde das Gumpertz´sche Siechenhaus sein Zuhause – für mehr als vier Jahrzehnte! Insbesondere kümmerte er sich um dessen geistig-kulturelles Herzstück, die Haussynagoge (vgl. GumpSiechenhaus 1936: 14). Möglicherweise half er bei der Ausrichtung des Sabbat und der jüdischen Feiern in den Zimmern der Bettlägerigen.

Siegmund Keller / Todesfallanzeige, Ghetto Theresienstadt
Siegmund Keller / Todesfallanzeige, Ghetto Theresienstadt
© National Archives, Prague; Terezín Initiative Institute

Auch Siegmund Keller hätte sein Leben im Gumpertz´schen Siechenhaus beschließen können, doch wurde er am 7. April 1941 bei der NS-Räumung des Hauses Danziger Platz 15 in das letzte Frankfurter jüdische Krankenhaus (Gagernstraße) zwangsverlegt, eine Tortur für die Bewohner/innen, von denen viele im Krankenhaus verstarben. Am 18. August 1942 wurde Siegmund Keller mit anderen Betreuten, der Gumpertz´schen Oberin Rahel Seckbach und weiteren Pflegekräften nach Theresienstadt deportiert. Wie durch ein Wunder überlebte der Geschwächte den Transport, erlag aber am 29. August 1942 nach wenigen Tagen den menschenfeindlichen Lagerbedingungen. Laut Todesfallanzeige litt Siegmund Keller unter Tuberkulose und Knochentuberkulose, die offizielle Todesursache lautete ‚Herzlähmung‘ (vgl. Theresienstädter Initiative, Datenbank).

Der Dank der Autorin geht an Herrn Lenarz (stellv. Direktor des Jüdischen Museums Frankfurt a.M.) für die rasche Übermittlung und Reproduktionsgenehmigung zweier Richard Merzbach-Fotografien, Herrn Simonson (Leo Baeck Institute) für die Reproduktionsgenehmigung der Minka von Goldschmidt-Rothschild-Abbildung sowie Herrn Prof. Stascheit (Leiter des Fachhochschulverlags Frankfurt a.M.) für wichtige Hinweise zu Alfred und Ludwig Günzburg.

Birgit Seemann, 2013, aktualisiert 2018

Ungedruckte Quellen


ISG Ffm: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main:

Hausstandsbücher Gagernstraße 36: Sign. 686 (Teil 1); Sign. 687 (Teil 2)

Nullkartei

Personenstandsunterlagen

Sammlung Personengeschichte S 2: Sign. 398: Goldschmidt, Julius

Sammlung Personengeschichte S 2: Sign. S2/12.001: Goldschmidt-Rothschild, Familie

Sammlung Personengeschichte S 2: Sign. 18.355: Mauthner, Nadine von

Stiftungsabteilung: Sign. 157: Verein Gumpertz´sches Siechenhaus

Stiftungsabteilung: Sign. 146: Minka von Goldschmidt-Rothschild-Stiftung (1939-1940)

Wohlfahrtsamt: Sign. 877 (1893–1928): Magistrat, Waisen- und Armen-Amt Frankfurt a.M.

Toren, Benjamin [Günzburg, Heiner] (2005): Die Familie Günzburg (Toren) von Frankfurt am Main. Unveröff. Ms. Privatarchiv Prof. Dr. Ulrich Stascheit, Frankfurt a.M.

Ausgewählte Literatur


Alicke, Klaus-Dieter 2008: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Gütersloh, 3 Bände.

Arnsberg, Paul 1983: Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution. Darmstadt, 3 Bände.

Cohn-Neßler, Fanny 1920: Das Frankfurter Siechenhaus. Die Minka-von-Goldschmidt-Rothschild-Stiftung. In: Allgemeine Zeitung des Judentums 1920, H. 16 (16.04.1920), S. 174-175. Digitale Ausg.: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/judaica/

Dölemeyer, Barbara/ Ladwig-Winters, Simone 2004: Kurzbiographien der Anwälte jüdischer Herkunft im Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt. In: 125 Jahre. Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main. Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Rechtspflege. Ausstellung: Anwalt ohne Recht. Festveranstaltung 1.10.2004 Paulskirche Frankfurt am Main. Hg.: Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, Oberlandesgericht Frankfurt am Main, S. 137-201.

Dörken, Edith 2008: Hannah-Luise, Luise, Adele Hannah, Hannah Mathilde, Adelheid, Minna Caroline von Rothschild. Stifterinnen der Rothschildfamilie. „Gegen die Not und Bedrängnis der Mitmenschen“. In: dies.: Berühmte Frankfurter Frauen. Frankfurt/M., S. 78-89.

Drexler, Siegmund [u.a.] 1990: Ärztliches Schicksal unter der Verfolgung 1933–1945 in Frankfurt am Main und Offenbach. Eine Denkschrift. Erstellt im Auftr. der Landesärztekammer Hessen. 2. Aufl. Frankfurt/M.

Ferguson, Niall 2002: Die Geschichte der Rothschilds. Propheten des Geldes. Band II: 1848 – 1999. Stuttgart, München.

Günzburg, Alfred [Nachruf] (1946): M. R.: Alfred Günzburg. In: Aufbau 12 (1946) 2 (11.01.1946), S. 24, Spalte a, http://archive.org/stream/aufbau1219461946germ#page/n29/mode/1up.

GumpSiechenhaus 1909: Sechzehnter Rechenschaftsbericht des Vereins „Gumpertz`sches Siechenhaus“ in Frankfurt a.M. für das Jahr 1908. Frankfurt/M.: Slobotzky.

GumpSiechenhaus 1913ff.: Rechenschaftsbericht des Vereins „Gumpertz`sches Siechenhaus“ und der „Minka von Goldschmidt-Rothschild-Stiftung“. Frankfurt/M.: Slobotzky, 1913ff. Online-Ausg.:Frankfurt am Main : Univ.-Bibliothek, 2011: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hebis:30:1-306391.

GumpSiechenhaus 1936: Gumpertz´sches Siechenhaus. [Bericht von der Generalversammlung des Vereins.] In: Der Israelit, 20.05.1936, Nr. 21, S. 14f.: http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2008/38052/original/Israelit_1936_21.pdf.

GumpStatut 1895: Revidirtes Statut für den Verein Gumpertz´sches Siechenhaus zu Frankfurt am Main. Frankfurt/M.: Druck v. Benno Schmidt, Stiftstraße 22. [ISG Ffm: Sammlung S3/N 5.150].

Heuberger, Georg (Hg.) 1994a: Die Rothschilds. Bd. 1: Eine europäische Familie. Sigmaringen.

Heuberger, Georg (Hg.) 1994b: Die Rothschilds. Bd. 2: Beiträge zur Geschichte einer europäischen Familie. Sigmaringen.

Kallmorgen, Wilhelm 1936: Siebenhundert Jahre Heilkunde in Frankfurt am Main. Frankfurt/M.

Kasper-Holtkotte, Cilli 2010: Die jüdische Gemeinde von Frankfurt/Main in der Frühen Neuzeit. Familien, Netzwerke und Konflikte eines jüdischen Zentrums. Berlin, New York.

Kingreen, Monica (Hg.) 1999: Zuflucht in Frankfurt. Zuzug hessischer Landjuden und städtische antijüdische Politik. In: dies. (Hg.): „Nach der Kristallnacht“. Jüdisches Leben und antijüdische Politik in Frankfurt am Main 1938 – 1945 Frankfurt/M., New York., S. 119-155.

Kirchheim, Simon [u.a.] 1904: Delegierten-Versammlung der Vereinigungen zur Ausbildung jüdischer Krankenpflegerinnen in Deutschland. Am 4. September 1904 zu Frankfurt a. M. im Schwesternheim Königswarterstraße 20. Frankfurt/M.

Klamroth, Sabine 2006: Die Mayers – die Halberstadts – die Bachs – die Seckbachs. In: dies.: „Erst wenn der Mond bei Seckbachs steht“. Juden im alten Halberstadt. Halle, S. 122-133 [siehe auch: http://www.juden-im-alten-halberstadt.de].

Lenger, Christine 1994: Der Name lebt weiter. Die Familie Goldschmidt-Rothschild. In: Heuberger (Hg.) 1994a: 190f. [mit Abb. v. Minka von Goldschmidt-Rothschild].

Liedtke, Rainer 2006: N M Rothschild & Sons. Kommunikationswege im europäischen Bankwesen im 19. Jahrhundert. Köln [u.a.].

Lessing Gymnasium 1998: Die jüdischen Schüler und Lehrer am Lessing Gymnasium 1897-1938. Dokumentation zur Ausstellung der Archiv-AG des Lessing Gymnasiums Frankfurt am Main Februar 1998. Frankfurt/M.

Rothschild, Miriam 1994: Die stillen Teilhaber der ersten europäischen Gemeinschaft. Gedanken über die Familie Rothschild II: Die Frauen. In: Heuberger (Hg.) 1994b, S. 159-170 [S. 166: Abb. von Minka von Goldschmidt-Rothschild mit ihrer Großmutter Mathilde von Rothschild].

Schiebler, Gerhard 1994: Stiftungen, Schenkungen, Organisationen und Vereine mit Kurzbiographien jüdischer Bürger. In: Lustiger, Arno (Hg.) 1994: Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main. Stiftungen, Schenkungen, Organisationen und Vereine mit Kurzbiographien jüdischer Bürger dargest. v. Gerhard Schiebler. Mit Beitr. v. Hans Achinger [u.a.]. Hg. i.A. der M.-J.-Kirchheim’schen Stiftung in Frankfurt am Main. 2. unveränd. Aufl. Sigmaringen 1994, S. 11-288.

Seckbach, Hermann 1917: Fünfundzwanzig Jahre Siechenhaus. Von Verwalter H. Seckbach. In: Frankfurter Nachrichten, 20.09.1917.

Seckbach, Hermann 1918a: Das Glück im Hause des Leids. Skizzen aus einem Krankenhaus und Lazarett in der Kriegszeit. Frankfurt/M. = Kriegsschrift der Agudas Jisroel Jugendorganisation; 4.

Seckbach, Hermann 1918b: Soziale Fürsorge für jüdische Nerven- und Gemütskranke! In: Im deutschen Reich. Zeitschrift des Centralvereins Deutscher Staatsbürger Jüdischen Glaubens, H. 10 (Okt. 1918), S. 403 (online: Univ.bibl. Frankfurt a.M.: Compact Memory: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/pageview/2354746).

Seckbach, Hermann 1928: „Sabbatgeist“. Erzählungen und Skizzen. Frankfurt/M.: Sänger u. Friedberg.

Seckbach, Hermann 1933: Der Seder auf Schloß Grüneburg. Erzählungen aus der Kinderecke. Frankfurt/M.: Verlag des Israelit und Hermon.

Seemann, Birgit 2014: „Glück im Hause des Leids“. Jüdische Pflegegeschichte am Beispiel des Gumpertz’schen Siechenhauses (1888-1941) in Frankfurt/Main. In: Geschichte der Pflege. Das Journal für historische Forschung der Pflege- und Gesundheitsberufe 3 (2014) 2, S. 38-50

Seemann, Birgit 2017: Judentum und Pflege: Zur Sozialgeschichte des orthodox-jüdischen Gumpertz’schen Siechenhauses in Frankfurt am Main (1888–1941). In: Nolte, Karin/ Vanja, Christina/ Bruns, Florian/ Dross, Fritz (Hg.): Geschichte der Pflege im Krankenhaus. Historia Hospitalium. Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Krankenhausgeschichte, Band 30. Berlin, S. 13-40

Internetquellen in Auswahl (Aufruf am 23.10.2017)


Alemannia Judaica: Alemannia Judaica – Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum: http://www.alemannia-judaica.de.

ISG Ffm: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (mit Datenbank): http://www.stadtgeschichte-ffm.de sowie http://www.ffmhist.de/.

JM Ffm: Jüdisches Museum und Museum Judengasse Frankfurt am Main (mit der internen biographischen Datenbank der Gedenkstätte Neuer Börneplatz): http://www.juedischesmuseum.de.

MJ Ffm: Museum Judengasse Frankfurt am Main (Infobank): http://www.museumjudengasse.de/de/home/

Theresienstädter Initiative: Institut Terezínské iniciativy: Datenbank der Holocaust-Opfer: http://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/

Rahel Seckbach - Foto

„Geschick, Pflichttreue und große Herzensgüte“ – Rahel (Spiero) Seckbach, Oberin des Gumpertz’schen Siechenhauses

Die Vorgängerin: Oberin Thekla (Mandel) Isaacsohn
Das Hausstandsbuch zum Röderbergweg 62-64 (Hauptstandort des Gumpertz´schen Siechenhauses) ist bislang nicht auffindbar, die Datenlage zu den Pflegekräften und weiteren im Heim Tätigen wie der Krankenschwester Paula Ring und der Hausangestellten Rachel Kaplan entsprechend spärlich. Ergänzende Hinweise enthalten aber die Hausstandsbücher des Krankenhauses der Israelitischen Gemeinde (Gagernstraße) und des jüdischen Schwesternvereins (Bornheimer Landwehr), ebenso die Rechenschaftsberichte (vgl. z.B. Jüdischer Schwesternverein Ffm 1920) sowie Jahresberichte (vgl. Steppe 1997: 330-333) des Schwesternvereins. Solchen archivalischen Quellen verdanken wir die Namen der beiden Gumpertz´schen Oberinnen Thekla Mandel (von 1893/94 bis 1907) und Rahel Spiero (von 1907 bis 1941). Wie andere junge jüdische Frauen aus dem gesamten Kaiserreich reisten sie hochmotiviert in die jüdische Pflegemetropole Frankfurt am Main, um dort eine professionelle Ausbildung mit Zukunft zu erhalten.
Oberin Thekla Mandel (später verheiratete Isaacsohn), die Vorgängerin Rahel Spieros, wurde am 22. Juli 1867 im westfälischen Lippstadt geboren. Als Mitbegründerin des 1893 gegründeten Vereins für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt am Main war sie gut bekannt mit Dr. Alfred Günzburg, Chefarzt des Gumpertz´schen Siechenhauses und Mitstreiter für eine professionelle und profilierte jüdische Krankenpflege. Um 1894 baute sie am damaligen Standort des Siechenhauses, Ostendstraße 75, die Pflege auf, schied aber 1907 wegen Heirat aus dem Schwesterndienst aus. Später kehrte sie wieder in den Pflegeberuf zurück, zuletzt als Leiterin eines von Mathilde von Rothschild gestifteten Erholungsheims für israelitische Frauen in Baden-Baden. Thekla Isaacsohn gehörte zu den Opfern der noch als ‚Ausweisung‘ getarnten Deportation der badischen und saarpfälzischen Jüdinnen und Juden am 22. Oktober 1940 (‚Wagner-Bürckel-Aktion‘) in das südfranzösische Lager Gurs, wo die über Siebzigjährige am 3. Mai 1941 umkam.

Herkunft

Kartenansicht Polen mit Wojwodschaft Ermland-Masuren (Geburtsregion von Rahel Seckbach)
Kartenansicht Polen mit Wojwodschaft Ermland-Masuren (Geburtsregion von Rahel Seckbach)
© CC-by-sa 2.0 (Odder, 07.10.2007, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wojewodztwa.svg)

Für Oberin Thekla sandte der Frankfurter jüdische Schwesternverein 1907 eine Nachfolgerin an das Gumpertz´sche Siechenhaus: Rahel Spiero (später verheiratete Seckbach), Anfang Dreißig und eine erfahrene Pflegekraft, hatte sich nach ihrer Ausbildung sieben Jahre lang im Krankenhaus und in der Privatpflege in Frankfurt sowie Hamburg bewährt. Sie stammte aus Ostpreußen (vgl. zur dortigen jüdischen Geschichte Brocke u.a. (Hg.) 2000): Am 23. Oktober 1876 wurde sie in dem Städtchen Prostken (heute Prostki, Polen) an der damals deutsch-russischen Grenze geboren und gehörte dem weitverzweigten Familienverband Spiero (auch: Spiro, Spira, Shapiro, Schapira, offenbar benannt nach der oberrheinischen Stadt Speyer, lateinisch: Spira) mit angesehenen Rabbinern und Gelehrten an. Außer ihrem Bruder Oskar L. Spiero hatte sie noch drei jüngere Schwestern: Minna (Wilhelmine) Spiero (geb. 1878), Rosa (Rosalie) Spiero (geb. 1885), Oberschwester am Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main, und Ida Spiero (geb. 1886), von Beruf Lehrerin. Sie blieben, vermutlich mangels geeigneter jüdischer Ehekandidaten, alle drei ‚ledig‘, und auch Rahel heiratete erst spät. Als einzige trug sie noch einen jüdischen Namen (nach der biblischen Stamm-Mutter Rachel), während die Vornamen ihrer Geschwister bereits die fortschreitende Akkulturation der deutsch-jüdischen Minderheit an die preußisch dominierte Mehrheitsgesellschaft widerspiegeln. Wie andere Oberinnen (etwa Julie Glaser) trug Rahel als Älteste mehrerer Geschwister frühzeitig familiäre Verantwortung und trainierte dabei organisatorische Fähigkeiten, die ihrer pflegerischen Laufbahn zugutekamen.

Oberin am Gumpertz´schen Siechenhaus
Schon ein Jahr nach ihrem Eintritt zeigte sich der Gumpertz´sche Vorstand hochzufrieden: „Die neue Oberin, Schwester Rahel, hat sich nun zu allseitiger Zufriedenheit in ihren neuen großen und verantwortungsvollen Pflichtenkreis eingewöhnt. Wir danken ihr aufrichtigst für die liebevolle Weise, in der sie ihre Obliegenheiten erfüllt“ (GumpSiechenhaus 1909: 5). Im Röderbergweg 62-64 unterstanden ihr die neu errichtete große Villa der Minka von Goldschmidt-Rothschild-Stiftung (Vorderhaus, anfangs 60 Betten) sowie das kleinere ältere Hinterhaus (etwa 20 Betten). Im Ersten Weltkrieg hielt sie zudem den Pflegebetrieb des Gumpertz´schen Lazaretts für verwundete Soldaten im Vorderhaus aufrecht und kooperierte dabei eng mit dem Verwalter Hermann Seckbach. Elf Jahre lang hatten sie am gleichen Arbeitsort Seite an Seite für die Schwächsten der Gesellschaft gewirkt und sich dabei als unentbehrliche Stützen des Pflegeheims erwiesen, bevor sie bei der gemeinsamen Bewältigung der Kriegskrankenpflege ein Paar wurden. Oberin Rahel Spiero war bereits 42 Jahre alt, als sie am 7. März 1919 Hermann Seckbach heiratete – zur großen Freude des gesamten Siechenhauses. Noch im gleichen Jahr kam am 15. Dezember das Töchterchen Ruth Rosalie zur Welt.
Bis zu ihrer Eheschließung war Rahel Seckbach Mitglied des Vereins für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt am Main, der sie als Oberin an das Gumpertz´sche Siechenhaus entsandt hatte; zwischen Verein und Siechenhaus bestand ein entsprechender Vertrag. Obgleich die Statuten keine diesbezüglichen Regelungen vorsahen, schied sie nach fast 20 Dienstjahren aus dem Verein und folgte dabei offenbar einem ungeschriebenen Gesetz: „Schwester Rahel hat […] 1907 die Oberinstelle am Gumpertz´schen Siechenhaus übernommen. Auf diesem schwierigen Posten an der Spitze eines ausgedehnten Betriebes mit recht schwierigen Aufgaben hat sie in der Leitung der Verwaltung wie der Krankenpflege durch Geschick, Pflichttreue und große Herzensgüte die größte Anerkennung und Wertschätzung bei der Verwaltung, den Ärzten und den Pfleglingen gefunden und sich große Verdienste erworben. Dezember 1918 entschloss sie sich, unseren Verein zu verlassen, um in die Ehe zu treten“ (Jüdischer Schwesternverein Ffm 1920: 60f. [Hervorheb. im Orig.]). Das Siechenhaus forderte beim Schwesternverein denn auch keine Nachfolgerin an, sondern „sah bei der Verheiratung seiner bisherigen Oberin von einer Erneuerung seines Vertrages mit uns ab und nahm diese bei ihm bewährte Kraft als Verwalterin weiter in seine eigenen Dienste“ (ebd. S. 70). In dieser offiziellen Funktion blieb Rahel Seckbach – für verheiratete Krankenschwestern ihrer Zeit eher ungewöhnlich – weiterhin in ihrem Amt: „Die Frau des Verwalters fungierte als Oberin des Spitals bei den Operationen. Sie hat auch jetzt noch den Posten in beiden Häusern inne“ (Cohn-Neßler 1920, S. 174).
Stress und Erschöpfung bei langjährigen Pflegekräften, die Unheilbare und Schwerbehinderte betreuten (vgl. z.B. Lubkin 2002; Schmidt 2015), wurden damals weniger thematisiert als heute. Doch liegt nahe, dass Oberin Rahel, die in die für ihre Frömmigkeit bekannte Familie Seckbach (vgl. Klamroth 2006) einheiratete und selbst in enger Verbindung zum traditionellen osteuropäischen Judentum, „wo noch der Geist der jüdischen Lehre so ganz die Menschen erfüllt“ (Seckbach 1918: 19), aufgewachsen war, ihre Motivation und Energie zu helfen aus den Heilkräften der jüdischen Sozialethik gewann. Bikkur Cholim (Krankenbesuch, Krankenpflege) und Gemilut Chasadim (Mildtätigkeit, Solidarität) waren religiöse Pflicht (Mitzwa), ohne sich selbst dabei zu ‚vergessen‘: „Die Betätigung im Dienste der Nächstenliebe gehört zu den höchsten Idealen des Judentums“ – so der auch als Autor tätige Hermann Seckbach (1918b: 403).

Bewährung in der NS-Zeit
Über drei Jahrzehnte lang gestaltete und meisterte „Schwester Rahel“, wie sie respekt- und liebevoll genannt wurde, als Oberin die Pflege am Hauptstandort Röderbergweg 62-64: zuerst in beiden Häusern, seit den späten 1920er Jahren nach der Vermietung des Vorderhauses an die Stadt Frankfurt im kleineren ‚Hinterhaus‘. Gleich nach der NS-Machtübernahme 1933 bekam sie ‚gestandene‘ Nationalsozialisten als unliebsame Nachbarn, die sich im ‚Vorderhaus‘ einquartierten. Im ‚Hinterhaus‘, jetzt mit Anschrift Danziger Platz 15, kamen später verfolgungsbedingt auch ihre Schwestern Minna und Ida Spiero unter (vgl. ISG Ffm: Hausstandsbücher Gagernstraße 36: Sign. 687 (Teil 2)), die sie bei den durch die NS-Repressalien erschwerten Pflegeaufgaben wahrscheinlich unterstützten.
Rahels Ehemann Hermann Seckbach verlor durch die faktische Auflösung des Gumpertz´schen Siechenhauses seine Lebensstellung als Verwalter; möglicherweise wurde er nach dem Novemberpogrom 1938 – wie viele andere männliche jüdische Leidensgenossen – vorübergehend in einem KZ festgehalten. Am 7. März 1939 flüchtete er nach England. Die Tochter Ruth Seckbach hatte Nazideutschland entweder schon vorher verlassen oder ihren Vater ins Exil begleitet, wo sie später als Lehrerin arbeitete; ihre Erfahrungen als „enemy alien“ (feindlicher Ausländer) in England während des Zweiten Weltkriegs hielt sie schriftlich fest (vgl. http://www.movinghere.org.uk/search/, siehe auch http://www.london-gazette.co.uk/issues/38179/pages/433/page.pdf, Aufrufe am 30.08.2013). Vermutlich sollte Rahel Seckbach ihrer Familie nachfolgen, was widrige Umstände, vor allem der Kriegsbeginn im September 1939, verhinderten.

Passfoto von Oberin Rahel Seckbach, 19.11.1940
Passfoto von Oberin Rahel Seckbach, 19.11.1940
© Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden

Nach der Zwangsräumung des ‚Hinterhauses‘ am 7. April 1941 begleitete sie 46 Gumpertz´sche Bewohner/innen an ihre frühere Wirkungsstätte, das nunmehr letzte Frankfurter jüdische Krankenhaus in der Gagernstraße. Dort leistete sie Hospizpflege, da viele ihrer Betreuten den Strapazen des erzwungenen Ortswechsels erlagen. Rahels Schwester und Kollegin Rosa Spiero, langjährige Oberschwester im Krankenhaus, war am 24. März 1941 gerade noch rechtzeitig nach New York geflohen, wo sie bis ins hohe Alter als Krankenschwester arbeitete.

Todesanzeige, Rahel Seckbach
Todesanzeige, Aufbau 15 (16.09.1949) 37, S. 30
Online-Ausgabe: Digitalisat, Leo Baeck Institute (Library Periodical Coll.)

KZ-Haft und Rettung
Am 18. August 1942 wurde Rahel Seckbach zusammen mit ihren Schwestern Minna und Ida Spiero in das Ghetto und Durchgangslager Theresienstadt deportiert. Im gleichen Transport befanden sich einige ihrer Betreuten wie Siegmund Keller sowie viele weitere Pflegekräfte, Bewohner/innen und Patientinnen/Patienten (vgl. den Artikel zu Karl Falkenstein) aus den zerstörten Frankfurter jüdischen Pflegeinstitutionen. Oberin Rahel war fast zweieinhalb Jahre in Theresienstadt inhaftiert, ihre nie nachlassende Sorge um die Hilfsbedürftigen hielt sie selbst am Leben. 1944 wurde ihre jüngste Schwester Ida Spiero von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert, wo sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ermordet wurde.
Rahel Seckbach und ihrer Schwester Minna Spiero wurde unverhofft Rettung zuteil (siehe USHMM Database): Am 5. Februar 1945 entkamen sie mit einem von Himmler aus taktischen Gründen zugelassenen Rettungstransport von Theresienstadt in die Schweiz (St. Gallen) – dem einzigen, da Hitler weitere Transporte persönlich untersagte (hierzu Adler 2012; Flügge 2004). Nachdem Rahel wieder einigermaßen zu Kräften gekommen war, konnte sie nach Kriegsende zusammen mit Minna endlich zu Ehemann und Tochter nach England ausreisen. Sie blieb durch die KZ-Haft geschwächt, doch verlebte das Ehepaar Seckbach im Exil noch vier gemeinsame Jahre. Rahel Seckbach verstarb am 4. September 1949 mit 72 Jahren in Manchester. Ein ehemaliger Mithäftling, Dr. Leopold Neuhaus, der 1946 nach Detroit ausgewanderte erste Rabbiner der Frankfurter jüdischen Nachkriegsgemeinde, veröffentlichte einen bewegenden Nachruf: „Was diese wunderbare Frau als langjährige Leiterin des Jüdischen Siechenheims in Frankfurt am Main. geleistet hat, ist allen Frankfurtern [der jüdischen Gemeinde, B.S.] bekannt. Sie hat die Aermsten der Armen, die hilflosen Siechen, die jahrelang ans Bett gefesselt waren, so betreut, dass sie ein Engel in Menschengestalt genannt werden kann. […] Das ging so weit, dass sie sogar den Unmenschen der Gestapo Hochachtung abgerungen hat. Und als sie trotz alledem das Siechenhaus dieser Gestapo überlassen musste, ging sie mit ihren Kranken ins Konzentrationslager Theresienstadt und hat dort fast 3 Jahre für sie in der selben Hingebung gearbeitet wie früher in besseren Zeiten. Das kleine Zimmer, in der Jägerstraße in Theresienstadt, war von morgens bis abends […] ‚überfüllt‘ von den Menschen, und das Ghetto rühmte ihr Wirken, die Arbeit von ‚Schwester Rahel'“ (Neuhaus 1949).

Birgit Seemann, 2013, aktualisiert 2018

 

Ungedruckte Quellen


ISG Ffm: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main:

Hausstandsbücher Gagernstraße 36: Sign. 686 (Teil 1); Sign. 687 (Teil 2)

Hausstandsbuch Bornheimer Landwehr 85: Sign. 655

Nullkartei

StAFreiburg: Landesarchiv Baden-Württemberg: Abteilung Staatsarchiv Freiburg

Bestand F 196/1 Nr. 5886: Personalakte (Entschädigungsakte) Isaacsohn, Thekla

Ausgewählte Literatur


Adler, H.[ans] G.[ünther] 2012: Theresienstadt. 1941–1945. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft. Mit e. Nachw. v. Jeremy Adler. 2. Aufl. Reprint d. Ausg. Tübingen 1960, 2. Aufl. Darmstadt.

Brocke, Michael [u.a.] (Hg.) 2000: Zur Geschichte und Kultur der Juden in Ost- und Westpreußen. Hildesheim [u.a.].

Cohn-Neßler, Fanny 1920: Das Frankfurter Siechenhaus. Die Minka-von-Goldschmidt-Rothschild-Stiftung. In: Allgemeine Zeitung des Judentums 1920, H. 16 (16.04.1920), S. 174-175. Digitale Ausg.: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/judaica/ (Compact Memory)

Flügge, Manfred 2004: Rettung ohne Retter oder: ein Zug aus Theresienstadt. München.

GumpSiechenhaus 1909: Sechzehnter Rechenschaftsbericht des Vereins „Gumpertz`sches Siechenhaus“ in Frankfurt a.M. für das Jahr 1908. Frankfurt/M.: Slobotzky.

GumpSiechenhaus 1913ff.: Rechenschaftsbericht des Vereins „Gumpertz`sches Siechenhaus“ und der „Minka von Goldschmidt-Rothschild-Stiftung“. Frankfurt/M.: Slobotzky, 1913ff. Online-Ausg.: Frankfurt/M.: Univ.-Bibliothek Frankfurt/M., 2011: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hebis:30:1-306391.

Jüdischer Schwesternverein Ffm 1920: Verein für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt a.M.: Rechenschaftsbericht 1913 bis 1919. Frankfurt/M.

Kingreen, Monica (Hg.) 1999: „Nach der Kristallnacht“. Jüdisches Leben und antijüdische Politik in Frankfurt am Main 1938-1945 Frankfurt/M., New York., S. 119-155.

Klamroth, Sabine 2006: Die Mayers – die Halberstadts – die Bachs – die Seckbachs. In: dies.: „Erst wenn der Mond bei Seckbachs steht“. Juden im alten Halberstadt. Halle, S. 122-133.

Lubkin, Ilene Morof 2002: Chronisch Kranksein. Implikationen und Interventionen für Pflege- und Gesundheitsberufe. Unter Mitarb. v. Pamala D. Larsen. Aus d. Amerikan. v. Silvia Mecke. Bearb. v. Rudolf Müller. Dt.-sprach. Ausg. hg. v. Regina Lorenz-Krause u. Hanne Niemann. Bern [u.a.].

Neuhaus, Leopold 1949: [Nachruf auf Rahel Seckbach]. In: Aufbau 15 (23.09.1949) 38, S. 41 [siehe auch Todesanzeige in: Aufbau 15 (16.09.1949) 37, S. 30].

Schmidt, Brinja 2015: Burnout in der Pflege. Risikofaktoren – Hintergründe – Selbsteinschätzung. 2., erw. u. überarb. Aufl. Stuttgart.

Seckbach, Hermann 1918: Das Glück im Hause des Leids. Skizzen aus einem Krankenhaus und Lazarett in der Kriegszeit. Frankfurt/M. = Kriegsschrift der Agudas Jisroel Jugendorganisation; 4.

Seemann, Birgit 2014: „Glück im Hause des Leids“. Jüdische Pflegegeschichte am Beispiel des Gumpertz’schen Siechenhauses (1888-1941) in Frankfurt/Main. In: Geschichte der Pflege. Das Journal für historische Forschung der Pflege- und Gesundheitsberufe 3 (2014) 2, S. 38-50

Seemann, Birgit 2017: Judentum und Pflege: Zur Sozialgeschichte des orthodox-jüdischen Gumpertz’schen Siechenhauses in Frankfurt am Main (1888–1941). In: Nolte, Karin/ Vanja, Christina/ Bruns, Florian/ Dross, Fritz (Hg.): Geschichte der Pflege im Krankenhaus. Historia Hospitalium. Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Krankenhausgeschichte, Band 30. Berlin, S. 13-40

Seemann, Birgit 2018: Seckbach (geborene Spiero), Rahel Sara (1876–1949). In: Kolling, Hubert (Hg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte. Band 8. Nidda, S. 258- 262

Steppe, Hilde 1997: „… den Kranken zum Troste und dem Judenthum zur Ehre …“. Zur Geschichte der jüdischen Krankenpflege in Deutschland. Frankfurt/M.

Internetquellen in Auswahl (Aufruf am 23.10.2017)


JM Ffm: Jüdisches Museum und Museum Judengasse Frankfurt am Main (mit der internen biographischen Datenbank der Gedenkstätte Neuer Börneplatz): http://www.juedischesmuseum.de.

Theresienstädter Initiative: Institut Terezínské iniciativy: Datenbank der Holocaust-Opfer: http://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/

USHMM Database: United States Holocaust Memorial Museum: Holocaust Survivors and Victims Database: https://www.ushmm.org/remember/the-holocaust-survivors-and-victims-resource-center

Frieda (Brüll) Wollmann (1866 – 1942) aus Erlangen: Mitbegründerin des jüdischen Schwesternvereins in Frankfurt – Oberin in Köln

[…] eine in allen Zweigen der Verwaltung, der Haushaltung und der Krankenpflege gleichmäßig erfahrene und energische Dame“

Fotografie: Oberin Frieda (Brüll) Wollmann, Portrait, undatiert (um 1915)
Brüll, Frieda / Oberin Frieda (Brüll) Wollmann, Portrait, undatiert (um 1915)
Quelle: Yad Vashem, Jerusalem (Gedenkblatt)

– dieser Ruf (zit. n. Kolling 2008: 57) eilte Frieda (Brüll) Wollmann bereits voraus, als sie im Winter 1893/94 das Amt der ersten Oberin des Kölner jüdischen Krankenhauses antrat; 1899 wurde sie auch Oberin der Kölner jüdischen Schwesternschaft. In Frankfurt am Main hatte die gebürtige Erlangerin zuvor den ersten jüdischen Schwesternverband im Kaiserreich mitbegründet und gehört damit zu den Pionierinnen der professionellen deutsch-jüdischen Krankenpflege.

Eine jüdische Fränkin aus Erlangen
Frieda Brülls Geburtsort Erlangen, eine Großstadt im nordbayerischen Regierungsbezirk Mittelfranken, ist bekannt für seine eindrucksvolle barocke Architektur. Durch die Zuwanderung von aus Frankreich vertriebenen calvinistisch-protestantischen Glaubensflüchtlingen galt Erlangen seit dem Ende des 17. Jahrhunderts als ‚Hugenottenstadt‘. Jüdische Einwohner/innen sind bereits 1408 urkundlich erwähnt (vgl. Alemannia Judaica Erlangen). Im 19./20. Jahrhundert verdienten die meisten jüdischen Familien mangels Zugang zu anderen Berufszweigen ihren Lebensunterhalt durch den Handel mit „Vieh, Leder, Fellen, Hopfen und Textilien aller Art. Die Integration der jüdischen Geschäftsleute Erlangens in die gehobene Mittelschicht war weit fortgeschritten […]; es gab sogar Ehrenbürgerschaften“ (Alicke 2014: Erlangen; ders. 2008 Bd. 1). Gleichwohl blieb trotz Perioden friedlichen Zusammenlebens mit der christlichen Mehrheitsbevölkerung auch Erlangens jüdische Gemeinde von Antisemitismus bedroht. Nach der NS-Machtübernahme – in der nahen Metropole Nürnberg residierte bis 1940 Julius Streicher, Frankens berüchtigter Gauleiter und Verleger des Hetzblatts Der Stürmer – wurde sie brutal verfolgt und ging zuletzt in der Shoa unter. Im Gegensatz zu vielen anderen vernichteten Gemeinden gibt es heute in Erlangen wieder eine jüdische Kultusgemeinde. Das Gedenkbuch für die Erlanger Opfer der Schoa (vgl. Sponsel 2001) erwähnt übrigens keine möglichen Familienmitglieder mit Namen Brüll; sie hatten die Stadt offenbar schon vor den Deportationen verlassen.

Stich: Oberin Frieda (Brüll) Wollmann: Geburtsstadt Erlangen (Mittelfranken / Bayern), Blick vom Burgberg auf die Innenstadt, 1860
Brüll, Frieda – Erlangen / Oberin Frieda (Brüll) Wollmann: Geburtsstadt Erlangen (Mittelfranken / Bayern), Blick vom Burgberg auf die Innenstadt, 1860
Scan nach Fotografie v. Georg Jakob Gattineau aus: Andreas Jakob (Hg.): Die Erlanger Bergkirchweih, Nürnberg 2005

Frieda (auch Friederike, Friederika, Ricka, Rike) Brüll wurde am 27. Juli 1866 in Erlangen geboren; der Eintrag im Geburtenbuch der israelitischen Gemeinde Erlangen lautet: Ricka Brüll (vgl. StA Erlangen). Schon im Jugendalter verlor sie ihren Vater, den Kaufmann David Joseph Brüll, welcher am 28.12.1880 in Erlangen verstarb. Er stammte aus dem oberfränkischen Lichtenfels (vgl. Alemannia Judaica Lichtenfels; Alicke 2014 sowie ders. 2008 Bd. 2). Auf dem jüdischen Friedhof zu Lichtenfels liegen viele Verstorbene mit dem Namen Brüll beerdigt, als Stifter des Friedhofs ist Salomon Brüll genannt (Dippold 1999: 139). Von Frieda Brülls Mutter Henriette geb. Priester ist nur bekannt, dass sie am 29. Januar 1837 geboren wurde und am 05.10.1905 vermutlich in Erlangen verstarb. Wie Frieda kamen hier auch ihre Geschwister zur Welt (vgl. StA Erlangen, siehe auch Gedenkbuch BA Koblenz):
Amalie Brüll (geb. 29.04.1865),
Max Brüll (09.12.1867 – 04.01.1868),
Rosette (Rosetta) Simon (geb. 03.12.1868, 26.04.1900 Heirat mit dem Kaufmann Siegmund Simon aus Mainz, 30.01.1944 ermordet im KZ Theresienstadt),
Heinrich Brüll, Kaufmann (geb. 02.03.1870), möglicherweise identisch mit H. Brüll (vgl. Alemannia Judaica Erlangen), einem jüdischen Gemeindevorsteher in Erlangen, Flucht März 1939 mit Ehefrau Kathi per Schiff nach New York,
Josephine Brüll (06.06.1872 – 26.08.1897),
Fanny Brüll (04.03.1874 – 01.02.1875),
Helene Weil (geb. 23.08.1875, 17.12.1905 Heirat mit dem Kaufmann Julius Weil aus Fürth),
Wilhelm Brüll, Kaufmann (geb. 14.02.1877, 1902 Auswanderung in die USA),
Joseph Ludwig Brüll (25.09.1880 – 28.03.1881).
Nach dem frühen Tod ihres Vaters und möglicherweise der ältesten Schwester Amalie (Sterbedatum unbekannt) unterstützte vermutlich Frieda Brüll als die Zweitälteste ihre Mutter und sorgte für die jüngeren Geschwister. Verantwortungsgefühl und Organisationsgeschick prägten auch ihre berufliche Biografie.

Zeichnung: Hospital der Israelitischen Gemeinde / Frontansicht des Gebäudes in Frankfurt am Main, Grüner Weg 26, 1874
Hospital der Israelitischen Gemeinde / Frontansicht des Gebäudes in Frankfurt am Main, Grüner Weg 26, 1874
Aus: Festschrift zur Einweihung des neuen Krankenhauses der Israelitischen Gemeinde zu Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1914

Mitbegründerin des ersten deutsch-jüdischen Schwesternvereins in Frankfurt am Main
Frieda Brüll, eine der ersten ausgebildeten jüdischen Schwestern, gehört zur Gründerinnengeneration (1860er Jahrgänge) der professionellen deutsch-jüdischen Krankenpflege im Wilhelminischen Kaiserreich. Zuvor hatte sie ihren Lebensmittelpunkt von Erlangen nach Frankfurt am Main verlegt. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine staatlich anerkannte, organisierte Pflegeausbildung an einer jüdischen Institution, christliche und sogar überkonfessionelle Ausbildungsstätten verlangten jüdischen Bewerberinnen mitunter die Taufe ab. Um 1892 lernte Frieda Brüll sie im Hospital der Frankfurter Israelitischen Gemeinde (Grüner Weg/ Königswarterstraße). Das „Königswarter Hospital“ versorgte Kranke aller Konfessionen, doch blieb die Klinik, was Verwaltung, Ärzteschaft und Pflegende betraf, ein Ort gelebten Judentums. Die Ausbildung leitete Dr. Simon Kirchheim, Chefarzt und unermüdlicher Förderer einer beruflichen jüdischen Krankenpflege, gemeinsam mit seinem damaligen Assistenzarzt Dr. Adolf Deutsch und vermutlich unterstützt von Dr. Alfred Günzburg. Die Lernkultur gab Ansporn: „Was waren das für schöne Zeiten […]! Das war ein immerwährendes Fördern und Lernen. Nicht nur beim eigentlichen Unterricht, bei der ärztlichen Visite, im Operationszimmer, in der poliklinischen Sprechstunde, ja auch draußen bei den Armenbesuchen und am späten Abend hinter der Mikroskopierlampe, immer wurde gelehrt und gelernt. Keiner von denen, die diese Zeiten miterlebt haben, wird sie aus seinem Leben hinwegdenken mögen“ (zit. n. Steppe 1997: 200).

Logo: Brosche des Vereins für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt am Main
Brosche des Vereins für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt am Main
XVI. Jahresbericht des Vereins für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt am Main 1909, Titelblatt

Während ihrer Ausbildung erkannte Frieda Brüll die Notwendigkeit, sich beruflich zu organisieren. Gemeinsam mit ihren Frankfurter Kolleginnen Klara Gordon, Lisette Hess, Minna Hirsch und Thekla Mandel gründete sie 1893 einen Verband jüdischer Krankenpflegerinnen. Nach dessen Zusammenschluss mit einem provisorischen Pflegeausbildungsverein der Ärzteschaft entstand am 23. Oktober 1893 unter dem Vorsitz von Dr. Simon Kirchheim die erste Berufsvereinigung jüdischer Schwestern im Kaiserreich: der Verein für jüdische Krankenpflegerinnen zu Frankfurt am Main. Vier seiner Gründerinnen bauten die moderne Pflege in leitender Stellung auf und trugen zu deren überregionalen Vernetzung bei: Minna Hirsch wurde Oberin des Frankfurter jüdischen Krankenhauses (Königswarterstraße, danach Gagernstraße) und des Schwesternvereins, Thekla Mandel um 1894 Oberin des Frankfurter Gumpertz’schen Siechenhauses, Klara Gordon 1898 Oberin des Israelitischen Krankenhauses Hamburg – und auch für Frieda Brüll stand im Winter 1893/1894 eine neue berufliche Herausforderung vor der Tür.

Fotografie: Frieda Brüll - Jüdisches Krankenhaus Köln / Oberin Frieda (Brüll) Wollmann: Jüdisches Krankenhaus Köln mit Schwesternhaus und Altersheim, 1908 (Arbeitsstätte)
Frieda Brüll – Jüdisches Krankenhaus Köln / Oberin Frieda (Brüll) Wollmann: Jüdisches Krankenhaus Köln mit Schwesternhaus und Altersheim, 1908 (Arbeitsstätte)
Aus: Becker-Jákli, Barbara 2004: Das jüdische Krankenhaus in Köln. Die Geschichte des israelitischen Asyls für Kranke und Altersschwache1869-1945, Köln, S. 163

Oberin des Kölner jüdischen Krankenhauses und Schwesternvereins
1893 nahm Dr. Benjamin Auerbach, leitender Arzt des Kölner jüdischen Krankenhauses und ebenfalls um die Förderung einer professionellen jüdischen Pflege bemüht, Kontakt zum gerade gegründeten Frankfurter jüdischen Schwesternverein auf. Dessen Vorstand reagierte prompt und empfahl noch im gleichen Jahr „eine seiner Schwestern – Frieda Brüll – an das Kölner Asyl, die dort als Oberin die gesamte Leitung von Pflege, Wirtschaft und Hausverwaltung übernehmen sollte“ (zit. n. Kolling 2008a: 57). Im Gegenzug erklärte sich das Kölner jüdische Krankenhaus zur Aufnahme Frankfurter Schülerinnen bereit; in den Folgejahren waren dort kontinuierlich fünf bis sechs ‚Frankfurterinnen‘ in Ausbildung.

Nach ihrer Ankunft fand Frieda Brüll – unterstützt von ihrer ebenfalls aus Frankfurt eingetroffenen Stellvertreterin Julie Strauss – ein umfangreiches und vielseitiges Aufgabengebiet vor. Das 1869 als Israelitisches Asyl für Kranke und Altersschwache eröffnete jüdische Krankenhaus zu Köln (vgl. Becker-Jákli 2004) war eine jüdische Stiftung mit interkonfessioneller Ausrichtung und galt als eine der fortschrittlichsten medizinischen Einrichtungen. „Das Asyl war seinerzeit weit über Köln hinaus bekannt, einzigartig im Rheinland und eine der größten Gründungen dieser Art in Deutschland“ (Schillig 2012). Der Anteil seiner nichtjüdischen Patientinnen und Patienten betrug um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert rund achtzig Prozent (vgl. Kolling 2008: 56). Was die sozialen Kompetenzen und Managementfähigkeiten der neuen Oberin betraf, war das Kuratorium des Kölner jüdischen Krankenhauses schon 1894 voll des Lobes: „Ihre Liebe zu dem freigewählten Beruf der Krankenpflege, ihre Gewandtheit in der Buchführung und in allen Angelegenheiten der Küche und des Hauses, gepaart mit Gewissenhaftigkeit und liebevoller Behandlung von Kranken und Personal befähigen sie in hohem Maße zu einer solch verantwortungsvollen Stellung und verpflichten uns zu dankbarer Anerkennung ihrer Leistungen“ (zit. n. Kolling 2008a: 57). Oberin Friedas Verantwortungsbereich vergrößerte sich noch einmal beträchtlich, als im Februar 1908 in der Ottostraße (Stadtteil Neuehrenfeld) das neue große Klinikgebäude (bis zu 200 Betten) mit Altersheim seine Pforten öffnete.

1899 wurde Frieda Brüll auch Oberin des neu gegründeten Vereins für jüdische Krankenpflegerinnen zu Köln mit eigener Krankenpflegeschule (vgl. Steppe 1997: 106). Aus ganz Deutschland sowie Holland trafen Nachfragen nach Ausbildungsplätzen ein (ebd.: 107). Den Vorsitz des Kölner jüdischen Schwesternvereins übernahm der oben erwähnte Geheime Sanitätsrat Dr. Benjamin Auerbach (1855-1940), Chefarzt der Inneren Abteilung (vgl. Becker-Jákli 2004: 375; Kolling 2008b). Er war Bruder (Mitglied) und Mitbegründer der Kölner Rheinlandloge, was vermuten lässt, dass die Kölner Loge der humanitären jüdischen Organisation Bne Briss, ähnlich wie ihre Schwesternloge in Frankfurt, die Errichtung einer eigenständigen jüdischen Krankenpflege vorantrieb. Verdienste um die Pflegeausbildung erwarb sich auch Sanitätsrat Dr. Fritz (Siegfried) Cahen (1861-1929), Chefarzt der 1892 neu geschaffenen Chirurgie (vgl. Becker-Jákli 2004: 379; Kolling 2011). Die Pflegekräfte waren in einer angemieteten Wohnung nahe der Klinik untergebracht, doch erhielt der Kölner jüdische Schwesternverein 1909, fast ein Jahrzehnt nach seiner Gründung, ein modernes Schwesternhaus als Teil der neuen Krankenhaus- und Altenheimanlage in der Ottostraße.
Am Standort Ottostraße ‚regierte‘ Oberin Frieda Brüll nur wenige Jahre, da sie 1912 den Kölner Kaufmann Moses Moritz Wollmann heiratete und den Pflegeberuf aufgab. Die Existenz einer Enkelin in Israel (vgl. Yad Vashem: Gedenkblatt) lässt vermuten, dass Frieda Wollmann entweder Kinder ihres Mannes aus einer früheren Ehe annahm oder trotz ihrer 46 Jahre noch einmal Mutter wurde. Möglicherweise kehrte sie während des Ersten Weltkriegs noch einmal vorübergehend an ihre frühere Arbeitsstätte, das Krankenhaus, zurück, um ihre Kolleginnen bei der Verwundetenpflege zu unterstützen.

Nationalsozialistische Verfolgung
Der Nationalsozialismus überschattete Frieda Wollmanns letzte Lebensjahre. 1936 verstarb ihr Ehemann. 1942 verfügten die NS-Behörden ihre Zwangseinweisung in das Sammellager Köln-Müngersdorf – zusammen mit vielen anderen aus ihren Wohnungen und Häusern vertriebenen und vom NS-Staat um ihr Hab und Gut gebrachten jüdischen Kölnerinnen und Kölnern; sie wurden in die Baracken und Kasematten einer ehemaligen preußischen Festungsanlage (Fort V und Umgebung) gepfercht (vgl. Schlechtriemen 2014). Von dort wurde die 75-jährige alleinstehende Witwe am 10. Juni 1942 in das Lager „Hühnernest“, einem ehemaligen Standort des NS-Reichsarbeitsdienstes in Niederbardenberg (heute Stadtteil von Herzogenrath, Städteregion Aachen), verschleppt (vgl. Gedenkbuch BA Koblenz). Frieda Wollmann verstarb nicht, wie bislang angenommen, am 14. Juni 1942 im Lager Mausbach bei Stolberg, sondern offenbar bereits am 13. Juni im Lager Niederbardenberg. Laut Sterbeurkunde (StA Erlangen) setzte sie ihrem Leben – die Deportation in ein Vernichtungslager vor Augen (vgl. Freier 2015a u. 2015b) – selbst ein Ende; sie nahm Morphium.

Fotografie: Frieda Brüll / Stolperstein für Frieda (Friederike) Wollmann, geborene Brüll
Frieda Brüll / Stolperstein für Frieda (Friederike) Wollmann, geborene Brüll
© Karin Richert

Frieda Wollmann wurde am 16. Juni 1942 auf dem Jüdischen Friedhof Aachen (Lütticher Straße) beigesetzt (Beerdigungsbuch der Jüdischen Gemeinde Aachen, Stadtarchiv Aachen, Angabe nach StA Erlangen). Ihr noch erhaltenes Grab trägt die Inschrift: „Wolleinon [Wollmann] geb. Brüll, Friederike, 75 Jahre alt, Eisentafel ohne Daten, gest. 14.06.1942 [sic], 0049a“ (zit. n. Peters 2001: 52). Um 2009 wurde vor ihrem ehemaligem Wohnhaus Eigelstein 122 im Kölner Stadtteil Altstadt-Nord ein „Stolperstein“ verlegt (vgl. NS-Dokumentationszentrum Köln).

Für wichtige Hinweise und Informationen dankt die Autorin Frau Dorothea Rettig M.A. (Stadtarchiv Erlangen) und Dr. Hubert Kolling (Herausgeber des Biographischen Lexikons zur Pflegegeschichte). Frau Friedel Rosenthal (Israel) hat der Gedenkstätte Yad Vashem 1999 ein Gedenkblatt (Angaben zu Geburtsjahr und Deportation nach damaligem Kenntnisstand) mit einem Foto ihrer „Großmama“ Frieda Wollmann zur Verfügung gestellt.

Birgit Seemann, 2015

 

Unveröffentlichte Quellen


FRA UAS Bibl.: Frankfurt University of Applied Sciences, Bibliothek: Historische Sondersammlung Soziale Arbeit und Pflege

StA Erlangen (Stadtarchiv Erlangen) Mail-Auskünfte v. 05.08. und 11.08.2015:

Geburtenbuch der israelitischen Gemeinde Erlangen

Sterbeurkunde Frieda Wollmann

Einträge aus dem Sterbebuch Gemeinde Bardenberg (heute Stadtteil von Würselen)

Einträge aus dem Beerdigungsbuch der Jüdischen Gemeinde Aachen (Stadtarchiv Aachen)

Ausgewählte Literatur


Alicke, Klaus-Dieter 2008: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Gütersloh, 3 Bände

Alicke, Klaus-Dieter 2014: Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum, http://www.jüdische-gemeinden.de [letzter Aufruf am 21.09.2015]

Becker-Jákli, Barbara 2004: Das jüdische Krankenhaus in Köln. Die Geschichte des israelitischen Asyls für Kranke und Altersschwache 1869‒1945. Köln (insbes. S. 412)

Dippold, Günter 1999: Die jüdischen Friedhöfe in der Umgebung von Burgkunstadt. In: Motschmann, Josef/ Rudolph, Siegfried: „Guter Ort“ über dem Maintal. Der jüdische Friedhof bei Burgkunstadt. Lichtenfels: 129-144 (insbes. 136ff.), https://www.bezirk-oberfranken.de/

Freier, Thomas 2015a: Statistik und Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich: Köln nach Theresienstadt. Abfahrtsdatum: 15.06.42, Deportierte: 962, Ankunft: 16.06.42 (III/1, 961), http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_rhl_420615t.html

Freier, Thomas 2015b: Statistik und Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich: Koblenz – Aachen – Köln – Düsseldorf nach unbekannt. Abfahrtsdatum: 15.06.42, Deportierte: 1003, http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_rhl_420615a.html

Friederich, Christoph (Hg.) 2005: Erinnerung, Gedenken, Neuanfang. Reden zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2004 in der Evangelisch-Reformierten Kirche Erlangen. Erlangen: Stadtarchiv Erlangen

Kolling, Hubert 2008a: Brüll, Frieda. In: ders. (Hg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte / Who was who in nursing history? Band 4. München: 56-58

Kolling, Hubert 2008b: Auerbach, Benjamin. In: ders. (Hg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte / Who was who in nursing history? Band 4. München: 17-22

Kolling, Hubert 2011: Cahen, Fritz. In: ders. (Hg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte / Who was who in nursing history? Band 5. Hungen: 30-33

Peters, Dieter 2001: Der jüdische Friedhof in Aachen, Lütticher Straße. Dokumentation der Grabsteine und Auswertung des Sterberegisters 1829–2000. 2., überarb. Aufl. Aachen

Schillig, Christiane 2012: Vom Asyl zum Wohlfahrtszentrum. Das ehemalige jüdische Krankenhaus in Köln. [Mit Abb.] In: Monumente Online. Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Juni 2012, http://www.monumente-online.de/12/03/streiflichter/06_Koeln_Israelitisches_Asyl.php

Schlechtriemen, Kurt 2014: Schicksale jüdischer Menschen in Köln-Müngersdorf. Das Judenlager im Äußeren Grüngürtel. In: BlickPunkt Müngersdorf 24/2014, S. 24-35,  http://buergerverein-koeln-muengersdorf.de/

Sponsel, Ilse 2001: Gedenkbuch für die Erlanger Opfer der Schoa. Erlangen: Stadt Erlangen, Bürgermeister- und Presseamt

Steppe, Hilde 1997: „… den Kranken zum Troste und dem Judenthum zur Ehre …“. Zur Geschichte der jüdischen Krankenpflege in Deutschland. Frankfurt a.M.

Internetquellen (letzter Aufruf am 21.09.2015)


Alemannia Judaica Erlangen: http://www.alemannia-judaica.de/erlangen_synagoge.htm

Alemannia Judaica Lichtenfels: http://www.alemannia-judaica.de/lichtenfels_synagoge.htm

BA Koblenz Gedenkbuch: Bundesarchiv Koblenz: Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945, https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/

Jüdische Kultusgemeinde Erlangen: http://www.jkgerlangen.de/

Jüdisches Wohlfahrtszentrum Köln: https://de.wikipedia.org

Juden in Erlangen. Ein Projekt von Schülern für Schüler. Hermann-Hedenus-Hauptschule, AG Religion im Internet: http://www.ms-hedenus.de/

NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln: http://www.museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum/pages/314.aspx

Stadtarchiv Erlangen: Erlanger Stadtlexikon: http://stadtarchiv-erlangen.iserver-online2.de/

Synagogen-Gemeinde Köln:http://www.sgk.de; http://www.sgk.de/index.php/ottostrasse.html

Yad Vashem, Jerusalem (Gedenkstätte mit Datenbank): http://www.yadvashem.org

Das Hospital der Georgine Sara von Rothschild’schen Stiftung (1870–1941) Teil 5: Juliane Wolff („Schwester Anne“), leitende Stationsschwester

Fotografie: Wolff, Juliane / Juliane Wolff, o.J. (um 1933)
Wolff, Juliane / Juliane Wolff, o.J. (um 1933)
© Stadtarchiv Dinslaken, Sammlung Jeanette Wolff, SP 52-Nr. 63 (Bilder Nr. 159, 160, 162)

Die Fürsorgerin, Krankenschwester und Säuglingspflegerin Juliane (Julie Anne) Wolff wurde am 26. Oktober 1912 in Bocholt geboren. Bocholt (heute Kreis Borken, Nordrhein-Westfalen), gelegen im westlichen Münsterland nahe der niederländischen Grenze, war zu dieser Zeit eine Textilarbeiterstadt, doch gehörte ihre Familie der Mittelschicht an: Der Vater Hermann Wolff (1888-1945), ein Diplom-Kaufmann aus Dortmund, leitete zusammen mit seinem Bruder Leo Wolff einen Textilbetrieb. Ihre Mutter, gelernte Kindergärtnerin, war die bekannte Sozialdemokratin, Gewerkschafterin und Mitbegründerin der Arbeiterwohlfahrt Jeanette Wolff (geb. Cohen, verw. Fuldauer, 1888-1976). Nach dem Zweiten Weltkrieg amtierte die erste jüdische Bundestagsabgeordnete neben vielen weiteren Funktionen als stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland und stand viele Jahre lang dem Jüdischen Frauenbund vor (vgl. Lange 1988, Seemann 2000, Faulenbach (Hg.) 2002; siehe auch Schmalstieg 1997). Den Mut, zu eigenen Überzeugungen zu stehen, lernte Juliane Wolff auch von ihrem Großvater Isaac Cohen (1855-1929), einem Sozialdemokraten der ersten Stunde und Anhänger August Bebels: Er hatte, statt sich den 1878 im Reichstag des Deutschen Kaiserreichs verabschiedeten Sozialistengesetzen (‚Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie‘) zu beugen, seinen Lehrerberuf aufgegeben und zusammen mit seiner Frau Dina (1859-1938) in Bocholt einen Textilhandel eröffnet.

Anders als bei den meisten deutsch-jüdischen Krankenschwestern und Pflegern ist über Juliane Wolffs Kindheit und Jugend einiges bekannt. So wuchs sie mit ihren beiden jüngeren Schwestern Edith (1916-2003) und Käthe (1920-1942) in einem kulturellen Milieu auf, in dem jüdische Überlieferung, soziale Gerechtigkeit und politisches Engagement nahezu eine Einheit bildeten – eine Haltung, die ihre Mutter trotz der Zerstörungen der Schoah beibehalten konnte. Die auch journalistisch tätige Jeanette Wolff schrieb: „Der eine oder andere […] hat sicherlich darüber nachgedacht, warum unter den Vorkämpfern für liberale Lebensauffassungen, für die Gleichberechtigung aller Menschen, für Menschenrecht und Menschenwürde, ja für die wirtschaftliche Gleichberechtigung aller soviel jüdische Namen auftauchen […] u.a. aus der Geschichte der modernen Arbeiterbewegung. Vielleicht erwuchs ein Teil der Bekenntnisse aus der Unterdrückung, der die Juden von jeher ausgesetzt waren, sicherlich aber auch zum großen Teil aus der Lebensbejahung und aus der sozialen Ethik heraus, auf denen die jüdische Religion beruht und in der die Kraft des sich Behauptens, trotz aller Willkür der Umwelt, ihren Ursprung hat“ (Wolff o.J.: 119).

Fotografie: Wolff, Juliane / Juliane Wolff und ihre beiden jüngeren Schwestern Edith und Käthe, o.J. (um 1925)
Wolff, Juliane / Juliane Wolff und ihre beiden jüngeren Schwestern Edith und Käthe, o.J. (um 1925)
© Stadtarchiv Dinslaken, Sammlung Jeanette Wolff, SP 52-Nr. 63 (Bilder 159, 160, 162)

Jeanette Wolffs drei Töchter waren, wie Julianes Schwester Edith Marx (geb. Wolff, verw. Sominski) berichtete, „sehr frei erzogen worden. […] Wurden damals Kleinkinder in sogenannten Steckkissen belassen, so krochen die Wolffschen Kinder draußen auf dem Rasen nackt auf Decken herum, sehr zur Empörung der Nachbarn. […] Jeanette Wolff erlaubte ihren Töchtern vieles, was anderen verwehrt wurde. Ihr ging es vor allem darum, ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihren Kindern herzustellen. […] Die drei Töchter wuchsen mit einem für die damalige Zeit selten ausgeprägten Selbstbewußtsein und Selbstvertrauen auf“ (Lange 1988: 29).

1919 wurde die Sozialdemokratin Jeanette Wolff als erste Jüdin in den Bocholter Stadtrat gewählt, dem sie bis 1932 angehörte. Durch ihren frühzeitigen Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus machte sie sich in der wachsenden nationalsozialistischen Bewegung Feinde, die vor nichts zurückschreckten. Bereits ein Jahr vor der NS-Machtübernahme 1933 vertrieben rechtsextreme Angriffe die Familie Wolff von Bocholt in die nahe Kreisstadt Dinslaken.

Dokument: Wolff, Juliane / Juliane Wolff, Zeugnis der Niederrheinischen Frauen-Akademie, Düsseldorf, 28.04.1933
Wolff, Juliane / Juliane Wolff, Zeugnis der Niederrheinischen Frauen-Akademie, Düsseldorf, 28.04.1933
© Stadtarchiv Dinslaken, Sammlung Jeanette Wolff, SP 52-Nr. 27

Beruflicher Werdegang
In Dinslaken wohnte die noch nicht volljährige Juliane Wolff mit ihrer Familie in der Wielandstraße 11 (vgl. Grafen o.J.). Infolge antisemitischer Intrigen hatte ihr Vater seinen Bocholter Textilbetrieb mit hohem Verlust verkaufen müssen, konnte aber in Dinslaken ein Bekleidungshaus eröffnen, das u.a. Berufs- und Sportkleidung für Arbeiter anbot. Für die 19jährige Juliane Wolff rückte das Berufsziel Ärztin – sie wollte nach einem Hinweis ihrer Schwester Edith Medizin studieren – in weite Ferne, und sie entschied sich für eine Ausbildung im Wohlfahrts- und Pflegewesen. Hierzu belegte sie 1932 ein einjähriges Proseminar für Kranken- und Säuglingspflege an der Niederrheinischen Frauen-Akademie Düsseldorf, einer staatlich anerkannten Wohlfahrtsschule. Die erforderliche neunmonatige Praxisausbildung absolvierte Juliane Wolff in dem auch heute noch bestehenden St. Vinzenz-Hospital in Dinslaken; in der Pflege unterwiesen sie katholische Nonnen, die Clemensschwestern.

Laut Zeugnis der Niederrheinischen Frauen-Akademie bestand Juliane Wolff die Prüfung am 28. April 1933 mit gutem Erfolg; der zugleich erworbene Nachweis einer fachlichen Berufsschulung im Hauptfach Gesundheitsfürsorge hätte ihr die weitere Ausbildung an einer Wohlfahrtsschule ermöglicht. Diesen Weg verschloss ihr die nationalsozialistische Verfolgung: Bereits am 5. März 1933, dem Tag der Reichstagswahl, hatte die SA ihre Mutter als eine der ersten weiblichen Oppositionellen in ‚Schutzhaft‘ genommen; Jeanette Wolff kam erst zwei Jahre später wieder frei und stand danach unter Gestapo-Aufsicht. Die Wohn- und Geschäftsräume in Dinslaken waren durchsucht und auch Hermann Wolff für einige Wochen inhaftiert worden. Mit ihrem Vater, den Schwestern Edith und Käthe und der Großmutter Julia Wolff flüchtete Juliane Wolff am 2. Mai 1933 von Dinslaken nach Dortmund. Möglicherweise lebte sie dort bis zur Haftentlassung ihrer Mutter am 17. April 1935. Die Familie Wolff richtete in ihrem Wohnhaus Münsterstraße 40 1/2 (heute Nr. 46) einen Mittags- und Abendtisch für jüdische Gäste ein, da ihnen der Zugang zu den meisten Restaurants der Stadt verboten war. Der frühere Unternehmer Hermann Wolff musste sich als Versicherungsvertreter (im Volksmund: „Treppenterrier“) verdingen.

Auch Juliane Wolffs berufliche Wege verengten sich und beschränkten sich als Folge der Nürnberger NS-Rassengesetze zunehmend auf jüdische Arbeitgeber. Ob sie ihre Pflegeausbildung in einem der jüdischen Schwesternvereine fortsetzte, ist bislang ungeklärt. Vom 30. Juli 1936 bis zum 26. Juli 1937 war sie bei der jüdischen Gemeinde zu Worms angestellt und arbeitete als Fürsorgerin im jüdischen Altersheim (vgl. Schlösser/ Schlösser 2002), Hintere Judengasse 6; in dem traditionsreichen Gebäude, dem „Raschi-Haus“, befindet sich heute das Jüdische Museum Worms. Juliane Wolffs nächste berufliche Station war Frankfurt am Main.

Dokument: Wolff, Juliane / Juliane Wolff, Zeugnis des Rothschild'schen Hospitals, ausgestellt am 07.12.1939 von Dr. Sally Rosenbaum
Wolff, Juliane / Juliane Wolff, Zeugnis des Rothschild’schen Hospitals, ausgestellt am 07.12.1939 von Dr. Sally Rosenbaum
© Stadtarchiv Dinslaken, Sammlung Jeanette Wolff, SP 52-Nr. 27

Krankenschwester am Rothschild’schen Hospital
Juliane Wolff begann ihre Tätigkeit am orthodox-jüdischen Hospital der Georgine Sara von Rothschild’schen Stiftung im August 1937 zunächst als Vertretungsschwester. Vom Mai 1938 bis zum April 1939 betreute sie als Privatschwester eine Patientin der Nervenabteilung. Danach pflegte „Schwester Anne“, wie sie genannt wurde, im allgemeinen Stationsdienst (Innere Abteilung, Chirurgische Abteilung, Infektionsabteilung). Aufgrund ihrer Tüchtigkeit stieg sie zuletzt zur leitenden Stationsschwester auf. Diese Informationen verdanken wir zwei geretteten Arbeitszeugnissen (StA Dinslaken: Sammlung Jeanette Wolff, SP 52 – Nr. 27), die die NS-Zeit überstanden, ausgestellt von Juliane Wolffs Vorgesetzten, den ärztlichen Direktoren Dr. Sally Rosenbaum und Dr. Franz Grossmann.

Im Arbeitszeugnis vom 7. Dezember 1939 hob Dr. Rosenbaum Juliane Wolffs „heiteres und lebhaftes Wesen“, ihr „tiefes soziales Gefühl“ und ihren „persönlichen Einsatz für Notleidende“ hervor. Er schrieb:
„Anlässlich meines Ausscheidens aus dem Dienste als leitender Arzt des G.[eorgine] S.[ara] von Rothschild’schen Hospitals erteile ich hiermit Schwester Anne Wolff, geboren am 26. Oktober 1913[sic], auf Grund einer über zweijährigen Kenntnis ihrer Person wie ihrer Leistungen als Krankenschwester das nachfolgende vorläufige Zeugnis: Schwester Anne Wolff war in der Zeit von August 1937 bis April 1938 wiederholt als Vertretungsschwester in unserem Hause tätig. Vom 1. Mai 1938 bis 15. April 1939 war sie als Privatschwester einer älteren durchaus schwierigen Insassin unserer Nervenabteilung in unserem Hause, und sie ist nun nach Beendigung dieser Pflege seither als Schwester fest in unserem Hause angestellt, in welcher Stellung sie noch ist.
Schwester Anne arbeitete sowohl als Vertretungsschwester wie als Privatschwester und Schwester des Hauses stets zur vollen Zufriedenheit der Ärzte. Sie zeichnete sich besonders durch ihr heiteres und lebhaftes Wesen aus, das ihr die Zuneigung erwarb, und mir persönlich wurde ihr tiefes soziales Gefühl bekannt und ihr persönlicher Einsatz für Notleidende, durch den sie sich grosse Verdienste errang.
Ich wünsche Schwester Anne alles Beste und empfehle sie bei einem Wechsel ihres Tätigkeitsfeldes als brauchbare und überall voll einsatzfähige Schwester.“

Dokument: Wolff, Juliane / Juliane Wolff, Zeugnis des Rothschild'schen Hospitals, ausgestellt am 29.03.1940 durch Dr. Franz Grossmann
Wolff, Juliane / Juliane Wolff, Zeugnis des Rothschild’schen Hospitals, ausgestellt am 29.03.1940 durch Dr. Franz Grossmann
© Stadtarchiv Dinslaken, Sammlung Jeanette Wolff, SP 52-Nr. 27

Auch Dr. Grossmann würdigte im Arbeitszeugnis vom 29. März 1940 neben ihren fachlichen Qualitäten Juliane Wolffs „grosse Hilfsbereitschaft und Arbeitswilligkeit sowie ihr stets freundliches Wesen“: „Schwester Julie Anne Sara Wolf [sic] […] war vom 1. April 1939 bis zum 31. März 1940 im allgemeinen Stationsdienst beschäftigt und wurde hier auf den chirurgischen und inneren Abteilungen sowie auf der Infektionsabteilung des Hospitals eingesetzt. Zuletzt war sie als leitende Stationsschwester tätig. Schwester Anne besitzt auf allen Gebieten der Krankenpflege sehr gute Kenntnisse und reiche Erfahrungen. Ihre grosse Hilfsbereitschaft und Arbeitswilligkeit sowie ihr stets freundliches Wesen sicherten ihr nicht nur die Dankbarkeit der ihr anvertrauten Kranken[,] sondern auch das Vertrauen ihrer Vorgesetzten.
Schwester Anne verlässt mit Ablauf dieses Monats auf eigenen Wunsch ihre hiesige Stellung, um in einem anderen Betrieb neue Kenntnisse und Erfahrungen zu sammeln. Meine besten Wünsche begleiten sie auf ihrem weiteren Lebensweg“ [Hervorhebung im Original gesperrt; unter Dr. Grossmanns Unterschrift steht der antisemitische Stempelvermerk: ‚Zur ärztlichen Behandlung ausschließlich von Juden berechtigt‘].

Ob Juliane Wolff wirklich eine neue Arbeitsstelle antrat und um welchen „Betrieb“ es sich dabei handelte, konnte bislang nicht herausgefunden werden. Vermutlich verließ sie Frankfurt im April 1940, soll aber erst am 18. Januar 1941 (vgl. Grafen o.J.) oder nach den Angaben ihrer Mutter kurz vor der Deportation der Familie Wolff im Januar 1942 in Dortmund eingetroffen sein (vgl. Wolff 1981: 20).

Wolff, Juliane – Ghetto Riga / Ghetto Riga/Lettland mit Stacheldrahtabsperrung, um 1942 (Yad Vashem Fotoarchiv)
Credit of Yad Vashem (Leonard Lan, Sign. 3379/4)

Krankenschwester im KZ
In Dortmund musste Juliane Wolff in ein Ghettohaus (NS-Jargon: „Judenhaus“) in der Williburgstraße 6 ziehen, wo die NS-Behörden bereits ihre Eltern, ihre Schwester Edith, ihre Großmutter Julia Wolff und weitere antisemitisch Verfolgte einquartiert hatten; die vermutlich in Widerstandskreisen aktive jüngste Schwester Käthe Wolff war im Polizeigefängnis Steinwache gefoltert und danach in das Frauen-KZ Ravensbrück verschleppt worden. Von Dortmund erfolgte am 27. Januar 1942 die Deportation der Familie Wolff (ohne die später in Theresienstadt ermordete Großmutter), zusammen mit weiteren etwa 1.000 Leidensgenossen. Im Zug versorgte Juliane Wolff einen Patienten – ein Feldgendarm des Wachpersonals hatte ihn mehrfach mit dem Gewehrkolben geschlagen – und dessen Ehefrau (vgl. Wolff 1981: 22). Die völlig überfüllten und unbeheizten Waggons erreichten am 1. Februar 1942 bei klirrender Kälte den Bahnhof Skirotava von Riga in Lettland (vgl. zur Schoah in Riga Angrick/ Klein 2006, Schneider 2008).

Riga-Ghetto (Stammlager)
Im Ghetto Riga-Moskauvorstadt setzte das KZ-Personal Juliane und Edith Wolff als Sanitäterinnen ein (vgl. Wolff 1981: 26); die unter menschenfeindlichen Bedingungen zu bewältigende ‚Krankenpflege‘ war Teil des Zwangsarbeitssystems. Nach dem Bericht ihrer Mutter entkam Juliane Wolff einmal nur knapp den als ‚Verschickung‘ getarnten mörderischen Selektionen im Lager, die der KZ-Kommandant Kurt Krause koordinierte; betroffen waren geschwächte, ältere oder auch unliebsame Häftlinge, die man loswerden wollte. Ausgerechnet der jüdische Mithäftling Dr. Hans Aufrecht, leitender Arzt des Ghettos, soll kraft seiner ihm von den NS-Tätern aufgezwungenen Funktion Juliane Wolffs Namen auf eine ‚Verschickungsliste‘ gesetzt haben. In den oben vorgestellten Arbeitszeugnissen haben beide Direktoren des Rothschild’schen Hospitals „Schwester Anne“ übereinstimmend als eine sozial engagierte Pflegekraft beschrieben, die sich für Schwächere einsetzte. War Juliane Wolff, vermutlich wie ihre Schwester Edith im Häftlingskrankenhaus des Riga-Ghettos tätig, mit ihrem dortigen Vorgesetzten aneinandergeraten? Jeanette Wolff notierte: „[…] mein ältestes Mädel war von Chefarzt Dr. Aufrecht mit auf die Liste gestellt worden, und nur durch Rücksprache mit dem Polizeioberleutnant Heser, der mit dem Kommandanten sprach, blieb mir meine […] Tochter erhalten. […] Von der Schutzpolizei erfuhren wir dann, daß es sich bei dieser Verschickung um planmäßige Ausrottung handelte. Unsere seelische Verfassung war nicht zu beschreiben“ (Wolff 1981: 26 [Hervorhebung im Original]). Offenbar versuchte das Ehepaar Aufrecht – Dr. Aufrechts Ehefrau Ilse war Krankenschwester im Häftlingsspital – aber auch, jüdische Mithäftlinge zu retten oder zumindest deren Los zu erleichtern (vgl. Schneider 2008: 99). Die Schoah haben beide nicht überlebt: Ilse Aufrecht wurde auf einem ‚Todesmarsch‘ (vgl. Blatman 2011) erschossen, als sie nicht mehr weitergehen konnte. Dr. Hans Aufrecht erlag kurz nach der Befreiung dem unglückseligen Schuss eines russischen Soldaten, der ihn wegen seines blonden und blauäugigen Aussehens für einen Nazi hielt (vgl. Schneider 2008: 181); nach einer anderen Version wurde er auf Anzeige überlebender jüdischer Mithäftlinge von den sowjetischen Militärbehörden hingerichtet (vgl. Becker-Jákli 2004: 376).

Vom KZ Kaiserwald (Stammlager) in das Vernichtungslager Stutthof
Juliane und Edith Wolff wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt von ihren Eltern Jeanette und Hermann Wolff getrennt. Von Edith Wolff ist bekannt, dass sie im KZ Riga-Kaiserwald (Stammlager), errichtet im Frühjahr 1943, als Oberschwester im Häftlingsspital eingesetzt war. Das Kaiserwaldspital befand sich in einer „fünften Holzhütte des Männerlagers […] nahe dem trennenden Stacheldraht zum Frauenbereich. Die Krankenräume verfügten über zweistöckige Pritschen, jeweils 15 bis 20 solcher Betten in einem Männer- und einem Frauenabteil. Im Eingangsbereich befanden sich linkerhand die Ambulanz und der OP-Raum. Daneben lagen die Räume für den Leiter der Häftlingsärzte und die Unterkünfte weiterer männlicher Häftlingsärzte, davon abgetrennt die Unterkünfte des weiblichen Revierpersonals. In einem abgetrennten Bereich des Reviers – der Isolierstation – behandelte das Häftlingspersonal infektiöse Patienten. Insgesamt bot die Station Platz für maximal 60 Personen“ (Jahn 2008: 24). Ihre schrecklichen Erlebnisse im Krankenrevier, wo ebenfalls regelmäßig Selektionen stattfanden, hielt Edith Wolff schriftlich fest, sie flossen in den Überlebensbericht ihrer Mutter ein: „Das Kaiserwaldspital war das Sammelspital für eine ganze Reihe von Lagern […]. Die Sterblichkeitsziffer […] war sehr hoch, besonders als bei uns eine Typhusepidemie ausbrach. Unser Chefarzt war der SS-Oberscharführer Wiesener [gemeint ist Heinz Wisner, d.V.], ihm überstand der Lagerarzt SS-Sturmbannführer Dr. Krebsbach. Beide waren typische Naziärzte. Man überließ uns, d.[as] h.[eißt] den Häftlingen, die als Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter tätig waren, die Verantwortung für das Lazarett. Aus allen Lagern kamen die fast zu Skeletten abgemagerten Kranken zu uns“ (Wolff 1981: 37 [Hervorhebungen im Original]). Der an verschiedenen antisemitischen und eugenischen Mordaktionen (zuletzt im KZ Mauthausen) beteiligte SS-Sturmbannführer Dr. med. Eduard Krebsbach wurde 1947 hingerichtet; sein Assistent, SS-Oberscharführer Heinz Wisner (auch Wiesner), bei der SS im Sanitätssturm XXVI zum Sanitäter ausgebildet, wurde erst 1985 wegen Beihilfe zum Mord zu fünf Jahren Haft verurteilt (Jahn 2008: 27f.).

Ob die ausgebildete Krankenschwester Juliane Wolff ebenfalls im Kaiserwaldspital Zwangsarbeit leistete? Über die Umstände ihrer Gefangenschaft im KZ Kaiserwald liegen bislang keine gesicherten Informationen vor. Sie wurde vermutlich von ihrer Schwester Edith getrennt und geriet offenbar in eine Auseinandersetzung mit dem stellvertretenden KZ-Kommandanten: „[…] Juliane war im KZ Kaiserwald vom stellvertretenden Lagerkommandanten arg mißhandelt worden. Er ließ sie außerdem längere Zeit in den Wasserbunker sperren. Dabei hatte sie sich ein Lungenleiden zugezogen. In Stutthof verschlimmerte sich ihr Zustand. Auch sie kam auf die Todesliste und wurde in der Gaskammer getötet. Edith und Jeanette erfuhren es erst später“ (Lange 1988: 57). Bei Inhaftierungen im Bunker handelte es sich häufig um willkürliche ‚Strafmaßnahmen‘ gegen vermeintlich aufsässige Häftlinge, in Kaiserwald befohlen durch den ‚Innenminister‘ des Lagers, dem stellvertretenden KZ-Kommandanten und berüchtigten Folterer Hans Brüner. SS-Hauptscharführer Brüner soll trotz seiner Beteiligung an „Selektionen im Stammlager und in den Außenlagern“ nach dem Krieg „unbehelligt in Deutschland gelebt haben und noch vor der Aufnahme der Ermittlungen gegen den Führungsstab des KZ Kaiserwald 1978 am 2. März 1967 in Lüdenscheid verstorben sein“ (Jahn 2008: 26). Hat Juliane Wolff zu den Kaiserwald-Häftlingen gehört, die noch die Kraft fanden, gegen die Lagerbedingungen und die mörderische Selektion von Kindern, Kranken und Geschwächten aufzubegehren (hierzu Jahn 2008: 48)? Ungeklärt bleibt, ob sie deshalb im Bunker gefangengehalten wurde?

Auf der Flucht vor der anrückenden Roten Armee lösten die NS-Täter das KZ Kaiserwald auf und verschifften die Häftlinge von der Rigaer Bucht aus nach Stutthof bei Danzig. Nach bisherigem Kenntnisstand (vgl. BA Koblenz Gedenkbuch) traf Juliane Wolff am 1. Oktober 1944 im Vernichtungslager Stutthof ein und wurde dort am 1. März 1945 ermordet – nur zwei Monate vor der Befreiung. Sie wurde 32 Jahre alt.

Erinnerungsarbeit
Juliane Wolffs Mutter Jeanette Wolff war eine der ersten Schoah-Überlebenden, die dem extrem-traumatischen Geschehen in den NS-Todeslagern Ausdruck verleihen konnte. Bereits um 1947 veröffentlichte sie ihren Überlebensbericht Sadismus oder Wahnsinn. Erlebnisse in den deutschen Konzentrationslagern im Osten, der in verschiedenen Fassungen abgedruckt wurde (vgl. Wolff 1981 u. 2002). Die Auswanderung nach Amerika oder Israel war für Jeanette Wolff keine Option. Bis zu ihrem Tod im Jahre 1976 stritt sie für eine kämpferische und sozial gerechte Demokratie als Bollwerk gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und alle Formen des Totalitarismus: „Soll all das vergossene Blut der Millionen Menschen im Kriege, soll all das Leid der Besten unseres Volkes, die in den Konzentrationslagern erschlagen, gehängt, gefoltert, erschossen, vergast und verbrannt worden sind, umsonst gewesen sein? Nein, und abermals nein!“ (Wolff 2002: 134).

Für die Krankenschwester Juliane Wolff und ihre Familie verlegte der Künstler Gunter Demnig am 9. Februar 2012 in Dortmund sieben Stolpersteine (vgl. Klapsing-Reich 2012): für Jeanette Wolff, Hermann Wolff (ermordet auf einem „Todesmarsch“, vermutlich am 22.04.1945 bei Stamsried/ Pösingen), seine Mutter Julia Wolff (ermordet in Theresienstadt), Juliane Wolff, Edith Marx und ihre Tochter Ruth (ermordet, vermutlich aus Ediths „Ghettoehe“ (Schneider 2008) mit dem lettischen Ingenieur Michael Sominski, welcher ebenfalls in der Schoah blieb) sowie Käthe Wolff (nach neueren Kenntnissen nicht 1944 auf dem Jugendhof im KZ Ravensbrück erschossen, sondern bereits am 8. Mai 1942 in der T4-Tötungsanstalt Bernburg an der Saale ermordet, vgl. BA Koblenz). An der Stolpersteine-Initiative waren Schülerinnen und Schüler des Dortmunder Käthe-Kollwitz-Gymnasiums beteiligt. In Dinslaken, dem früheren Wohnort der Familie Wolff und zuletzt Alterssitz der 2003 verstorbenen Edith Marx, halten der Lokalforscher Jürgen Grafen sowie das Schulprojekt ‚Israel-AG‘ am Theodor-Heuss-Gymnasium die Erinnerung wach. Nach Juliane Wolffs Mutter Jeanette Wolff sind Schulen und Straßen benannt.

Außer an Jürgen Grafen geht der herzliche Dank der Autorin an Gisela Marzin (Leiterin) und Janine Wolfsdorff vom Stadtarchiv Dinslaken, an Gerhard Schmalstieg (Stadtarchiv Bocholt) für seine genealogischen Recherchen zur Familie Wolff sowie posthum an Edith Marx, die den Nachlass ihrer Mutter dem Stadtarchiv Dinslaken übergab und damit der Öffentlichkeit zugänglich machte.

Birgit Seemann, 2015, updated 2017

 

Unveröffentlichte Quellen


StA Bocholt: Stadtarchiv Bocholt:

Dokumente zur Familie Wolff

 StA Dinslaken: Stadtarchiv Dinslaken:

Sammlung Jeanette Wolff (Nachlass)

Grafen, Jürgen o.J.: Wolff, Juliane (Anne-Juliane oder Anne-Julie). In: Jüdische Schicksale in Dinslaken, Manuskript, undatiert

Literatur


Angrick, Andrej/ Klein, Peter 2006: Die „Endlösung“ in Riga. Ausbeutung und Vernichtung 1941–1944. Darmstadt

Becker-Jákli, Barbara 2004: Das jüdische Krankenhaus in Köln. Die Geschichte des israelitischen Asyls für Kranke und Altersschwache 1869‒1945. Köln

Benz, Wolfgang / Distel, Barbara (Hg.) 2007: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Red.: Angelika Königseder. Band 6: Natzweiler, Groß-Rosen, Stutthof. München

Blatman, Daniel 2011: Die Todesmärsche 1944/45. Das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmords. Reinbek bei Hamburg

Faulenbach, Bernd (Hg.) 2002: „Habt den Mut zu menschlichem Tun“. Die Jüdin und Demokratin Jeanette Wolff in ihrer Zeit (1888–1976). Unter Mitarb. v. Anja Wißmann. Essen

Fischer, Rolf 2015: Verfolgung und Vernichtung. Die Dortmunder Opfer der Shoah. Gedenkbuch. Im Auftrag der Stadt Dortmund. Essen

Jahn, Franziska 2008: Konzentrationslager Riga-Kaiserwald. In: Benz/ Distel 2008: Band 8: Riga-Kaiserwald, Warschau, Vaivara, Kauen (Kaunas), Plaszów, Kulmhof/ Chelmno, Belzec, Sobibór, Treblinka. Beck Verlag. München: 15-87

Klapsing-Reich, Anke 2012: Stolpersteine für Familie Wolff. In: Schalom. Zeitschrift des Jüdischen Museums Westfalen, Nr. 70, Juni 2012: 5, http://www.jmw-dorsten.de/files/schalom70-web.pdf

Lange, Gunter 1988: Jeanette Wolff 1888–1976. Eine Biographie. Bonn

Musielak, Michal/ Glodowska, Katarzyna B. (Hg.) 2011: Pflege im Schatten des Nationalsozialismus. Ausgewählte Fälle und Probleme. Poznan

Schlösser, Anneliese/Schlösser Karl 2002: Die Wormser Juden 1933–1945. Hg. v. Stadtarchiv Worms. http://www.wormserjuden.de (Eintrag zu Wolff, Juliane)

Schmalstieg, Gerhard 1997: Wolff, Jeanette, geb. Cohen, verw. Fuldauer. Anmerkungen zum Lebenslauf der jungen Jeanette Wolff unter Berücksichtigung ihrer Einwohnermeldeunterlagen. In: Westmünsterland. Jahrbuch des Kreises Borken 1997: 209-213

Schneider, Gertrude 2008: Reise in den Tod. Deutsche Juden in Riga 1941–1944. 2., überarb. u. erw. Aufl. Dülmen

Seemann, Birgit 2000: Jeanette Wolff. Politikerin und engagierte Demokratin (1888–1976). Frankfurt a.M., New York

Seemann, Birgit 2015: Wolff, Juliane. In: Kolling, Hubert (Hg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte, Band 7. Nidda, S. 289-292

Wolff, Jeanette 1981: Autobiographische Skizzen. In: dies.: Mit Bibel und Bebel. Ein Gedenkbuch. Hg. v. Hans Lamm unter Mitarbeit v. G. David Grossmann u. Nora Walter. Mit e. Vorw. v. Herbert Wehner. 2. korr. Aufl. Bonn-Bad Godesberg: 9-67

Wolff, Jeanette 2002 [1947]: Sadismus oder Wahnsinn. Erlebnisse in den deutschen Konzentrationslagern im Osten. In: Faulenbach (Hg.) 2002: 101-136 [mit zahlr. Abb.]. – [Erste Fassung: Greiz in Thüringen o.J. [um 1947]]

Wolff, Jeanette o.J. [nach 1945]: Soziale Ethik des Judentums, ihr Wert und ihre Nutzanwendung für Gegenwart und Zukunft. In: Seemann 2000: 119-122 [Teilabdruck des unveröffentlichten Manuskripts]

Links (Aufruf vom 24.10.2017)


BA Koblenz Gedenkbuch: Bundesarchiv Koblenz: Gedenkbuch. Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945, Namenverzeichnis: http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html.de

Barmherzige Schwestern – Clemensschwestern e.V.: http://www.clemensschwestern.de

Jüdisches Museum und Dokumentationszentrum Riga: http://kehilalinks.jewishgen.org/riga/JewishMuseumofRiga.htm

Jüdisches Museum im Raschi-Haus Worms: http://www.worms.de/de/tourismus/museen/juedisches_museum

Käthe-Kollwitz-Gymnasium Dortmund (Schulprojekt: Stolpersteine): http://www.kkg-do.de

Museum Stutthof: http://stutthof.org/deutsch

Riga Ghetto Museum: http://www.rgm.lv/visit

St. Vinzenz-Hospital, Dinslaken: http://www.st-vinzenz-hospital.de

Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Berlin: http://www.memorialmuseums.org (Riga/Lettland: http://www.memorialmuseums.org/orte/view/299/Riga)

Stolpersteine für Dinslaken: http://www.stolpersteine-dinslaken.de

Theodor-Heuss-Gymnasium Dinslaken (Schulprojekt: Israel-AG): http://www.thg-dinslaken.de

Yad Vashem: Gedenkstätte Yad Vashem, Jerusalem: http://www.yadvashem.org/de